Prince

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»Du willst nicht mitkommen?«, fragte Michael ungläubig. Es war Samstag und der erste Ausflug nach Hogsmeade stand an. Michael freute sich seit Tagen darauf und redete von nichts anderem.

»Nein«, antwortete Tania schulterzuckend. »Ich habe viel zu erledigen. Hausaufgaben und so. Beim nächsten Mal bin ich dabei. Versprochen.« Sie lächelte ihn entschuldigend an.

»Ich verstehe das nicht«, murrte der Dunkelhaarige, »Du bist bestimmt die Einzige aus unserem Jahrgang, die nicht mitkommt!«

»Stimmt nicht!«, mischte sich Mandy Brocklehurst ein. »Draco hat sich für das gesamte Wochenende Nachsitzen bei McGonagall eingefangen. Geschieht dem Recht!« Sie grinste breit und biss genüsslich in ihren Toast.

»Siehst du, Michael, ich bin nicht die Einzige«, erklärte Tania zufrieden. »Außerdem wird dieser Ausflug sowieso nicht besonders spaßig. Hast du dir mal das Wetter angeschaut?!« Sie deutete demonstrativ nach oben. Die verzauberte Decke war mit dunkelgrauen Wolken überzogen und vor den Türen des Schlosses wechselten sich Regenfälle und Schneestürme ab. Es war bitterkalt.

»Das hält mich nicht auf!«, erwiderte Michael stur und kippte seinen Kaffee hinunter. »Du verpasst was, Tania!« Mit diesen Worten stampfte er aus der großen Halle.

»Kann es sein, dass er etwas zu enttäuscht ist, dass du nicht mitkommst?«, gab Mandy zu bedenken und musterte Tania vielsagend über den Rand ihrer kastenförmigen Brille hinweg. Diese warf ihrer Mitschülerin einen warnenden Blick zu. Es war nicht das erste Mal, dass Mandy Andeutungen machte.

Nachdem Tania gefrühstückt hatte, machte sie sich auf den Weg ins Labor. An den letzten Abenden war sie bei der Arbeit allein gewesen. Snape hatte ihr Anweisungen gegeben und war anschließend aus fadenscheinigen Gründen verschwunden.

Tania vermutete, dass er sie mied, weil ihm sein Zusammenbruch vom Montag unangenehm war und hoffte, dass mittlerweile Gras über die Sache gewachsen war. Ihre Hoffnung erstarb, als Snape ihr mit einem so finsteren Blick öffnete, als stünde Dolores Jane Umbridge höchstpersönlich vor seiner Tür.

»Was machen Sie hier?«, blaffte er und baute sich mit verschränkten Armen im Türrahmen auf. Verwirrt schaute Tania zu ihm auf.

»Es ist zehn Uhr«, erklärte sei langsam, »Ich komme, um bei Ihnen zu arbeiten, wie an jedem Samstag!?«

»Heute ist der Ausflug nach Hogsmeade.«

»Und?«, fragte Tania ungläubig. »Seit wann interessieren ausgerechnet Sie sich für so etwas Banales wie einen Ausflug?«

Snape presste die Lippen zusammen und trat zähneknirschend zurück. Bevor er es sich anders überlegen konnte, hastete Tania an ihm vorbei ins Labor. Der Tränkemeister hatte einen großen Kessel aufgesetzt, der grasgrüne Wölkchen ausstieß. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Wenn er bereits mit dem Brauen begonnen hatte, konnte er nicht einfach verschwinden.

»Räumen Sie auf«, schnarrte Snape und widmete sich, ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen, dem brodelnden Kessel. Ohne Widerrede reinigte Tania Schneidebretter, Messer und benutzte Phiolen und staubte anschließend die Regale ab.

Nach einer Stunde war sie fertig und gesellte sich zu Snape, der völlig in seine Arbeit vertieft war. Sein Gesicht war angespannt, während er kaum merklich die Lippen bewegte und seinen Zauberstab in komplizierten Mustern schwang. Eine fremdartig klingende Beschwörung drang aus seinem Mund.

Tania beobachtete ihn stumm, als er nach einer dunklen Flüssigkeit griff und sie langsam in das Gebräu träufelte. Kurz flackerte sein Blick zu Tania, deren Herz einen freudigen Hüpfer machte. Ohne es zu wollen, bereitete sich ein warmes Lächeln in ihrem Gesicht aus. Snape wirkte irritiert und machte eine fahrige Bewegung mit der Hand, worauf ein paar Tropen zu viel der dunklen Flüssigkeit in den Kessel schwappten.

SeelenfriedenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt