Der neue Schulleiter

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Die Nacht wurde von wallenden Nebelschwaden durchzogen, welche den Blick auf die strahlenden Sterne des Augusthimmels versperrten. Der große See lag still vor Tania und eine kühle Brise fuhr durch ihr blondes Haar.

Sie saß im Schneidersitz unter einer großen Tanne, während sie die Tore des Schlossgeländes nicht aus den Augen ließ. Snape war kurz vor Einbruch der Dunkelheit im Auftrag von Dem, dessen Namen nicht genannt werden darf, aufgebrochen.

›Oder besser gesagt: In Dumbledores Auftrag!‹, dachte Tania glücklich. Seit er mit der Wahrheit herausgerückt war, fühlte sie sich, als wäre ihr ein riesiger Stein vom Herzen gefallen.

Es fühlte sich gut an, keine Verräterin zu sein und sie genoss es, Snape ohne ein schlechtes Gewissen zu vertrauen. Nicht zu vergessen, dass auch er ihr sein Vertrauen entgegengebracht hatte, indem er ihr sein Geheimnis anvertraut hatte.

Mittlerweile arbeiteten sie wieder an der Verbesserung des Wolfsbanntrankes. Meist begannen sie mit ihrer Arbeit in den Morgenstunden und experimentierten bis spät in die Nacht. Am vergangenen Abend hatte Snape Tania sogar zu einer Partie Schach aufgefordert. Schweigend hatten sie gespielt, bis sie in seinem Sessel eingenickt war und er sie peinlich berührt geweckt hatte.

›Blödes Dementorenpack!‹, dachte Tania als eine große Wolke nebeliger Ausdünstungen der seelenlosen Kreaturen über ihren Kopf hinwegzog. Sie fröstelte und entfachte einen Wärmezauber. Dementoren ernährten sich von negativen Gefühle und die schlechte Stimmung der magischen Gesellschaft schien ihnen optimale Paarungsbedingungen zu bieten.

»Expecto Patronum«, wisperte die junge Hexe. Aus der Spitze ihres Zauberstabes strömte ein dichter, bläulicher Nebel, der das Gelände in fahles Licht tauchte. Enttäuscht dachte sie an ihr glücklichstes Erlebnis. An ihre Familie zu denken erwärmte ihr Herz, doch die Erinnerungen waren getrübt. Wie viele Monate war es her, dass sie ihren Eltern gegenübergestanden hatte?

Sich an ihre Familie zu erinnern erfüllte sie nicht mehr mit Glückseligkeit - es schmerzte. Sie vermisste ihre Eltern, die Sorge fraß sie auf und in ihr keimte die Angst, sie niemals wieder in die Arme zu schließen. Wer wusste schon, was die Zeiten brachten?

Tanias Gefühle schienen nicht glücklich genug, um einen gestaltlichen Patronus zu erzeugen. Sie übte seit Wochen und war keinen Schritt vorangekommen. Dabei wüsste sie zu gern, welche Form ihr gestaltlicher Patronus hatte. Eine Katze würde ihr gefallen. Vielleicht keine so anmutige wie die von McGonagall, doch sie wäre auch mit einem zerfledderten Exemplar, ähnlich der Katze des Hausmeisters, zufrieden.

Ein leises ›Plop‹ riss sie aus ihren Gedanken. Sofort erlosch ihr Zauber und sie erkannte im Schein des bläulichen Lichtes, wie sich über den Schultoren eine Gestalt auf einem Besen manifestierte.

Tania sprang auf und lief Snape entgegen, welcher den Rennbesen, den er aus dem Schuppen von Madam Hooch geborgt hatte, ungeschickt abbremste.

Sowohl er als auch der Besen sahen ziemlich lädiert aus. Seine Haare waren zerzaust und standen in alle Richtungen ab, sein Umhang hing an einigen Stellen in Fetzen und im Reisig des Besens glühten orangerote Funken.

»Lass mich raten«, feixte Tania, als Snape durch das Tor trat. »Du warst in deiner Schulzeit ein begnadeter Quidditchspieler.«

»Der Beste«, antwortete Snape mit einem sarkastischen Schnauben und beförderte den Rennbesen mit einem ausholenden Tritt ins Gestrüpp des verbotenen Waldes.

»War das nicht einer der teuren Besen, die Dracos Vater für das Quidditchteam von Slytherin -«, begann Tania.

»Exakt.« Snape grinste. »Aber im nächsten Schuljahr werden wir andere Probleme haben als den Kampf um den Pokal.«

SeelenfriedenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt