Zischelnde Schlangen

3K 170 23
                                    

Die ersten Wochen des neuen Jahres vergingen wie im Flug. Das Eis zwischen Snape und Tania war seit dem Ausflug nach Norwegen zwar nicht gebrochen, doch es schien zu schmelzen.

Zwischen ihnen hatte sich so etwas wie Kollegialität entwickelt, doch Tania merkte auch, dass Snape Wert auf Distanz legte. Wurden ihre Gespräche zu ausgelassen, strafte er sie mit Ignoranz. Sie hatte das Gefühl, dass es ihm schwerfiel, Nähe zuzulassen. Also erfreute sie sich an kleinen Gesten und überging seine üblen Launen mit Gelassenheit.

Am ersten März saß Tania mit Michael beim Abendbrot und blätterte mürrisch durch den Tagespropheten. Die Berichterstattung wurde immer düsterer.

Auf dem Titelblatt prangte das Bild eines Werwolfes, der in einem Dorf drei Muggel getötet hatte. Es wurde immer öfter von Dementoren berichtet, die unschuldige Magier angriffen. Die Liste vermisster Hexen und Zauberer wuchs parallel zu den Bildern gesuchter Todesser, die in ihren Bildern fiese Fratzen schnitten.

»Es kommen wirklich schlechte Zeiten auf uns zu, oder?«, fragte Michael und warf dem Foto von Bellatrix Lestrange, die mit verrückten Lachen versuchte, aus ihrem Foto zu springen, einen verachtenden Blick zu.

»Scheint so.« Tania winkte Susan zu, deren blonde Mähne soeben auf der anderen Seite der Halle aufgetaucht war. Die Hufflepuff schlängelte sich durch die Menge und drückte Michael einen Kuss auf die Wange, bevor sie Tania flüchtig umarmte.

»Habt ihr das Neueste gehört? Slughorn soll Ron vergiftet haben und Harry hat ihn mit einem Bezoar gerettet!«, erzählte sie aufgeregt. »Das hat mir Justin erzählt, der es von Megan weiß, die Lavender belauscht hat. Das ist die Freundin von Ron.«

»Ich dachte der wäre mit der Granger zusammen?«, stieß Michael zwischen zwei Bissen Hackbraten hervor und fügte ungehalten hinzu: »Man, Tania! Nur weil du bei Snape arbeitest, solltest du nicht seine Mimik nachahmen. Das ist unheimlich, weißt du?«

Tania hatte bei Susans abenteuerlicher Erzählung skeptisch die Augenbrauen in die Höhe gezogen. Michael wusste mittlerweile von ihrer Arbeit im Kerker und nutzte jede Gelegenheit, um sie damit aufzuziehen. Auf die Dauer hatte sie einfach nicht verheimlichen können, wohin sie an all den Abenden verschwand.

»Warum sollte Slughorn Ron vergiften?«, fragte sie ungläubig.

»Solche Gerüchte haben immer einen wahren Kern«, erwiderte Susan belehrend. »Jedenfalls kampieren Harry und Hermine vor dem Krankenflügel. Irgendwas muss also dran sein!«

»Merkwürdig«, murmelte Tania und warf einen prüfenden Blick auf ihre Uhr. »Ich muss jetzt jedenfalls los.«

»Viel Spaß mit den Flubberwürmern!«, rief Michael schadenfroh und kassierte einen Seitenhieb von Susan.


»Einen Moment, junge Dame!«, flötete Nathan, als Tania auf leisen Sohlen an seinem Porträt vorbeizuschleichen versuchte.

»Oh, Nathan, ich habe Sie gar nicht gesehen.«

»Jaja, Eure Ausreden könnt Ihr stecken lassen!«, erwiderte Nathan. »Ich habe eine Nachricht für Euch von eurem Angebeteten

»Professor Snape ist nicht mein Angebeteter«, erwiderte Tania erbost. »Noch so eine Bemerkung und Sie können die Wand hinter Ihrem Porträt betrachten, Nathan!«

»Wenn das Euer Wunsch ist«, säuselte Nathan und prostete ihr mit seinem Weinkelch zu. »Nun, jedenfalls lässt Professor Snape Euch ausrichten, dass er das Schloss verlassen hat und sehr spät zurückkehren wird. Er würde es begrüßen, wenn Ihr den Abend in Eurem Gemeinschaftsraum verbringt. Wenn Ihr euch, wie üblich, darüber hinwegsetzt, könnt Ihr Eure vergeudete Lebenszeit nutzen, um die Klausuren der Erstklässler zu korrigieren.«

SeelenfriedenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt