Kapitel 10

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Tony vernahm das Geräusch von klackernden Absätzen vor seiner Bürotür und hob den Kopf instinktiv, in Erwartung seiner Assistentin, die vermutlichen jeden Moment an die Tür klopfen und dann eintreten würde. Deshalb wandte er den Blick von seinem Computerbildschirm ab und sah stattdessen erwartungsvoll auf die Tür.

Allerdings erklang entgegen seiner Erwartungen nicht das typische zögerliche Klopfen seiner Assistentin, sondern ein ungewöhnlich selbstbewusste von einer Person, die gar nicht erst auf sein ‚Herein' wartete, sondern nach wenigen Sekunden einfach so die Tür öffnete und in sein Büro hinein trat. Der Anblick der eintreffenden Person ließ einen überraschten Ausdruck auf seinem Gesicht erscheinen.

„Hallo Natasha", sagte er und lehnte sich auf seinen Stuhl ein wenig zurück in der Hoffnung so seine ziemlich offensichtliche Überraschung mit Selbstbewusstsein überspielen zu können. „Was führt dich zu mir? Hast du schon angefangen mich zu vermissen?", fragte er mit einem amüsierten Grinsen auf den Lippen: "Oder ist wieder etwas geschehen, für das du mir die Schuld geben möchtest?"

Damit spielte er auf das letzte Mal an, als sie in sein Büro geschneit war, nachdem irgendwer Information zu ihrem Sextape veröffentlicht hatte, und hatte gedacht, dass er es selbst getan hätte. Sauer war er deshalb zwar nie wirklich gewesen, doch trotzdem konnte er nicht anders, als sie damit zu necken. Tatsächlich ergab es aber Sinn, dass sie es in Erwägung gezogen hatte, dass er dahinter hatte stecken können. Schließlich war er die Person, die als einziger noch davon gewusst hatte und derjenige, der das Video aufbewahrte. Außerdem versuchte er schon länger sie dazu zu bringen zuzugeben, dass sie ihn doch mehr leiden konnte, als sie es sonst immer scheinen lassen wollte und dass wollte er auch zu diesem Zeitpunkt noch. Allerdings war diese Sache etwas, was er nicht tun würde. Denn ihm war klar, dass sie es ihm nie verzeihen würde, wenn er so etwas tun würde und er würde niemals etwas tun, womit er sie verlieren könnte.

„Nein, natürlich nicht", sagte sie kopfschüttelnd und löste sich dann von ihrem Platz an der Tür, um auf seinen Schreibtisch zuzugehen. „Aber du bist doch niemals einfach so hier", erwiderte er, neugierig auf den Grund, der dahinter steckte. „Doch", kam es aber einfach nur von ihr und sie blieb neben ihm stehen. Er hob eine Augenbraue: "Echt?" Dann fiel sein Blick auf die Akte in ihren Händen: "Was ist das dann?" „Na gut", sie seufzte leicht und hielt ihm die Papiere hin: "Bruce hat gebeten zu dir zu gehen und dir das hier zu bringen."

Tony fühlte wie sich leichte Enttäuschung in ihm breit machte. Allerdings war ihm klar gewesen, dass es einen Grund für ihr Auftauchen geben musste, weshalb er dieses Gefühl einfach an diese Seite schob und ihr die Akte aus der Hand nahm: "Danke." Er legte den Papierstapel vor sich auf dem Schreibtisch ab und schlug die erste Seite auf, um einen Blick darauf zu erhaschen, um was es eigentlich ging. „Wieso hat Bruce ausgerechnet dich darum gebeten?", fragte er beiläufig, während er den Blick über die technischen Zeichnungen auf der ersten Seite wandern ließ. Sofort erkannte er seinen neusten Anzug dazwischen, was ihm reichte, weshalb er die Akte nach einigen Sekunden wieder schloss, während er aus dem Augenwinkel weiterhin zu Natasha herübersah. „Ich war mit Bruce den ganzen Morgen in der Werkstatt und habe ihm beim Arbeiten zugesehen", erklärte sie schulterzuckend und stützte sich mit einer Hand leicht auf einer der Armlehnen seines Stuhles ab.

„Wie kam es denn dazu?", er hob eine Augenbraue. Normalerweise hang Natasha eher mit Clint, Bucky oder sogar Steve herum und soweit er wusste, waren sie alle heute im Tower und nicht wie sonst so oft auf irgendwelchen Missionen. Warum suchte sie sich also ausgerechnet Bruce aus, um Zeit mit ihm zu verbringen? Der Wissenschaftler war definitiv ein guter Zuhörer und Arbeitspartner – tatsächlich waren Tony und Bruce durch ihre häufige Zusammenarbeit zu regelrechten Laborpartnern geworden und Bruce war einer der Wenigen, die auch in Tonys eigener Abwesenheit Zugang zu seiner Werkstatt hatten - , doch bisher hatte er Natasha und Bruce nie viel Zeit miteinander verbringen sehen und hatte auch nicht erwartet, dass sie sich für die gleichen Themen interessierten. Doch Natasha war immer für eine Überraschung gut.

„Meine anderen Freunde sind momentan eher anstrengend", meinte sie mit einem leichten Augenrollen. Tatsächlich fiel es ihm nicht schwer sich vorzustellen, was sie meinte. „Sie haben eben selbst kein Liebesleben", er schob die Akte leicht von sich und lehnte sich gegen seine Rückenlehne, um ihr wieder seine volle Aufmerksamkeit zu schenken. „Ich doch auch nicht", argumentierte sie, woraufhin Tony sie allerdings nur mit ernstem Gesichtsausdruck ansah: "Doch, hast du." Sie presste die Kiefer leicht aufeinander, sagte dazu aber nichts. Innerlich wusste sie schließlich auch, dass er recht hatte.

„Aber es ist ja auch egal, warum du hergekommen bist", sagte er nach einigen Sekunden, in denen sie einander einfach nur angesehen hatten, als würden sie versuchen herauszufinden, was ihr Gegenüber gerade dachte. „Es interessiert mich nur, dass du dich scheinbar nicht dazu entschieden hast mir nicht mehr aus dem Weg zu gehen", fügte er dann hinzu. Ohne, dass er sich selbst davon abhalten konnte, legte er seine Hand auf ihre, die immer noch auf seine Stuhllehne lag. Zu seiner Überraschung zuckte sie nicht zurück oder unterbrach die Berührung, wie er es eigentlich von ihr erwartet hatte.

„Wir sind zusammen in einem Team. Das hätte ich sowieso nicht für immer machen können. Außerdem sollten wir zusammen arbeiten, um die Person zu finden, die an dieser Sache überhaupt schuld ist", erklärte sie und biss sich leicht auf die Lippe: "Außerdem ist es vielleicht doch gar nicht so schlimm Zeit mit dir zu verbringen." „Warte, hab ich mich gerade verhört?", er hob mit verwundertem Blick die Augenbrauen: "Kannst du das bitte nochmal sagen?" Sie rollte mit den Augen und befreite ihre Hand von seiner: "Mach es nicht kaputt, Stark." „Nein, warte", sagte er sofort und versuchte wieder nach ihrer Hand zu greifen, doch sie war bereits um ihn herum gegangen. Dort blieb sie stehen und legte eine Hand auf seine Schulter, während einen Blick auf das Bild, welches immer noch auf dem Bildschirm seines Computers zu sehen war, warf.

„Was schaust du dir da an?", fragte sie mit neugierigem Blick. Auf dem Computer schien Tony gerade ein Video geschaut zu haben, welches er allerdings pausiert hatte, als sie hereingekommen war. Der Standbildschirm zeigte ein Gesicht, welches sie nicht allzu bald wiederzusehen gehofft hatte. „Ist das nicht Justin Hammer?", fragte sie und hob kritisch eine Augenbraue.

Sie spürte, wie Tony seinen Arm um ihre Hüften schlang und sie damit sanft zu sich heranzog. Zu seiner Überraschung ließ sie auch das zu, ohne wie gewohnt dagegen zu protestieren. „Ja, leider", er rollte leicht mit den Augen. „Warum siehst du dir freiwillig ein Video von ihm an?", hakte sie mit gerunzelter Stirn nach. Sie konnte sich noch ziemlich gut an ihre letzte Begegnung mit Tonys Konkurrenten erinnern, die, wenn es nach ihr ging, gerne noch länger her sein dürfte, als sie es tatsächlich war. Darauf ihn wiederzutreffen, war sie nämlich nicht gerade scharf. Schließlich hatte er Tony und dessen Freund Rhodey bei ihrer letzten Begegnung ziemlich in Schwierigkeiten gebracht und darauf konnte sie gerne verzichten.

„Das sind die Nachrichten", erwiderte Tony mit verächtlichem Blick: "Ich fasse es wirklich nicht, dass sie über jemanden wie Hammer berichten. Schließlich ist er nicht mehr als eine billige Möchtegernkopie von mir." „Du hast so ein großes Ego, Tony", sie rollte leicht mit den Augen, konnte sich ein amüsiertes Grinsen aber nicht verkneifen. „Ja, ich weiß", er grinste leicht: "Aber das magst du doch." „Tony", sagte sie warnend, konnte allerdings nicht anders, als ihm innerlich zuzustimmen. Er zwinkerte ihr grinsend zu, sagte aber nichts dazu.

„Denkst du, dass er vielleicht etwas damit zu tun haben könnte?", fragte sie dann nach einigen Sekunden und richtete den Blick zurück auf den Bildschirm. Kurz dachte er über ihre Worte nach, nickte dann aber langsam: "Möglicherweise." So unwahrscheinlich war das gar nicht. Schließlich schien Hammer jede Gelegenheit nutzen zu wollen, um Tony dafür eins Auszuwischen, dass er schon unzählige Male abgelehnt hatte mit ihm zusammen zu arbeiten.

Sextape | IronWidowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt