»Guten Abend, Severus«, grüßte Tania lächelnd, als sie am folgenden Abend das Schulleiterbüro betrat. Statt einer Antwort erhielt sie ein missgestimmtes Brummen.
Snape stand vor dem steinernen Denkarium. Eine Hand hatte er auf den Rand gestützt, während er mit der anderen silbrige Erinnerungsfäden in das Becken fallen ließ. Das bläuliche Schimmern des Denkariums spiegelte sich in seinem Gesicht und betonte die kleinen Falten, die sich um seine Augen gebildet hatten.
Da sie ihn in seiner Konzentration nicht unterbrechen wollte, ließ sie sich auf einem Stuhl nieder. Von den Porträts ehemaliger Schulleiter ging ein leises Schnarchen aus. Es schien nicht sehr spannend zu sein, den ganzen Tag an der Wand herumzuhängen. Dumbledore döste träge in seinem Ohrensessel.
Die Minuten zogen sich zäh dahin und Tania wurde nervös. Snape legte eine Erinnerung nach der anderen in das Denkarium. Langsam, aber sicher verlor sie die Geduld. Es kostete sie Überwindung, Snape in ihren Kopf zu lassen! Musste er ihre Nerven zusätzlich strapazieren, indem er sie warten ließ?
In der letzten Nacht hatte sie kaum geschlafen. Sie hatte sich all die Peinlichkeiten ausgemalt, die Snape in ihrer Okklumentikstunde sehen könnte. Angefangen bei ihrer Schwärmerei für Gilderoy Lockhart in der zweiten Klasse bis hin zu den peinlichen Tagträumen, die ihr verrücktes Gehirn jeden Tag produzierte.
»Was tust du?«, erkundigte sie sich, um sich abzulenken.
»Ich lege die Gedanken ins Denkarium, die nicht für deine Augen und Ohren bestimmt sind.« Snapes Stimme klang gereizt.
»Ist überhaupt noch irgendwas in deinem Kopf?« Tania warf einen skeptischen Blick in das Denkarium, auf dessen Grund verzerrte Bilder wirbelten. Snape packte sie an der Schulter und schob sie entschieden zurück.
»Ich habe gesagt«, zischte er, »dass sie nicht für deine Augen bestimmt sind, Tania.«
»Schon gut.« Sie hob beschwichtigend die Hände. »Warum legst du deine Erinnerungen ins Denkarium? Du wirst doch in meinen Geist eindringen, nicht wahr?«
»Es kommt vor, dass unerfahrene Okklumentiker versehentlich in den Geist des Legilimentikers eindringen«, erklärte er.
»Aber das könntest du doch verhindern?«
»Nicht, wenn du es auf eine Art und Weise tust, die ich nicht vorhersehen kann.« Er ließ einen letzten Faden in das schimmernde Becken fallen. »Unerfahrenheit macht unberechenbar.«
»Ich verstehe.« Tania fuhr sich durch die Haare, als Snape sich einige Schritte von ihr entfernt aufstellte und seinen Zauberstab hob.
»Zieh deinen Zauberstab«, befahl er. »Und versuche, mich irgendwie daran zu hindern, in deinen Kopf einzudringen.«
»Auch mit Flüchen?«, fragte Tania verblüfft.
»Ja«, erwiderte Snape. »Wenn du es schaffst.« Seine Lippen kräuselten sich und Tania fühlte sich auf beunruhigende Weise in den Zaubertrankunterricht zurückversetzt. Sie drückte die Schultern durch, um einen Funken Würde zu bewahren.
»Hast du die Übungen aus den Büchern gemacht?«
»Jeden Abend«, antwortete Tania. »Und in Muggelkunde.« Sie grinste. Snapes Augenbrauen wanderten in die Höhe.
»Wie ist der Unterricht bei Alecto?«
»Was für eine Frage!«, schnaubte Tania. »Verachtenswert. Sie redet von Muggeln, als seien sie Schädlinge.«
»Sind sie das nicht?« Er funkelte sie herausfordernd an. Tania verschlug es kurz die Sprache.
»Ich durchschaue dich, Severus«, knurrte sie und verschränkte die Arme. »Du provozierst mich, damit ich unkonzentriert bin.«
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Seelenfrieden
FanfictionEin Todesser trägt seine Maske, um sich zu verbergen. Snape braucht die Maske nicht mehr, denn seine Fassade aus Zynismus und Gefühlskälte ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Nachdem Tania ihrem Professor im verbotenen Wald begegnet, wächst in...