Die Neue

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Elijah Point of view

Gelangweilt schlenderte ich mit Cedric und Leon durch die Schulflure. Jeder starrte uns an, als wären wir das achte Weltwunder. Jeden Tag der gleiche Scheiß. Plötzlich sah ich Nate. Nate war eine Nerd, der es letzte Woche gewagt hatte, etwas gegen uns zu sagen. Ich gab Leon und Cedric ein Zeichen und wir gingen auf ihn zu. „Hey Nate" sagte ich und schubste ihn gegen die Spinde. „Das was du letztens über uns gesagt hast fand ich gar nicht nett. Magst du dich nicht entschuldigen?", knurrte ich. Nate war kreidebleich und brachte kein Wort heraus. „Hallo! Ich rede mit dir", sagte ich verärgert und knallte ihn wieder gegen die Spinde. Plötzlich hörte ich eine erboste Stimme hinter mir sagen: „Entschuldige Mal!Was denkst du eigentlich was du hier machst? Lass sofort den Jungen los!" Synchron drehten Cedric, Leon und ich unser Köpfe in die Richtung, aus der die Stimme kam. Vor mir stand ein Mädchen, das ich noch nie gesehen hatte. Unter ihren wilden, roten Locken blitzten mich grüne Augen an. Ich hob eine Augenbraue. Wer war sie, dass sie glaubte sich einfach in meine Angelegenheiten einmischen zu können? „Ich hab dich hier noch nie gesehen. Bist du neu hier? ", fragte ich während ich versuchte meine Gereiztheit unter Kontrolle zu halten. „Ja", antwortete sie und sah mich fragend an. „Okay dann sage ich dir mal, wie das hier läuft. Ich und meine Freunde, machen was wir wollen und alle anderen lassen uns in Ruhe, ist das klar? Niemand sagt uns was wir zu tun und zu lassen haben!“,machte ich ihr klar. Aber das Mädchen schaute mich nur unbeeindruckt an und meinte: „Dann wird es ja langsam mal Zeit dafür!“. Jetzt schaute ich sie verblüfft an. Hatte sie mich nicht verstanden oder war sie einfach lebensmüde? Anscheinend war sie lebensmüde, denn sie legte noch einen drauf und sagte: „Also ich weiß ja nicht was mit den anderen hier los ist, aber mich kriegt ihr mit den paar leeren Worten nicht eingeschüchtert. Also könntet ihr jetzt freundlicherweise den Jungen loslassen, damit ich nicht gleich am ersten Tag zu spät komme?“. Nun schien sie genervt zu sein, denn sie verschränkte sie Arme vor der Brust. Als ich ihr nicht antwortete, drehte sie sich zu den Schaulustigen um und rief:„Wenn ihr euch schon nicht selber traut diesen Jungs eure Meinung zu geigen, dann braucht ihr mich nicht als euer Unterhaltungsprogramm zu nehmen“. Tatsächlich trollten sich die meisten und sie wandte sich wieder zu uns um. „Also, wird's bald? Ich hab schließlich nicht ewig Zeit!“,sagte sie mit jetzt eindeutig genervter Stimme wieder an mich gerichtet. Meine Sprache (diese Verräterin war zwischenzeitlich abgehauen), war anscheinend zurück gekehrt und so sagte ich verärgert zu Cedric und Leon:„Ich hab keine Lust mich mit der Zicke hier auseinandersetzen. Komm wir hauen ab“. So wichtig war Nate jetzt auch nicht, als dass ich meine Zeit mit „MissMoralapostel“ verschwenden würde.

Die Lust auf Unterricht war mir jetzt erstmal vergangen, also beschlossen wir die ersten paar Stunden zu schwänzen und in die Stadt zu gehen. Wenige Stunden später - ungefähr gegen Ende der Mittagspause-, standen wir mit jeweils einem Starbucksbecher in der Hand vor der Schule. Gemächlich schlenderten wir - wie immer, von neugierigen Blicken begleitet- in die Cafeteria. Ich ließ meinen Blick über die Menge schweifen und blieb schließlich an einem leuchtend rotem Haarschopf hängen. Die Neue unterhielt sich mit Will, der nach uns den gefürchtetesten Ruf an der Schule hatte und im Moment ein süffisantes Grinsen zur Schau trug. Um ehrlich zu sein, mochte ich Will nicht. Der Typ war mir ein wenig zu glatt. Er spielte im Gegensatz zu uns, allen was vor. Bei uns wusste jeder, woran er war. Da der Rotschopf mit dem Rücken zu mir saß, war es schwer ihre Einstellung zu Will zu beurteilen, da ich ihr Gesicht nicht sehen konnte, aber ihr Körper war in einer klaren defensiven Haltung. Plötzlich beugte sie sich vor und zischte ihm etwas zu, dass Wills Grinsen kurz verrutschen ließ, dann stand sie auf und rauschte passend zu der Klingel, die in diesem Moment ertönte an ihm vorbei. Was ein Abgang! Als sie an mir vorbeiging, ohne mich zu bemerken, erhaschte ich einen kurzen Blick auf ihr Gesicht. Überrascht zog ich die Augenbrauen zusammen. Der Ausdruck in ihren Augen... Er war seltsam gewesen. Klar, es war eine Menge Wut darin zu sehen gewesen, aber auch Angst und Verletztheit hatte ich darin erkennen können. Nachdem sie sich von uns so gar nicht beeindrucken lassen hatte, hätte ich dass nie im Leben erwartet. Was hatte Will nur getan um sie so aufzuwühlen? So was passierte doch nicht von jetzt auf gleich... oder? Und wieso dachte ich überhaupt darüber nach? Die Neue interessierte mich doch gar nicht! Ich setzte mich in Bewegung, um zum nächsten Klassenraum zu kommen und versuchte die Gedanken an den Rotschopf zu verdrängen. Auch wenn ich öfters mal ein paar Stunden ausfallen ließ, waren mir meine Noten nicht egal. Ohne jetzt angeben zu wollen, war ich ziemlich intelligent, so dass es mir nicht wirklich schadete, wenn ich nicht in jeder Stunde zuverlässig im Klassenraum saß, aber auch bei mir ging dass alles nicht von ganz alleine, so dass ich am besten im Unterricht aufpassen sollte. Aber so sehr ich es auch versuchte, meine Gedanken wanderten immer wieder zu der Neuen zurück. Wie konnte sie es wagen mir die Stirn zu bieten? Und was für Rückschlüsse sollte ich bitteschön aus ihrem widersprüchlichem Verhalten ziehen? Stöhnend ließ ich meinen Kopf auf die Tischplatte sinken, ohne mich im Entferntesten um die neugierigen Blicke der anderen zu kümmern. „Herr Snaerson? Möchten Sie uns an Ihren anscheinend frustrierenden Gedanken teilhaben lassen?“, riss mich die Stimme meines Lehrers aus meinen Gedanken. „Gerne“, antwortete ich ohne den Kopf zu heben: „Ich frage mich wann Sie endlich bemerken, wie langweilig ihr Unterricht ist“. Ich hörte wie er nach Luft schnappte, aber dass war mir ehrlich gesagt egal. Trotz meiner Intelligenz, war ich nicht unbedingt beliebt bei den Lehrern, da sie fanden, dass „meine Umgangsweise mit Autoritätspersonen zu wünschen übrig ließ und ich in vielerlei Hinsicht etwas mehr Zurückhaltung an den Tag legen sollte“. „Vielleicht wäre es besser, wenn sie meinen Unterricht für eine Weile verlassen und ihr Verhalten mir gegenüber, einmal gründlich überdenken“, ließ sich mein Lehrer nun wieder mit gepresster Stimme vernehmen. Schnaubend stand ich auf und ging durch den Raum. „Viel Spaß beim langweilen“, rief ich meinen Kursmitgliedern noch zu, bevor ich den Raum verließ. Als ich dann draußen vor der Tür stand, atmete ich dann erstmal tief durch. Was war denn nur los mit mir? Hatte ich mich gerade ernsthaft aus dem Unterricht schmeißen lassen, weil ich den Rotschopf nicht mehr aus dem Kopf bekam? Apropos, wenn man vom Teufel sprach... Besagter Rotschopf kam gerade aus der Mädchentoilette. Ihre Augen waren ein wenig glasig und sie sah auch ein wenig verloren aus, so als hätte sie einen Geist gesehen. Ich wurde aus diesem Mädchen einfach nicht schlau. Kaum war sie aus meinem Sichtfeld verschwunden, schlug ich frustriert gegen einen Spind. Verdammt! Jetzt war Schluss! Nach der Schule würde ich sie mir noch einmal vorknöpfen, damit ich endlich wieder Ordnung in meine Gedanken bringen konnte. Die restlichen Kurse lang riss ich mich zusammen, war allerdings sehr wortkarg.

In einer anderen Zeit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt