Einsamkeit

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Lachen. Lächeln. Einfach glücklich sein. Ohne einen Grund. Auch wenn es mir einfach nur schlecht ging. Ich war echt gut darin. Ich hab einfach das Gefühl, dass man von mir erwartet hat einfach die Mundwinkel zu heben. Aber mittlerweile geht das nicht mehr. Ich kann es nicht mehr richtig. Nichts macht mich mehr richtig glücklich. Volleyball ist das einzige was mich gerade noch so bei Laune hält. Und wenn sich meine Mundwinkel dann doch dazu entscheiden sich nach unten zu bewegen, sag ich einfach, dass ich mal auf die Toilette oder meine Wasserflasche auffüllen muss. Dann hab ich Zeit mich zu sammeln und kann wieder in die Halle, ohne dass jemand etwas mitkriegt. Auch dass manchmal Tränen über meine Wange kullern, bemerkt eigentlich niemand.

In der Schule ist es schon wieder ganz anders. Es gibt zwar immer noch Tage, an denen ich wirklich lachen kann, aber es werden immer weniger. An manchen lache ich gar nicht mehr. In den Pausen sitze ich dann einfach in der Toilettenkabine und starre vor mich hin. Oder weine. Manchmal kann ich einfach nicht mehr. Ich weiß nicht, wieso ich mir noch Mühe geben sollte es zu versuchen.

In meiner Klasse gibt es zwar ein Paar Dumpfbacken, aber fast niemanden, mit dem ich mich nicht halbwegs verstehe. Ich habe auch gute Freunde in der Klasse, aber so wirklich verstehen tut mich niemand.
An dem Tag, an dem ich mir das erste Mal kein Lächeln auf die Lippen zwängen konnte, hab ich ziemlich viele Kommentare dazu bekommen: „Was ist denn heute los mit dir? Wieso lachst du nicht? Du bist ja voll griesgrämig heute." Und so ging das immer weiter. An diesem Tag war ich auch ziemlich still, weil ich nicht noch irgendwo Streit anfangen wollte, aber irgendwann wurde mir alles zu viel und ich meinte dann, ein bisschen lauter als sonst: „Ich muss auch nicht Tag für Tag jedem zeigen, dass ich lachen kann!"
Ist an sich ja keine große Sache, sowas zu sagen, aber durch die Lautstärke waren die anderen so überrascht, dass dann erstmal Ruhe war.
Die nächsten Tage kamen dann immer mal wieder vereinzelt Sprüche in einem gehässigen Unterton, wie: „Und, wieder schlechte Laune heute?".

Da anscheinend alle mitgekriegt haben, dass es mir auf jeden Gall nicht gut geht, frag ich mich immer wieder, warum meine ‚guten Freunde' nicht bei mir nachgehakt haben. Ich weiß zwar nicht, ob ich es ihnen erzählt hätte, aber trotzdem verletzt es mich wirklich sehr.
Ich weiß, ich bin nicht ganz richtig im Kopf.

Zu Hause geht das Ganze dann weiter, aber da muss ich mich wenigstens nicht bemühen, glücklich zu wirken, da meine Familie sich schon an meine Stimmungsschwankungen gewöhnt hat.

Ich fühl mich so leer. So alleine. Ich weiß, dass ich das nicht bin, ich hab immerhin meine Mutter und meine kleine Schwester Natsu.
Aber selbst wenn ich in der Nähe von Menschen bin, die mir wichtig sind, breitet sich das Gefühl der Einsamkeit immer weiter in meinem Körper aus. Es lässt sich einfach nicht aufhalten. Ich weiß nicht, wie. Vielleicht verschluckt sie mich ja irgendwann ganz.

Liebe oder Leere?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt