Kapitel 6 - Überarbeitet

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Lachen ist eine Macht, vor der die Größten dieser Welt sich beugen müssen.

-Émile Zola (Édouard Charles Antoine Zola, französischer Romanschriftsteller des Naturalismus)

»Es tut mir leid, ich kann nicht. Wie oft muss ich das noch wiederholen?«, erkundigt meine Schwester sich, hört sich dabei genervt an und ich kann mir bildlich vorstellen, wie sie mit den Augen rollten. Ich seufze nur, was soll ich den erwidern. Meine Schwester sagt immer ab, ich habe mir nicht einmal die Hoffnung gemacht, das sie kommt. »Olivia? Hörst du mir zu? Ich sagte ich kann nicht kommen, aber du kannst doch zu mir kommen. Soweit wohne ich auch nicht weg und dann kommst du mal aus dem Kaff raus. Du wohnst doch immer noch in der gleichen Ortschaft oder?«

»Jess, ich kann nicht. Ich habe zu viel Arbeit«, flunkere ich mit einem seufzen als ich es mir gemütlich mache, auf meinem Sessel. »Ich muss meine Ausgaben doch irgendwoher bezahlen und das Geschäft läuft gut. Ich habe mir hier meine Kundschaft aufgebaut.«

»Du hast den Laden immer noch? Machst du immer noch das gleiche? Diese komische Kleidung nähen? Ich verstehe dich nicht, du sollst doch etwas anständiges machen. Das kann doch nicht deine Zukunft sein, vor allem nicht in so einem Kaff. Dann zieh wenigstens in eine Großstadt, wo es sich lohnt. Deine Kundschaft muss doch weg laufen, wenn sie hören wo du wohnst. Du könntest zu mir kommen, dir einige leerstehende Geschäften ansehen und es dir doch überlegen. Besser als am Ende der Welt und du wärst auch in meiner Nähe. Dann könntest du auch mal mich besuchen und ich nicht immer dich.«

»Jess, mein Geschäft läuft.«, erwidre ich nur. Es hat doch keinen Sinn, ihr den Unterschied zu erklären. Für sie ist es nur komische Kleidung, dabei sind es nicht nur Kostüme für irgendwelche Cosplays die ich Nähe. Aber für Jess ist es nur komische Kleidung. Nichts womit ich meinen Lebensunterhalt verdienen sollte. Ihr ist es lieber ich sitze unglücklich in einem Buro als Sekretärin und bekommen jeden Monat am gleichen Tag, das gleiche Gehalt. Mein Geschäft läuft gut und es macht mir nichts aus, das ich den einen Monat mehr als im anderen verdiene. Das gehört dazu.

»Wie lange denn noch? Irgendwann musst du dein Geschäft Modell erweitern und dabei könnte ich dir helfen. Du bist meine kleine Schwester, Olivia, ich möchte bloß das deine Zukunft gesichert ist.«, argumentiert Jess weiter. Eine sinnlose Diskussion, die wir schon so oft geführt haben.

»Mir gefällt es hier, Jess.«, antworte ich leise und sehe dabei nach draußen. »Außerdem kann ich hier nicht einfach weg ziehen. Ich habe hier meine Kunden und es gibt auch noch die Post, du weißt doch, dass ich meine Aufträge auch verschicke.«

Ich will nicht in Ihre Nähe ziehen. Das würde unsere Beziehung nur verschlechtern, nicht das sie schon gut ist. Wir diskutieren nur, alles was ich mache, ist nicht gut genug für Jess. Und Ihr Ehemann erst. Thomas kann mich so gar nicht leiden und seine Familie erst gar nicht. Für die wäre ich besser dran, wenn ich Tod wäre. Es gibt genug Gründe, weshalb ich hier bleiben möchte. Weit weg von meiner großen Schwester. Vielleicht sollte ich einfach auflegen und jemand anderes anrufen. Lorcan oder Hunter. Beide sind eigentlich rund um die Uhr zu erreichen und sind auch immer bereit, sich mit mir irgendwo zu treffen. Außerdem beherrschen beide auch fast immer meine Gedanken.

»Olivia, denk doch einfach über mein Angebot nach und ruf doch bitte öfter an, kleine Schwester. Wir hören uns.«, verabschiedet Jess sich bei mir bevor sie auflegt. Deprimiert schmeiße ich mein Haustelefon auf die Couch und lasse meinen Kopf nach hinten fallen. Ich sollte mir wirklich Freunde besorgen oder ein Haustier. Eine Katze oder lieber einen Hund? Ich sollte mir aber kein Haustier anschaffen, dass auf mich angewiesen ist. Dann stirbt es mir wahrscheinlich weg. Also kommen keine andere Tiere in Frage. Es gibt in der Nähe bestimmt ein Tierheim. Ich kann einfach vorbei schauen, vielleicht sticht mir ein Tier ins Auge und dann habe ich jemanden, der Zuhause sehnsüchtig auf mich wartet. Diese Gedanken kommen doch nur, weil ich mich an Hunter und Lorcan gewöhnt habe.

Vielleicht sollte ich ihm wieder um ein Date bitten. Diesmal zum Tierheim. Obwohl, ich möchte auch deren Zuhause sehen. Ich sollte das unbedingt behalten. Die beiden können gut vom Thema ablenken. 

»Du willst ein Date? Ein richtiges Date? Mit essen gehen und Blumen und ein Abschiedskuss auf die Wange? So ein Date.«, erkundigt Hunter sich bei mir. Durch das Telefon hindurch kann ich seine Verwunderung hören. Ich weiß nicht welcher Dämon gerade Besitz von mir ergriffen hat, aber ich mag Ihn. Dieses Selbstvertrauen gefällt mir. Hunter hat mir schon gezeigt, dass er Interesse an mir hat. Also kann ich ihn doch auch um ein Date bitten. Wir leben nicht mehr im Mittelalter. Ich, als Frau, kann auch die Initiative ergreifen.

»Ja. Mit alles Drum und Dran. So viel ist das ja nicht verlangt. Wir hatten immerhin schon Sex. Sex habe ich normalerweise nach einen dritten oder vierten Date, nie vorher also müssen wir auf jeden Fall noch ein paar Dates haben. Und auch ohne Lorcan. Ich mag den Jungen, aber ich möchte keine Beziehung mit ihm sondern mit dir. Du willst doch keinen Menage á trois oder? Dann muss ich nämlich schon absagen. Ich stehe eher auf Monogamie. Außerdem ist Lorcan ziemlich jung und er hegt auch nicht solch ein Interesse an mir. Hoffe ich doch. Tut er nicht oder? Ich möchte ihn nicht verletzten, aber er ist eher wie ein jüngerer Bruder für mich und nicht wie ein potenzieller Freund, nicht so wie du. Ich -«, fange ich an nervös zu plappern. Ich will doch einfach nur ein Date mit ihm haben, wieso muss er das hinterfragen.

»Elfchen, du plapperst. Lorcan hegt kein Interesse an dir. Sag einfach, wann und ich hol dich ab. Ich zähle Lorcan als Familienmitglied. Zuhause wird er nicht unbedingt akzeptiert. Deswegen begleitet er mich meistens.«, werde ich von Hunter unterbrochen. Ich drehe mich auf die Seite und ziehe dabei meine Decke höher. Ich habe ihn mitten in der Nacht angerufen, um ein Date auszumachen. Ich. Nicht er. Trotzdem ist er ohne zu zögern ans Handy gegangen.

»Übermorgen. Gegen Sechs Uhr. Lorcan kann von mir aus auch seine Zeit hier absitzen. Wieso wird er denn nicht akzeptiert? Er ist doch ein ganz lieber Junge. Also was für Probleme hat er denn oder verursacht er welche? Und mit wie vielen wohnt ihr zusammen? Ich bin jetzt wirklich neugierig. Ich sollte vielleicht mal zu Besuch kommen. Ich hoffe doch sein Zimmer hat ein wenig Deko. Es hat doch Dekoration oder? Bitte sag mir, dass da nicht nur ein Bett, ein Kleiderschrank und ein Schreibtisch mit Stuhl drin steht? Hunter? Hunter bist du noch da?«, erkundige ich mich besorgt bei meinem Liebhaber mit dem ich mir ein Date gesichert habe.

»Natürlich, du redest einfach zu viel. Irgendwann kannst du sein Zimmer sehen, nicht jetzt. Nach unserem Date muss ich für ein paar Tage verreisen. Lorcan wird dich dann öfter besuchen kommen. Der Wagen wird vollgetankt sein, also könnt ihr ruhig spazieren fahren.«, informiert Hunter mich.


Unser Date war Fantastisch, obwohl Hunter nicht unbedingt die besten Manieren hatte. Er war vielleicht ein wenig ungeduldig. Zu ungeduldig und er ist auch ziemlich Besitzergreifend. Das muss ich ihm unbedingt sagen. Vielleicht bleibt Lorcan zum Abendessen und wir könnten ins Kino gehen. Für ein Achtzehnjährigen hatte er bisher, wirklich kein Leben. Er muss doch einer Sekte entlaufen sein. So eine die glaubt, sie müssten wie im Achtzehnten Jahrhundert leben, weil Gott es befehligt. Was für ein Unsinn, aber es ist auch eine plausible Erklärung für Lorcans Naivität. Ich mache einfach eine Liste, was der Junge alles gesehen und gehört haben muss.



Eure Linkszanne

(Montag, der 8 Juni 2020)

Sonntag, der 25 April 2021

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