Elijah Point of view
Ich wurde von Musik geweckt. Ja, nicht so kitschig von dem ersten Sonnenstrahl der mir in die Augen fiel und ich musste mich auch nicht erstmal daran erinnern wo ich war. Die Musik schien aus einer Mundharmonika zu kommen und war wunderschön. Sie klang irgendwie sehnsuchtsvoll, obwohl gleichzeitig eine unheimlich starke Kraft darin mitschwang. Wieso hatte Leya eine Mundharmonika dabei? Ich nahm einen Rucksack und holte ein paar Anziehsachen heraus, die halbwegs zusammenpassten. Eine blaue Hose, aus dem seltsamen Leder, aus der auch die Hose von diesem Typen gewesen war und ein schwarzes Shirt, auf dem neongelbe Zeichen drauf zu sehen waren. Ich zog mir beides an. Die Hose fühlte sich auf meiner Haut glatt und kühl an. Das bildete einen angenehmen Kontrast zu der Wärme, die schon frühmorgens im Zelt herrschte. Ich öffnete möglichst geräuschlos den Reißverschluss, doch Leya hatte es anscheinend trotzdem gehört, denn die Musik verstummte abrupt. Ich kletterte aus dem Zelt. Leya saß auf einem der beiden Baumstümpfen und sah mich an. Sie war ebenfalls bereits angezogen - eine normale Jeans von gestern und ein himmelblaues Shirt, auf dem pinke Punkte tanzten. Man konnte nicht allzulange darauf sehen, weil einem davon schwindelig wurde. In ihrer Hand hielt sie eine königsblaue Mundharmonika, auf der winzige kleine weiße Punkte verteilt waren, die regelrecht strahlten. Es sah fast so aus wie ein Nachthimmel. Neben ihr stand eine kleine Kiste aus dunklem Holz mit einer fein herausgearbeiteten Note darauf. Leya nahm die Kiste und legte die Mundharmonika hinein. Bildete ich mir das nur ein oder überzog tatsächlich eine hauchzarte Röte ihre Wangen? „Zu welchem Lied gehört die Melodie die du gerade eben gespielt hast? Oder besser gesagt, wie heißt sie?", fragte ich interessiert. „Weiß nicht", nuschelte sie und sah mir dabei nicht in die Augen. „Wie heißt denn der Künstler, der sie geschrieben hat?", bohrte ich weiter. „Die Künstlerin", verbesserte sie mich, wich allerdings meiner Frage weiterhin aus. Ich seufzte als mir klarwurde, dass ich diese Information wahrscheinlich nicht aus ihr herausbekommen würde. Warum auch immer sie mir diese Information vorenthalten wollte. Ich verstand dieses Mädchen einfach nicht. Einerseits mimte sie immer die starke, unnahbare Zicke und andererseits geriet sie in Panik, wenn man ihr zu nah kam. Sie hatte mich gestern mit dem Zelt und dem Feuer echt überrascht. Ich fragte mich immer noch, wie sie dieses Zelt hatte so schnell aufbauen können. Es stand auf jeden Fall fest, dass sie nicht zum ersten Mal ein Zelt aufgebaut hatte und ein Feuer konnte sie auch nicht zum ersten Mal gemacht haben, dafür war diese Apparatur die sie dafür gebaut hatte zu kompliziert. Wer ihr das wohl beigebracht haben mochte? Ihr Dad? Als ich sie gestern damit aufgezogen hatte, dass ihre Mom und ihr Dad wahrscheinlich sehr stolz auf sie waren, hatte sich ein Schatten über ihr Gesicht gelegt. Einem weniger aufmerksamen Beobachter wäre es wahrscheinlich entgangen, aber mir war es aufgefallen. Also wahrscheinlich nicht ihr Dad. Was verbarg dieses Mädchen alles? Ihre Reaktion im Zelt war auch ein wenig unerwartet gewesen. Alleine schon wie sie den Rucksack wie ein Schutzschild zwischen uns aufgestellt hatte. Wer hatte sie so verängstigt? Bei jedem anderem Mädchen hätte ich gedacht, dass sie einfach nicht hinsah, weil sie nicht starren wollte, aber ihre spätere Reaktion hatte mir gezeigt, dass das nicht sein konnte. Sie hatte vollkommen verängstigt gewirkt und von ihrer kühlen, zickigen Maske war nichts mehr zu sehen gewesen, als sie vor mir weggekrabbelt war. Ich kannte diese Angst, die in ihren Augen gestanden hatte. Die Angst, dass einen die Vergangenheit einholte. Die Angst, dass es sich wiederholte. Die Angst, dass es nie aufhören würde einen zu verfolgen. Wer oder was verfolgte sie noch immer? Und wie schnell sie es geschafft hatte danach wieder ein Pokerface aufzusetzen. Das gelang nur wenn man einige Jahre Übung darin hatte. „Was starrst du mich so an?", wurde ich unsanft von Leya aus meinen Gedanken gerissen. Eigentlich hatte sie eine ganz angenehme Stimme, wenn sie einen nicht gerade anzickte, oder sie sie auf -73°Celsius einstellte. Sie klang weich und volltönend und nicht so hoch und schrill wie bei den ganzen Mädchen, mit denen ich mich sonst so umgab. Ihre Stimme klang so...echt. Es war eine willkommene Abwechslung, aber ich nahm immer noch tausend Mal lieber schrille Stimmen in Kauf als ihren Sturkopf und ihre anstrengende Art. Überhaupt, wieso zerbrach ich mir so viel den Kopf über sie? Sie war eh bald wieder aus meinem Leben verschwunden. Es gab genug andere Mädchen in meinem Leben mit denen ich mich beschäftigen konnte und die waren nicht halb so anstrengend wie sie. Ich beschloss Leya ab sofort aus meinem Kopf zu verbannen. Blöd nur, dass sie direkt neben mir war und es deswegen schwer war sie ganz zu ignorieren. So ein Mist aber auch! „Hallo?". Leya wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum. „Ich. Mit. Dir. Reden. Du. Mich. Verstehen?" , sagte sie mit extralangsamer Stimme und schaute mir dabei fest in die Augen. „Haha sehr witzig", sagte ich genervt und verschränkte meine Arme vor der Brust. Da war sie ja wieder - die alte zickige Leya. Ich hatte sie - nicht - vermisst. Sie hielt mir eine Dose mit etwas hin, das aussah als hätte es ein Einhorn ausgekotzt. Es war eine Masse die von der Konsistenz am ehesten mit der von Joghurt zu vergleichen war und in allen Farben des Regenbogens leuchtete. Wie kriegte man es hin, dass es sich nicht zu einem ekligen, matschigem Braun vermischte? Fragend sah ich von der undefinierbaren Masse zu Leya hinüber. „Frühstück", erklärte diese schulterzuckend und hob einen Zettel hoch in der in der eckigen Schrift - mit der jeder Zettel beschriftet war - eine kleine Erklärung stand. Die Buchstaben waren ungelenk und schwer zu entziffern, so als würde derjenige der diese Botschaft geschrieben hatte die Schrift nicht oft benutzen und wäre ziemlich aus der Übung. Vorsichtig probierte ich von der Masse. Sie schmeckte nach nichts. Nachdem das Aussehen so exotisch gewesen war, enttäuschte mich das ziemlich. Ich wollte schon den nächsten Löffel in den Mund stecken - schließlich war geschmackloses Essen immer noch besser als keins - als plötzlich nachträglich eine kleine Geschmacksexplosion auf meiner Zunge explodierte. Das kam so überraschend, dass ich mich an dem Zeug verschluckte. Hustend versuchte ich meine Luftröhre wieder freizubekommen und spuckte dabei etwas von dem Zeug - dass sich übrigens auch in meinem Mund nicht zu einer braunen Masse vermischt hatte, wie ich am Rande bemerkt hatte - auf den Waldboden vor mir. Es fing dort an zu glitzern und zu leuchten und verpuffte dann plötzlich. Entgeistert starrte ich an die Stelle wo vorher noch das merkwürdige Zeug gelegen hatte. „Und du bist wirklich sicher, dass man das essen kann", fragte ich Leya, die genauso konsterniert aussah. „Ähm ja...", antwortete sie mit einem unsicheren Unterton in der Stimme. Doch dann verschwand der unsichere Ausdruck von ihrem Gesicht und die übliche Arroganz machte sich auf ihrem Gesicht breit. „Also ich habe ja geahnt, dass du beim Thema Manieren nie so richtig aufgepasst hast, aber dass du so schlechte Tischmanieren an den Tag legst, hätte ich auch bei dir nicht erwartet", meinte sie und kreuzte ihre Arme vor der Brust. Ihr Ernst? Fassungslos starrte ich sie an, doch sie aß ungerührt etwas von dem komischen Zeug in ihrer Dose. Ich wartete darauf, dass ihr dasselbe passieren würde, doch nichts passierte. Sie verzog nicht einmal die Miene! Verstimmt begann ich ebenfalls das Zeug zu essen. Jetzt, nachdem ich vorbereitet war schmeckte es sogar ganz lecker. Ich wollte allerdings gar nicht darüber nachdenken, was damit in meinem Magen passierte. Nachdem wir beide aufgegessen hatten, begannen wir das Zelt abzubauen. Da ich dieses Mal dabei war, konnte ich Leya auch bei der Arbeit beobachten. Ihre Handgriffe wirkten routiniert, so als hätte sie es schon unzählige Male gemacht und es schien, als müsste sie nicht mal darüber nachdenken was sie tat. Ihr Körper schien unabhängig von ihren Gedanken zu agieren, denn sie sah aus als wäre sie mit den Gedanken ganz woanders. Ihr Gesichtsausdruck blieb zwar die ganze Zeit über neutral, aber ich konnte den Stimmungswechsel in ihren Augen verfolgen, wenn ich einen Blick auf sie erhaschte. Kurze Zeit später hatten wir alles zusammengepackt und waren aufbruchsbereit. Ich holte den Plan aus dem Rucksack und betrachtete ihn noch einmal. Tamara hatte gesagt, dass er sich entwickelte während wir gingen, aber wie genau ging das? Sollten wir einfach losgehen oder wie? Ich seufzte und beschloss, dass es am besten war, wenn wir es einfach ausprobierten. Ich schnallte mir meinen Rucksack um und drehte mich zu Leya um, die ebenfalls schon mit dem umgeschnallten Rucksack hinter mir stand. „Bereit?", fragte ich. „Habe ich denn eine Wahl?", seufzte sie. „Nein", gab ich zu. Und dann gingen wir los. Stumm liefen wir nebeneinanderher. Leya wirkte relativ entspannt, während sie neben mir herlief. Ich betrachtete sie von der Seite. Hier im Wald schien sie in ihrem Element zu sein. Sie sah hübsch aus, wenn sie vollkommen entspannt war. Quatsch was dachte ich denn gerade für eine Scheiße. Plötzlich blieb Leya abrupt stehen und beugte sich hinunter. Sie murmelte etwas Unverständliches und richtete sich wieder auf. „Was ist?". Fragend sah ich sie an. Doch sie legte sich einen Finger auf die Lippen und schaute sich um. Dann zeigte sie auf einen Erdhügel. „Ein Fuchsbau", flüsterte sie und ihre Augen strahlten. Es war irgendwie süß, wenn sie - Schluss! „Na und?", gab ich normal laut zurück und sie funkelte mich böse an. „Pssst", zischte sie. „Die Füchsin hat Junge, deswegen solltest du besser leise sein!". Ich schaute sie verdutzt an. Woher willst du das denn schon wieder wissen?", fragte ich verblüfft. Sie zeigte auf den Boden. Ich schaute auf den Boden, konnte aber beim besten Willen nicht erkennen, wie man an dem Boden erkennen sollte, dass die Füchsin, die anscheinend in diesem Hügel lebte Junge hatte. Leya schien meine verständnislose Miene gesehen zu haben, aber eine Erklärung gab sie mir nicht. Stattdessen zog sie mich am Arm weiter. Ein paar Meter weiter ließ sie dann schnell meinen Arm wieder los als hätte sie sich verbrannt und brachte hastig wieder Abstand zwischen uns beide. Körperliche Nähe war anscheinend wirklich nicht so ihr Ding. Sie hatte einen zügigen Schritt vorgelegt und so starrte ich nachdenklich den Hinterkopf der Rothaarigen an. Sie machte es mir wirklich nicht einfach sie aus meinem Kopf zu verbannen, obwohl ich sie erst den zweiten Tag lang kannte. Bevor ich allerdings weiter darüber nachdenken konnte krachte plötzlich etwas aus einem Baum und fiel mir direkt vor die Füße. Erschrocken zuckte ich zusammen. Leya war herumgewirbelt, bereit jedem der hinter ihr stand einen Schlag auf die Fresse zu verpassen. Ich schaute auf den Boden um zu sehen was genau vor meinen Füßen gelandet war. Es war das seltsamste Ding das ich jemals gesehen hatte. Es war ungefähr handgroß, hatte bunt befederte Flügel und einen affenähnlichen Schwanz. Aus einem katzenartigen Gesicht starrten mich Glubschaugen an. Einen Mund hatte das Ding nicht und auch keinen Schnabel. „Tuten Tag", sagte es plötzlich. Verdutzt sah ich es an. Woher kam diese Stimme? Die Stimme klang kindlich und das Wesen lispelte. Neugierig sah es uns beiden aus seinen Glubschaugen an. „Ihr seid Fremde oder?", fragte es aufgeregt und erhob sich plötzlich in die Luft. Es sah unbeholfen aus, wie das schräge Ding in der Luft herumtorkelte. „Is bin Sisty", lispelte es während es durch die Luft flatterte. Und ihr?", fragte es aufgekratzt weiter. Ich konnte das Ding nur stumm anstarren. „Was bist du?", fragte Leya neben mir und sprach damit das aus, was ich mich ebenfalls fragte. „Ein Tschilp natürlich", gab das Wesen zur Antwort. Ein Tschilp? Was war denn ein Tschilp? Ich zog Leya ein Stück beiseite. „Wir müssen das Ding da wieder loswerden, wer weiß ob es gefährlich ist!", teilte ich ihr mit. Zweifelnd sah sie zu dem Ding und dann wieder zu mir. „Okay es sieht nicht wirklich gefährlich aus" , gab ich zu, fuhr dann aber fort: „Aber das könnte Taktik sein. Oder Cara und Marc haben es als Spitzel geschickt. Ich meine es ist doch ziemlich seltsam, dass es uns ausgerechnet jetzt vor die Füße gefallen ist oder?". Nachdenklich sah sie mich an. Es lag etwas in ihren Augen, das ich nicht zuordnen konnte. „Ich glaube nicht das es gefährlich ist", meinte sie und verbesserte sich kurz darauf: „Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass es nicht gefährlich ist". „Ach und welche geheimen Quellen besitzt du, die dir das verraten haben?", spottete ich. Das Funkeln in ihren Augen wurde stärker. „Wenn ich dir das verraten würde, wären sie ja nicht mehr geheim oder?", fragte sie mit einem herausfordernden Glitzern in den Augen. Ich starrte sie fassungslos an. „Wenn du irgendwelche Informationen besitzt, von denen ich nichts weiß, wäre es ratsam, diese mit mir zu teilen", knurrte ich. Langsam wusste ich einfach nicht mehr weiter mit ihr. Sie wandte den Blick ab. „Es ist nur so ein Gefühl", sagte sie schließlich. Doch ich sah in ihren Augen, dass noch mehr dahintersteckte und ich würde noch herausfinden, was es damit auf sich hatte...
........................................................................................................
Can you see the Sparks between them😏?Und was denkt ihr? Ist Sisty nur ein Spitzel oder wird sie uns noch helfen?
Warum wollte Leya denn nicht verraten wer die Künstlerin ist?
Was haltet ihr bis jetzt von den beiden?
Tja ich habe noch einiges vor mit den beiden. Im nächsten Kapitel, das übrigens kein richtiges Kapitel ist,da es nur halb so viele Wörter hat wie sonst lernt ihr übrigens die Gegenspieler in dieser Geschichte kennen 😶.
DU LIEST GERADE
In einer anderen Zeit
FantasyMit Leyas Umzug ändert sich Ihr ganzes Leben. Ausgerechnet auf der kleinen Insel Island soll sie ein neues Leben beginnen. Der Start verläuft geradezu katastrophal. Nachdem sie sich mit den Badboys der Schule angelegt hat und obendrein noch eine una...