Prolog

2.5K 67 9
                                    


Er saß alleine an der Bar, auf dem Tresen vor ihm eine Flasche Bier, an der er ab und zu mal nippte. Die Atmosphäre war gesellig, fast schon fröhlich wenn man diesen furchtbaren Krieg vergaß, der in Europa tobte.

Es spielte eine ruhige, sanfte Musik mit einer schönen Melodie im Hintergrund, zu der er mit dem Fuß wippte, jedoch nahm er sie nicht wirklich wahr.
Sie vermischte sich mit den Gesprächsfetzen der Stammgäste, die Geschichten aus ihrer Jungend zum Besten gaben und ab und an laut auflachten.

Steve hätte, dank seiner verbesserten Sinne, alles mit hören können, trotz der Lautstärke in der Kneipe, aber seine Gedanken drifteten immer zu dieser Frau.

Er war sich nicht sicher, was er für sie fühlen sollte. Ein wohliges warmes Gefühl machte sich in seiner Brust breit, als er an die Agentin dachte. Er hatte so etwas noch nie vorher erlebt und war damit überfordert.

Sein Freund hätte gewusst, was er in dieser Situation machen sollte.
Er war bei den Damen immer sehr beliebt gewesen. Er wünschte, er wäre jetzt hier, so wie früher auch. Sein Freund...

Bei dem Gedanken an ihm verkrampfte er sich. Nagenden Gewissensbisse überfielen ihn erneut. Vor seinem Auge sah er es immer und immer wieder; wie Bucky sein Schild ergriffen hatte, aber von der Wucht eines Schusses aus dem Zug geworfen worden ist.

Er hatte sich noch festgehalten, gekämpft, aber Steve war zu spät gekommen, um ihn zu retten. In seinem Geist sah er, wie er seine Hand nach Bucky ausstreckte, und im nächsten Augenblick fiel er in die eisige Tiefe.

Er hätte ihn retten sollen. Trauer und Wut überkamen ihn. Er schnappte nach Luft, damit die Erinnerungen aufhörten ihn zu überfluten.

Der Versuch, an etwas anderes zu denken war erfolglos. Es drehte sich alles um Bucky in seinem Kopf, bis schließlich sein Kopf selbst anfing sich zu drehen. Erneut schnappte er nach Luft, als es ihm schlecht wurde.

Er spürte wie seine Augen anfingen unangenehm zu brennen und anschließend feucht wurden, wie sie es in letzter Zeit leider allzu oft taten. Er würde nicht schon wieder weinen, nicht vor den Leuten.

Die Leute glaubten an ihm, da konnte er nicht öffentlich zeigen, dass er innerlich gebrochen war.
Er seufzte.
Er war schließlich ein Held, ein Symbol für Freiheit und amerikanische Werte, in dunklen, schwierigen Zeiten.

Also biss er sich auf die Innenseite seiner Wange, um sich durch den Schmerz von einem viel tiefer sitzenden Schmerz abzulenken.

Es klappte halbwegs, also machte er weiter bis er den Geschmack von Blut im Mund hatte. Er trank einen Schluck von dem Bier in seiner Hand.

Er saß schon lange da und hatte einige Flasche geleert, aber leider ließ sein schneller Metabolismus ihn nichts davon merken.
Steve starrte noch eine ganze Weile vor sich hin, blendete alles andere um ihn herum komplett aus, versunken in seinen Gedanken.

Eine plötzliche Berührung am Vorderarm ließ ihn zusammenzucken. Mit Mühe unterdrückte er seinen ersten Impuls, sich zu verteidigen.

Es war nur eine [Y/H/C]-haarige Frau, die ihn geduldig anlächelte.

„Guten Abend, Sir." Begrüßte sie ihn freundlich. Er hatte sie noch nie gesehen. „Störe ich Sie? Es scheint als seien Sie wo anders." Fragte sie mit Besorgtheit.

„Nein, überhaupt nicht, Ma'am." Antwortete er wahrheitsgetreu. Er war froh, dass sie ihn vor seinen Grübeleien rettete. Außerdem war sie charmant.

„Ich bin übrigens Margaret [Y/L/N]. Ich habe viel von Ihnen gehört, Captain."

„Schöner Name." bemerkte Steve mit einem Lächeln. Margaret erwiderte dieses, wobei sich ein Grübchen an ihrem rechten Mundwinkel bildete. Es war ein kleines Detail, aber seinen Augen entgingen nichts.

Seit dem Experiment, das ihm zu Captain America gemacht hat, waren seine Sinne viel schärfer und er war ständig überflutet von den Eindrücken um ihm herum, dass er sich erst noch daran gewöhnen musste.

Sie räusperte sich leise, um seine Aufmerksamkeit wieder auf sie zu lenken, was funktionierte.
Heimlich wunderte sich Steve, was es mit dieser Frau auf sich hatte, und verdrängte die Gedanken an die Agentin und Bucky. Er betrachtete sie diskret während sie sprach.

„Also eigentlich wollte ich sie nicht stören, nur meinen Dank aussprechen für alles, was sie für das Land machen... für uns."
Sie lächelte schüchtern und strich sich dabei eine Strähne aus dem Gesicht.
Ein bezauberndes Gesicht, wie Steve zugeben musste.

Ihre [Y/H/C] Haare umrahmte elegant ihr vor Verlegenheit rot gewordenes Angesicht. [Y/E/C] Augen mit langen dichten Wimpern strahlten ihn an. Ihre Lippen, leicht geöffnet als sie noch etwas hinzufügen wollte, zerstreuten ihn kurz.

„Tanzen sie gerne, Captain?" Steve sah sie erstaunt an, als er ihren Blick zu seinem immer noch wippenden Fuß verfolgte.
Er musste echt lernen, zu tanzen. Das war schon das zweite Mal, dass er deshalb eine Dame abweisen musste.

„Nenn mich doch Steve." Sagte er „Und ich bedaure es sehr, aber ich kann leider nicht tanzen."

Nach diesem Geständnis grinste Margaret etwas provozierend, was ihn völlig überraschte. „Der Captain America hat Angst vor einem Tanz?" sie hob herausfordern eine Augenbraue, konnte sich aber ein Kichern nicht verkneifen.
Hinter der braven Fassade versteckte Margaret eine spielende, reizende Art, die ihn neugierig machte.

Er betrachtete sie wieder.
Sie war normal groß für eine Frau, aber recht zierlich und trug ein Kleid, das ihrer Figur schmeichelte.
„Ich möchte dir nur nicht auf den Fuß treten." Er grinste.

„Ich kann es dir beibringen" schlug sie verlegen zu Boden blinkend vor.

Steve wäre dumm gewesen, diesen Vorschlag abzuschlagen, also stand er auf und nahm Margaret bei der Hand. Sie lächelte triumphierend und schleifte ihn zur Tanzfläche.

Schüchtern legte Steve seine Hand an ihre Taille und schloss die Tanzhaltung. Margaret brachte ihm Stück für Stück den langsamen Walzer bei.
Er stellte sich zwar etwas ungeschickt an, aber er war trotzdem sehr zufrieden mit sich.

Sie tanzten nah bei einander, redeten über Belanglosigkeiten, und lachten. Steve hatte sich lange nicht mehr so geborgen gefühlt.
Die Zeit geriet ihnen aus dem Blick.

Irgendwann löste Margaret sich von dem Captain und flüsterte, sie müsse gehen. Er nickte verständnisvoll.

Mit einen sanften Kuss auf die Wange verschwand sie wie sie gekommen war, während Steve ihr lächelnd nachsah.

Vielleicht würden sie sich wieder sehen, dachte er. Aber es sollte anders kommen.

Steve Rogers x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt