Kapitel 3

423 26 2
                                    

Es war schon weit nach Mittag als Jiraiya und ich Seite an Seite durch die Straßen von Konoha schlenderten. Wir waren auf dem Weg zur Residenz des Hokages Tsunade, doch eilig hatten wir es nicht. Bis zu meinem Vorstellungsgespräch hatten wir noch ein wenig Zeit, die Jiraiya nutzen wollte, um mir die Stadt etwas zu zeigen. So ganz damit abgefunden, dass ich fürs Erste in dieser Stadt bleiben würde, hatte ich mich zwar noch nicht, aber weil das Wetter nicht schöner hätte sein können, nahm ich seinen Vorschlag an.

Still bummelte ich neben dem alten Kauz her und beobachtete schweigend das muntere Treiben, das in den Straßen herrschte. Ich war noch zu beleidigt, um es vor Jiraiya zuzugeben, aber die Stadt machte auf mich einen netten Eindruck.

Im Gegensatz zu meiner Heimatstadt gab es hier größtenteils nur staubige Sandstraßen und die meisten Häuser waren nicht aus Stein, sondern aus günstigeren Holzarten gebaut. Die Lebensverhältnisse schienen im Vergleich einfacher zu sein, aber dafür wirkten die Einwohner hier wesentlich glücklicher. Die Menschen unterhielten sich angeregt vor den einzelnen Läden und Verkaufsständen, lachten und genossen sichtlich das sonnige Wetter. Eine Rasselbande aus fünf kleinen Jungen und Mädchen kam stürmisch um ein Eckhaus gelaufen und wäre beinahe in uns hineingerannt, wenn wir nicht rechtzeitig ausgewichen wären. Als sie sich, ohne dabei anzuhalten, bei uns entschuldigten, konnte ich mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Lange hielt es jedoch nicht an, denn ich spührte genau, dass Jiraiya mich beobachtete und diese Genugtuung wollte ich ihm nicht bereiten.

Ich vermied es in seine Richtung zu sehen, bis er irgendwann plötzlich Halt machte und auf die Auslage eines Ladens zuging, welche die eines Buchladens zu sein schien. Jiraiya nahm das oberste Buch von einem kleinen Stapel hinunter und grinste dabei zufrieden hinunter, auf das Cover des orangefarbenen Buches. Mir schwante Böses...

„Obwohl es schon seit zwei Jahren auf dem Markt ist, verkauft es sich immernoch ausgesprochen gut...", meinte er mehr zu sich selbst gewandt als zu mir, während er seinen Schmuddelroman, das Flirtparadis, schnell durchblätterte.

Als er eine Weile so da stand und sein „Meisterwerk" ,wie er es oft nannte, bewunderte, blickte ich mich indessen weiter um und schenkte dem Kauz keine weitere Beachtung. Was mir jetzt noch fehlte, war sein perverser Roman als Gegenstand unserer Unterhaltung. Mir fiel zum Glück schnell der gegenüberliegende Drogeriemarkt auf. Eine für mich günstige Gelegenheit, um einem weiteren nervigem Gespräch aus dem Wege zu gehen.

„Wie ich sehe, brauchst du noch etwas... Ich gehe schnell ein paar Sachen besorgen, in Ordnung?", ohne den Blick von dem Buch in seinen Händen abzuwenden, nickte Jiraiya.

So machte ich kurzerhand einen Abstecher in den kleinen Laden, um mir dort den einen oder anderen Damenartikel zu besorgen, den ich ungern in Jiraiyas Beisein kaufen wollte.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Als ich nun mit meiner Einkaufstüte den Laden verließ, konnte ich beobachten, wie Jiraiya einige Meter von mir entfernt, einen Mann verabschiedete. Der Fremde ging mit einem aufgeschlagenen Buch, das er in Augenhöhe hielt, die Straße hinunter, aus der Jiraiya und ich gekommen waren. Seiner Uniform nach zu urteilen war er ein Jounin Konohas, doch diese Tatsache war für mich gerade nebensächlich. Las dieser Typ etwa ein Buch, während er durch die Straßen ging? Ich blickte ihm noch kurz stirnrunzelnd nach, doch mehr als sein abstehendes silbernes Haar konnte ich von ihm nicht mehr erkennen.

Ich wollte Jiraiya gerade fragen, wer denn dieser seltsame Kerl gewesen ist, doch er ließ mir keine Gelegenheit dazu.

„Na komm, oder willst du zu spät bei Tsunade aufschlagen? Sie würde mindestens einem von uns dafür den Kopf abreißen, schließlich musste sie dein Vorsprechen spontan zwischen ihre Termine schieben.", meine Augenbrauen huschten nach dieser Drohung einmal kurz hoch. Wer wollte schon freiwillig einen Kage verärgern.

Gemeinsam gingen wir nun ohne Umschweife direkt zur Residenz des Hokages...

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

„Da wären wir...", vor dem Eingangsbereich des riesigen Gebäudes bremste mich Jiraiya aus. Er blieb auf Höhe einer steinernen Mauer stehen und sah mich an.

„Ich muss jetzt auch schon weiter...Habe da noch etwas zu erledigen..."

Mit zu Schlitzen verengten Augen sah ich ihn an, doch er winkte ab.

„Es ist nicht so, wie du jetzt vielleicht denkst... Ich werde dich nachher wieder einsammeln. Viel Glück."

Ohne weiter auf sein Vorhaben eingegangen zu sein, verschwand Jiraiya auch schon mit einem Puff und ließ mich alleine vor der Eingangstür zurück.

Ein genervtes Stöhnen entfuhr meinen Lippen. Ich hatte gehofft, er würde mitkommen, nachdem er mich schon einfach in diese Stadt verschleppt hatte. Von der Vorstellung, nun ganz alleine dem Hokage gegenüber treten zu müssen, war ich nicht gerade angetan...

Da für mich weglaufen nicht in Frage kam, nahm ich den Türgriff in die Hand und öffnete schwungvoll die schwere Tür. Ein wenig unsicher betrat ich das Gebäude, schließlich wusste ich nicht einmal, wohin ich genau gehen sollte. Zum Glück kam mir gleich ein Mann entgegen, dessen braunes Haar die gesamte rechte Hälfte seines Gesichts bedeckte. An seiner Kopfbedeckung heftete das Symbol von Konoha – vermutlich war er ein Ninja, der hier arbeitete.

„Kann ich Ihnen helfen?", fragte er, während er grinsend auf mich zu kam.

„Ja, ich komme zum Vorstellungsgespräch, nur weiß ich leider nicht, wo genau ich hin muss.", etwas verlegen lächelte ich den Mann vor mir an, woraufhin sein Grinsen breiter wurde.

„Ach, dann sind Sie Mari, nicht wahr? Bitte, ich werde sie hochbringen...", er deutete mit offener Handfläche in Richtung der Treppe. „Ich heiße übrigens Izumo und bin einer von Tsunades Assistenten."

„Freut mich Sie kennen zu lernen...", sagte ich vor Nervosität ein wenig steif und nahm die Treppe nach Oben.

Jetzt, wo ich fast angekommen war, stieg die Aufregung in mir mit jeder Treppenstufe weiter an. Bis zu Tsunades Büro war es nicht weit, deshalb war ich ein bisschen verdutzt als Izumo wenige Meter nach der letzten Treppenstufe schon Halt machte und auf eine große Tür zeigte.

„Da sind wir auch schon.", sagte er, bevor er an der Tür klopfte.

„Ja?", eine unfreundlich klingende Stimme ertönte.

Ich nickte Izumo dankend zu, während ich durch die von ihm offen gehaltene Tür schritt.

Es war ein eigenartiges Gefühl plötzlich einem Kage gegenüber zu stehen. Wie gelähmt fühlte ich mich, als Tsunade mich von ihrem Platz aus mies gelaunt anstarrte. Neben ihrem mit Unterlagen vollgestellten Schreibtisch stand eine Frau mit kurzem braunen Haar, die vermutlich eine Assistentin von ihr war. Höflich verbeugte ich mich vor beiden, doch von ihnen kam keine Reaktion.

„Du bist also Mari, ja?", ohne Begrüßung sprach mich Tsunade in einem unfreundlichen Tonfall an, sodass mir noch mulmiger zu Mute wurde.

„Ja."

„Du bist....", begann sie, doch dann unterbrach sie sich selbst und wühlte stattdessen in ihren Unterlagen. Als sie einen bestimmten Zettel gefunden hatte, las sie laut: „...ein Chuunin aus Yu no Kuni und hast schon einmal als Assistentin gearbeitet...?"

„Das ist richtig.", bestätigte ich.

„Na dann... Du kannst morgen anfangen. Sei pünktlich um acht hier.", ungläubig sah ich sie an, während sie den Zettel zurück auf einen Stapel legte.

Ich wollte sie fragen, ob das ihr Ernst war, doch sie erhob sich auf einmal und verließ wortlos den Raum und ließ ihre Assistentin und mich einfach zurück.

Völlig perplex sah ich dabei zu, wie die Tür hinter ihr ins Schloss fiel.

„Sie ist nicht immer so, musst du wissen. Sie hatte nur gestern einen...anstrengenden Abend..", ich wandte mich der Brünetten zu, die mich verlegen anlächelte. „Mein Name ist übrigens Shizune..."

„Freut mich.", meinte ich, noch immer ein wenig irritiert von Tsunades plötzlichen Abgang.

„Alles Weitere besprechen wir morgen, in Ordnung? Ich muss jetzt schnell hinterher...", nun huschte auch Shizune aus dem Zimmer heraus.

Für eine Weile stand ich noch so dort und wusste nicht, was ich denken sollte. Es war das seltsamste Vorstellungsgespräch, das ich je hatte – und das kürzeste.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Als ich das Gebäude verließ, fand ich zu meiner Überraschung Jiraiya an der Steinmauer gelehnt. Offenbar schien er auf mich zu warten. Auf seiner linken Wange leuchtete der Abdruck einer Hand.

„Was ist mit deiner Wange?", fragte ich und zog die Stirn dabei kraus.

„Lass uns nicht darüber sprechen, ja?... Dann kann es ja morgen früh gleich losgehen, was?", mit einer Kopfbewegung wies er mich an, mich in Bewegung zu setzen. Irgendwie schien er es eilig zu haben...

„Äh, ja... Also liege ich richtig in der Annahme, dass du Tsunade den Handabdruck zu verdanken hast?"

Schmunzelnd rieb er sich die rote Stelle.

„Schon möglich. Komm, wir haben nicht viel Zeit..."

„Wieso? Hab ich noch ein Vorsprechen, von dem ich noch nichts weiß?"

„So in der Art... Wir sind mit jemanden zum Abendessen verabredet."

...

Icha Icha Marriage - Das Flirtparadies hat ausgedient (KakashixOC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt