Von kollidierenden Universen und Schlaftabletten

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Elijah Point of View

Leya starrte mich an. Sie. Starrte. Mich. An. Und ich wusste nicht wieso! Ich meine, eigentlich musste sie es ja gewohnt sein, dass ich sie mit solchen Sprüchen abspeiste oder? Selbst, wenn sie ihre Tage hatte, das erklärte nicht warum sie mich so ansah. Sie sah mich nicht wütend an, wie ich es eigentlich erwartet hatte, aber ihr Blick war so intensiv, dass er mir durch Mark und Bein ging. Es fühlte sich an, als würde sie mit ihrem Blick jede einzelne Zelle meines Körpers offenlegen und ihre Geheimnisse ergründen. Plötzlich kam mir die Szene von eben wieder in den Sinn. Ihr Gesicht vor meinem. Der Duft nach Erde mit einer schwachen Note eines Shampoos, dessen Duft ich nicht hatte identifizieren können. Wahrscheinlich irgendeine Blume, aber wer konnte schon den Duft von Blumen voneinander unterscheiden? Es war mir auch egal gewesen. Viel wichtiger war es gewesen sie anzuschauen. Ihre Augen, die von Nahem viel tiefer wirkten. Als würden sich in ihnen ganze Universen umeinanderdrehen. Kollidieren. Voneinander abstoßen. Sich gegenseitig anziehen. Alles zur gleichen Zeit. Mein Blick der magnetisch von ihren Lippen angezogen wurde, die sich teilten?... Und dann ein lautes Plumpsgeräusch. Ich wusste, dass ich kurz davorgestanden hatte, den Rotschopf zu küssen. Verdammt, unsere Gesichter waren sich so nah gewesen, dass ich ihren Atem schmecken konnte. Und was mich am meisten schockierte, war die Tatsache, dass ich tatsächlich enttäuscht war, weil Sisty uns unterbrochen hatte. Dass es mir einen Stich versetzt hatte, als Leya vor mir zurückgewichen war, als hätte ich eine ansteckende Seuche. Ich sollte mich nicht so fühlen. Es gab sicher eine Millionen Gründe warum es absolut dumm wäre den Rotschopf zu küssen und der Wichtigste war wahrscheinlich, dass wir uns nicht Mal wirklich mochten. Vor zwei Tagen hatte ich ihr noch gedroht sie in eine Abstellkammer zu stecken und sie hatte mir angeboten Bekanntschaft mit ihren Kampfkünsten zu schließen. Und trotzdem wusste ich, dass ihre Lippen direkt vor meinen jeden einzelnen dieser Gründe für nichtig erklären und aus meinem Kopf verbannen würden. Ich hatte gesehen wie schnell Leya sich verschlossen hatte und ihre Verdrängungskünste eingesetzt hatte, um sich einzureden, dass zwischen uns nichts passiert war. Nach Sekundenbruchteilen hatte sie die Universen in ihren Augen vor mir verborgen, um mir jede Chance zu nehmen sie zu erforschen. Und vielleicht sollte ich dasselbe wie sie machen und einfach vergessen was da gerade eben passiert war. Vielleicht sollte ich die Universen in ihren Augen sich selbst überlassen, damit ich am Ende nicht Dinge herausfand, von denen ich gewollt hätte, dass sie besser für immer in den Universen geblieben wären, aus denen sie gekommen waren. Doch ich konnte nicht. Nicht, wenn sie mich so ansah wie jetzt. Das Chaos das in mir tobte war unbeschreiblich. Ich war es so gewöhnt mich selbst in der Rolle als Arschloch zu präsentieren, dass ich ganz vergessen hatte was es hieß kein Arschloch zu sein. Ich wollte Leya helfen. Ich wollte die Dämonen die sie immer wieder heimsuchten vertreiben und durch das Strahlen ersetzen, welches in ihre Augen getreten war, als sie gelacht hatte. Aber gleichzeitig hatte ich nicht vergessen, wie leicht es war verletzt zu werden, wenn man jemandem auch nur die Chance gab nah genug an sein Herz zu kommen um sich darin festzukrallen. Man merkte meist erst wie tief jemand schon in das Herz vorgedrungen war, wenn er es von innen heraus aufriss. Und ich war absolut nicht bereit die kaputten Reste meines Herzens in andere Hände zu legen. Wie immer war es Sisty, die mich zuverlässig aus meinem Gedankenstrom riss. „Is glaub eus nist, was ihr eben gesagt habt. Keinem von eus. Und wenn ihr ehrlis seid, glaubt ihr eus selber auch nist“, verkündete sie und blieb für einen Moment beinahe gerade in der Luft stehen, sodass ihre Worte als einziges Geräusch in dem imaginären Raum standen. Dann nahm sie ihr Geflatter wieder auf und flog in die Äste einer Tanne, sodass ein Nadelschauer herabregnete. Leya klappte den Mund auf und schloss ihn dann wieder, ohne die Worte die darinlagen in die Freiheit entlassen zu haben. „Wir sollten endlich mit Elias sprechen“ , sagte sie schließlich. Doch sie wich meinem Blick dabei aus und ich spürte wie all die ungesagten Worte zwischen uns hingen. Nur gut, dass ich ein Meister darin war, all die Worte zu ignorieren die eigentlich gesagt werden mussten.

In einer anderen Zeit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt