Der Haß unter Verwandten ist der stärkste
-Publius Cornelius Tacitus (römischer Geschichtsschreiber)
In den letzten Tagen hat sich nichts geändert. Lorcan schläft immer noch und Marcus, Hunter und ich wechseln uns ab an seinem Bett zu sitzen. Es ist einfacher zu glauben, das Lorcan schläft als zu sagen das er im Koma liegt. Im Koma liegen bedeutet, dass er vielleicht nicht mehr aufwacht. Schlafen dagegen bedeutet das er aufwachen wird. Er muss. Lorcan hat sein ganzes Leben noch vor sich und ich kann seinen Tod noch nicht akzeptieren. Die Hoffnung stirbt zu Letzt, wie man so schön sagt. Es ist nicht so als würden wir unser Leben nicht weiterleben. Jedoch sind die Tage nicht so mit Glück erfüllt wie sie vorher waren. Als hätte sich die Sonne gegen Regenwolken eingetauscht.
»Ich kann nicht glauben, dass du Gardinen für mich genäht hast.«, lacht Marcus, legt einen Arm um meine Schulter und drückt Sekunden später einen Kuss auf meine Wange.
»Sie gefallen dir?«, erkundige ich und sehe ihn an.
»Natürlich ansonsten hätte ich dich über die Balustrade geworfen. Menschen haben keine Flügel«, erwidert Marcus keck. »Versteckst du dich vor jemanden? Ich musste dich regelrecht suchen.«
»Nein, ich wollte bloß meine Gedanken ordnen.«, versichere ich Ihn und lehne mich gegen seine Brust. »Die Aussicht ist atemberaubend. Du kannst meilenweit über den Wald sehen, in alle Windrichtungen.«
»Schlechte oder gute Gedanken?«
»Beides?«, beantworte ich seine Frage leise, und meine es auch genauso. Ich habe keine Ahnung wie ich mich fühlen soll. Gut oder schlecht? Glücklich oder Traurig? Eine Mischung aus beiden? »Es ist einfach eine schwierige Situation. Eine die ich noch nicht gemeistert habe. Ich brauchte einfach, ein wenig Zeit für mich. Zum Nachdenken, zum Weinen und um meinen Tee kalt werden zu lassen.«, lache nach dem ich meine jetzt kalte Tee Tasse berühre.
»Ich kann dir einen neuen Kochen, aber Olivia? Keiner kann auf so einer Situation vorbereitet sein. Sie kann morgen wieder eintreffen, und trotzdem wirst du davon überwältigt sein. So ist das leben. Ich würde mir eher sorgen machen, wenn es nicht so wäre. Soll ich dir einen Stuhl nach draußen tragen? Damit du es wenigsten bequem hast?«
»Nein, danke«, lehne ich ab. »Ich werde mir erstmal eine neue Tasse holen und dann suche ich Hunter mal. Deren Besprechung müsste schon längst beendet sein. Ich -«
»Ist sie nicht.«
»Bin mir sicher, dass wir uns anderweitig vergnügen können.«
»Du bist aber schmutzig«, grinst Marcus, während er die Balkontür für mich aufhält. »Ich hätte nicht gedacht, dass du so pervertiert bist. Vielleicht sollte ich ein Wort mit Hunter wechseln.«
»Ich dachte eher daran, dass er mir die Umgebung zeigt und wir schwimmen gehen. Außerdem habe ich Hunter bisher, noch nicht verwandelt gesehen und das möchte ich ändern. Der Wolf ist ein Teil von Ihm und dem sollte ich mich stellen, denkst du nicht?«, frage ich Marcus mit hochroten Wangen. Bisher habe ich nur Lorcan in seiner Wolfsform gesehen. Ich habe es gemieden meinen Gefährten beim Training zu zusehen und jedes Mal abgelehnt, wenn er es mir zeigen wollte. Vielleicht wollte ich seinen Wolf einfach noch nicht wahr haben. Werwölfe, Vampiren und Hexen sind nun einmal Märchengestalten. Sie stammen aus Legenden und Sagen, die man fürchten sollte. Ich hätte nie geglaubt, dass es wirklich welche gibt. Aber wenn ich weiterhin mit Hunter eine Beziehung fuhren möchte, dann sollte ich mich meiner Angst stellen. Ich möchte nicht das er sich meinetwegen verändert oder eine Seite von Ihm verdrängt.
»Doch, es wäre unfair gegenüber Hunter wenn du Angst vor seinem Wolf hast. Er und der Wolf sind eins. Es gibt den Wolf nicht ohne Hunter und es gibt Hunter nicht ohne den Wolf.«, stimmt Marcus mir zu. »Aber du solltest es nicht machen, wenn du dich wirklich fürchtest. Das ist unfair gegenüber Hunter. Dich dazu zu zwingen kann in einer Katastrophe enden. Eine Katastrophe, die eure Beziehung beenden könnte. Es ist kein Verbrechen ein Feigling zu sein.«
»Ich weiß, vielleicht hast du recht.«, flüstere ich nur und wende mich von Marcus ab. Vielleicht handle ich auch zu überstürzt. Soll ich wirklich noch warten?
»Olivia, warte.«, hält Marcus mich auf, dreht mich zu sich um und hält mich an den Schultern fest, damit ich ihm in die Augen sehe. »In diesem Haus gibt es mehrere Werwölfe und eine Pantherin. Du musst nicht unbedingt Hunter aussuchen, ich kann mich genauso verwandeln und ich weiß, dass Lorcan sich als einziger vor dich verwandelt hat. Wir könnten es jetzt tun und keiner würde es erfahren.«
»Was könnt ihr jetzt tun?«, erkundigt Hunter sich und materialisiert sich aus dem nichts. Erschrocken drehe ich mich zu ihm und drücke mir eine Hand auf die Brust. Mein Herz rast wie verrückt. Irgendwann werde ich einen Herzinfarkt haben wenn das so weiter geht. »Was könnt ihr jetzt tun und keiner würde es erfahren?«
Schweigend beiße ich mir auf die Lippen und sehe überall hin nur nicht zu Hunter. Ich sollte mir angewöhnen solche Themen nicht auf den Flur zu besprechen. Immer lande ich in der Patsche. Jedes Mal werde ich erwischt oder aber die belauschen mich, dass kann genauso gut sein und warten auf den Richtigen Moment um aufzutauchen.
»Olivia möchte dich gerne bei einer Verwandlung beobachten, aber sie fürchtet sich. Ich habe angeboten, mich vor ihren Augen zu verwandeln, natürlich bekleidet.«, beichtet Marcus meinem Gefährten mit zitternder Stimme. »Ich dachte es wäre schlauer wenn sie dich nicht dabei beobachtet, wenn sie sich fürchtet. Ich nehme es gern in Kauf das sie einige Wochen oder Monate Angst vor mir hat. So wäre es auch besser, du bist ihr Gefährte. Ihr beide teilt ein Bett und Lorcan würde sich deswegen bestimmt auch schuldig fühlen. Immerhin hat er sich ohne eine wirklich große Vorwarnung vor Olivias Augen verwandelt.«
»Ein guter Vorschlag. Ich werde euch begleiten.«, billigt Hunter den Vorschlag von Marcus während er die Augen nicht von mir lässt. »Draußen im Garten kannst du dich verwandeln. Olivia kann sich dort hinsetzen und es gibt genug Möglichkeiten wo du dich verstecken kannst, wenn sie sich ängstigt. Zieh aber deine Kleidung aus, es wäre schade wenn kaputt. Solange hast du es noch nicht. Außerdem hat sie sicher schon einen männlichen Hintern gesehen.«
Hunter hält die ganze Zeit meine Hand während wir nach draußen laufen. Meine Hand muss bestimmt nass sein vom Schweiß, aber er sagt nichts. Mein Herz beruhigt sich auch nicht, es schlägt immer schneller und schneller. Draußen setzen wir uns auf zwei Gartenstuhle hin.
»Elfe vergiss nicht, das ist immer noch Marcus.«, murmelt Hunter bevor er mir einen Kuss auf die Wange drückt. Als Antwort drücke ich seine Hand. »Sie soll nur deinen Hintern sehen, nichts anderes. Verstanden?«
»Sicher, ich möchte deine Gefährtin nicht schädigen. Nachher glaubt sie noch ich bin besser bestückt.«, lacht Marcus während er sein T-Shirt auszieht. Danach folgen Schuhe und Hose. Er zögert als er nur noch in Boxershorts vor uns steht. Ich kann Narben erkennen von Verbrennungen und Schnitten. Marcus ist nicht so kräftig wie die anderen Männer im Haus. Seine langjährige Gefangenschaft kann man an ihm erkennen. Es sind nicht nur die Narben sondern auch sein Körper. Schmächtiger und unterernährt.
»Du kannst dich jetzt noch rausreden.«
»Nein«, sage ich schnell bevor ich es mir anders überlegen kann. In seinem Adamsanzug steht Marcus vor mir. Gespannt sehe ich dabei zu, wie Marcus sich krümmt. Langsam brechen seinen Knochen, einem nach dem andern. Seine Verwandlung ist viel langsamer als die von Lorcan. Schwarzes Fell wächst rasend schnell über seine Haut und sein Kopf verändert sich. Seine Hände werden zu Pfoten und es bilden sich krallen. Marcus setzt sich auf den Hintern als er sich fertig verwandelt hat.
»Komm langsam auf uns zu.«, befehligt Hunter und hält seine Hand hin. Hechelnd kommt Marcus angelaufen und lässt sich von meinem Gefährten kraulen. »Elfe, jetzt du. Marcus lässt sich gerne kraulen.«
Eure Linkszanne
Dienstag, der 1 Juni 2021
(Montag, der 12 Oktober 2020)
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Rudelliebe
Kurt AdamSie lebt Ihr Leben, bis sie Ihn kennen lernt und es kein Zurück gibt. Er hat einen Jungen bei sich aufgenommen und dabei seine Familie gegen sich aufgebracht. Durch Ihn Gerät Sie in seine Welt und wird nicht lebend entkommen können. Er wollte Sie au...