Heute hat Isa Geburtstag! Unglaublich, wie groß meine Kleine schon ist... Vier Jahre jetzt schon. Und das ist ihr letzter Geburtstag, den ich miterlebe... Außer es geschieht ein Wunder, aber an Wunder glaube ich nicht...
Simón hat sich heute den Nachmittag freigenommen, zum Glück ging das, weil zur Zeit wenig Ausfall hier auf Station ist. So kann er mir beim Vorbereiten für ihre Feier helfen, die bei meinen Eltern stattfindet. Ihr Geschenk, die Skates, habe ich gestern schon in der Stadt abgeholt, eine Torte hat meine Mutter gebacken, eigentlich müssen wir also nur noch etwas dekorieren.
Kurz nachdem Simón Feierabend hat, treffen wir uns unten an seinem Auto. Ich bin vor ihm da und warte also auf ihn. Währenddessen schreibe ich meiner Mutter, dass wir gleich losfahren und in etwa zwanzig Minuten da sind.
Als ich wieder von meinem Handy aufblicke, kommt er bereits mit einem Lächeln auf mich zu. "Hey Bonita.", begrüßt er mich und ich zögere nicht lange, ziehe ihn zu mir heran und küsse ihn. Natürlich erwidert er, ich wäre auch sauer gewesen, wenn nicht.
Irgendwann müssen wir uns aber lösen, da wir los müssen. Simón öffnet mir, ganz gentleman like, die Beifahrertür, ich lächele.
So einen Freund habe ich mir immer gewünscht, er ist einfach aufmerksam und weiß, wie er eine Frau zu behandeln hat.
Bald schon parkt Simón in der Auffahrt meiner Eltern. Ich blicke zu ihm herüber, er sieht ein wenig nervös aus.
"Warum so nervös, Schatz?", frage ich schmunzelnd, obwohl ich es mir eigentlich schon denken kann.
"Naja, immerhin lerne ich gleich deine Eltern kennen...", meint er und kratzt sich am Hinterkopf. "Ach, heute wird eh nicht groß Zeit bleiben, um sie kennenzulernen. Wie ich meine Eltern, vor allem meine Mutter, kenne, werden sie dich noch heute zum Abendessen demnächst einladen." Für mich ist es keine wirklich große Sache, dass er meine Eltern kennenlernt. Viele sind da immer nervös, gut, vielleicht sind die einfach jünger als ich, aber selbst damals, als ich meinen Eltern Benicio vorgestellt habe, war ich nicht nervös.
"Aber kein Grund zur Sorge, meine Eltern werden dich lieben, sie müssen dich einfach lieben.", sage ich und drücke einen Kuss auf seine Wange, ehe ich aussteige und meine Sachen aus dem Kofferraum hole. Kurz darauf steigt er auch aus und nimmt meine Hand, als wir aufs Haus zugehen.
"Du bist süß, wenn du nervös bist.", meine ich schmunzelnd zu ihm, während ich den Hausschüssel aus meiner Tasche krame. Meine Mutter holt anscheinend Isa und ihre Freundinnen aus der Kita ab, denn ihr Auto steht nicht hier. Und mein Vater müsste noch auf Arbeit sein und erst später kommen.
"Wenn du mich nur so süß findest, werde ich ab jetzt wohl öfter nervös sein.", erwidert er daraufhin, ebenfalls schmunzelnd. "Mh nö, ich finde dich auch so süß.", sage ich und kaum, dass wir ins Haus gegangen sind, kicke ich die Tür mit meinem Fuß zu und küsse ihn zum zweiten Mal an diesem Tag.
"Die Kartons mit der Deko stehen dort hinten.", weise ich Simón an, nachdem wir ein paar Minuten rumgeknutscht haben und uns jetzt daran machen, das Haus für die Feier zu dekorieren. Gerade sind wir auf dem Dachboden und suchen die ganze Deko zusammen.
"Sind das hier Bilder von dir?", fragt er dann und ich blicke zu ihm. Aus irgendeinem Karton hat er einen Bilderrahmen herausgeholt und schaut sich das Bild an, ich glaube, der Karton gehört zu denen aus meiner alten Wohnung, da sind duzende von meinen Sachen drinnen.
Ich lächele etwas und gehe zu ihm. "Ja, das sind die meisten Sachen aus meiner Wohnung. Nur wenige habe ich in meinem Zimmer im Hospiz." Ich blicke auf den Bildrahmen in seiner Hand, das Bild dort drinnen ist von meinem 18. Geburtstag. Das waren noch Zeiten...
"Das Bild ist an meinem 18. entstanden. Ich habe eine riesige Party gefeiert und fast den ganzen Jahrgang eingeladen.", erzähle ich ihm, mein Lächeln wird immer wehmütiger. "Ich hatte wochenlang nach diesem Kleid gesucht, mein 18. Geburtstag sollte etwas besonderes werden, genauso das Kleid. Und dann habe ich es gefunden, blau und mit Glitzer. An diesem Tag stand nur ich im Mittelpunkt und ich habe es geliebt."
Simón legt einen Arm um mich, ich lehne meinen Kopf an seine Schulter und seufze. Warum kann nicht alles so wie früher sein?
"Du warst damals schon wunderschön und jetzt bist du nur noch schöner.", meinte mein Freund und ich lächelte. "Danke, Simón.", antwortete ich leise darauf und er drückte einen Kuss auf mein Haar.
Eine Weile lang stehen wir wirklich nur so hier da und gucken uns das Bild von meinem achtzehnjährigem Ich an. Die Wehmut kommt immer weiter in mir auf, aber ich will mich jetzt hier nicht schwach zeigen, schon gar nicht in Tränen ausbrechen.
Nein, Ámbar Smith zeigt nie ihre Schwäche, damals nicht, heute nicht, morgen nicht.
"Na komm, lass uns die Deko holen, meine Mutter müsste gleich mit den Kindern kommen.", meine ich dann und er nickt. "Gut, dann los."
Wir schappen uns die Kartons mit der Deko, nachdem wir sie dann relativ schnell gefunden haben, und gehen wieder herunter. Wir dekorieren den Eingangsbereich und das Wohnzimmer, sowie den Esstisch ein wenig. Die Skates stelle ich auf den Tisch, auf dem auch die Geschenke von meinen Eltern stehen. Simón wollte der Kleinen unbedingt auch etwas schenken, aber wusste nicht, was. Also habe ich ihm gesagt, dass er ihr einfach Helm und Schützer schenken soll, dann kann sie auch richtig skaten üben, um der Königin der Bahn bald würdig zu sein.
Schon höre ich die Haustüre aufgehen und mehrere kleine Kinder kommen herein gerannt, ich muss augenblicklich lächeln.
"Mamá!" Isa kommt direkt auf mich zu gerannt, als sie mich sieht. Ich nehme sie auf meinen Arm und knuddele sie durch. "Alles Gute zum Geburtstag, meine Kleine." Ich lächele, aber Isa verschränkt protestierend die Arme. "Mamá, ich bin nicht klein! Ich bin schon groß!" Ich lache und streiche durch ihre Haare. "Natürlich bist du schon ganz groß, entschuldige."
Isa nickt zufrieden und ihre Blick fällt dann auf Simón. Sofort strahlt sie und ich muss schmunzelnd.
"Simón!", ruft sie begeistert und rennt zu ihm. Er schmunzelt genauso wie ich und nimmt sie dann auf den Arm. "Hey Große." Sie schlingt ihre kleinen Arme um seinen Hals und drückt sich an ihn. Und mir schmilzt mein Herz, wenn ich die beiden so sehe. Er wäre der perfekte Vater für sie...
Meine Mutter kommt dann auch ins Wohnzimmer, mit ihr mein Vater, der wohl gerade von der Arbeit gekommen ist. Ich umarme beide und stelle ihnen Simón dann als meinen Freund vor. Als sie aber gerade damit anfangen wohlen, ihn auszufragen, werden wir von den Kleinen unterbrochen, weil Isa ihre Geschenke auspacken möchte. Ich werfe davor noch einen Seitenblick zu Simón, er sieht ein wenig erleichtert aus, dass er den ganzen Fragen meiner Eltern vorerst entgeht.
Dann werden die Geschenke ausgepackt. Isas Augen werden sofort riesig, als sie die Skates in der Hand hält.
"Mamá, die sind sooooooo toll! Danke, danke, danke!", fällt sie mir fröhlich um den Hals und ich lächele breit.
"Alles für meinen Engel.", erwidere ich und ich drücke sie fest an mich.
Nur ahnt sie nicht, dass das mein letztes Geschenk für sie sein wird...
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Don't let me go || Simbar
FanfictionÁmbar hat Brustkrebs im Endstadium und liegt seit ein paar Tagen nun im Hospiz. Ihr letzter Wunsch: Die große Liebe finden. Doch wer will schon eine Frau, die in ungewisser Zeit stirbt? - Er will sie. Simón arbeitet seit kurzer Zeit im Hospiz auf Ám...