Ich rannte das Treppenhaus des Kellers hoch. In der Eingangshalle blieb ich stehen. Frische Luft füllte meine Lunge auf, doch es fühlte sich nicht so an, als würde so ganz voll werden. Es fühlte sich so an, als würden meine Lunge und mein Herz eingekesselt werden, von langen Fingern die sich um meinen Brustkorb krallten.
Die ersten Tränen schossen mir in die Augen. Fest drückte ich mein Lippen aufeinander, um den Drang meine Gefühle loszulassen, los zu werden.
Ich fing wieder an zu laufen. Meine Schritte wurden mit jedem Meter, den ich hinter mir brachte, schneller. Die kleine Treppe hinter der Haustür stolperte ich herunter.
Die Sonne war schon untergegangen und die Nacht war herein gebrochen. Kein einziger Stern war am Himmel zu sehen und auch der Mond versteckte sich hinter den unzähligen Wolken. Kleine Tropfen fielen vom Himmel und platschten auf den trockenen Boden.
Aufeinmal fing ich an zu rennen. Ich rannte um mein leben. So als wäre jemand hinter mir her.
Doch ich wollte niemanden entkommen. Nein. Ich wollte meinen Gefühlen entkommen. Den Gefühlen, die innerhalb von Bruchteilen in tausende kleine Stücke zerbrochen sind und sich nun schmerzhaft in mein Herz bohrten. Es fühlte sich so an, als würden sie sich mit jedem Atemzug etwas tiefer bohren, mit dem Ziel es irgendwannkomplett zu zerstechen.
Meine Atmung wurde nach und nach Flacher und meine Beine fingen an nach zu lassen. Einzelne Tränen verließen meine Augen und rannten mein Gesicht hinunter. Nach etwa einem Kilometer, trat ich aus dem reichen Viertel heraus. Vor mir erstreckte sich ein kleine Landstraße, die hier und da von flackernden Laternen schwach erleuchtet wurde. Ich verlangsamte meinen Körper, sodass ich nur noch daher schlenderte. Der Regen um mich fing an sich zu verdichten. Immer größere Tropfen fielen auf meinen kurzen Jumpsuit und fingen an, diesen einzuweichen. Mit meinen Händen fing ich an über meine nackten Arme zu streichen, um sie etwas aufzuwärmen. Mein Körper fing an vor Kälte zu zittern, doch mein Verstand weigerte sich, sich umzudrehen und wieder ins warme und trockene zu gehen.
Meter für Meter schritt ich weiter, in die Dunkelheit. Die Laternen nahmen an Helligkeit ab und ließen mich noch einsamer fühlen.
Abwesend rieb ich durchgehend über meine Arme, doch es schenkte mir keine Wärem. Nichteinmal ansatzweise. Immer stärker fing mein Körper an zu zittern und jeder Schritt den ich machte, fiel mir schwerer.
Meine Kleidung klebte wie eine zweite Haut an mir und meine Haare fielen auch nicht mehr in lockeren Locken über meine Schultern. Genau wie meine Kleidung klebten sie an mir.
Nach und nach verließ mich der anfängliche Adrenalin und Müdigkeit breitete sich in mir aus. Meine Gestalt sackte immer mehr in sich zusammen, ohne das ich es kontrollieren konnte.
Ich schaffte es kaun einen klaren Gedanken zu schaffen. Es schien als wäre mein Verstand in einem riesigen schwarzen Raum, in dem immerwieder Gedankenfetzen vorbei rauschten, doch keinen von diese Fetzen schaffte es zu schnappen und zu einem Gedanken umzuwandeln.
Die Straßen Laterne über mir schien gerade mal so hell, dass ich meine Hände schwach vor mir sehen konnte. Die nächste Laterne, konnte ich nichteinmal mehr erkennen. Nur der leichte Schein eines orangenen Lichts ließ erahnen, dass sich dort überhaupt eine Laterne befand.
Müde lief ich weiter. Aufeinmal wurde ein Schatten vor mir geworfen, durch ein Licht, dass hinter mir auftrat. Ich drehte meinen Kopf und entdeckte zwei Scheinwerfer eines fahrenden Autos. Langsam fuhr es auf mich zu. Mit Absicht lief ich so nah, wie möglich am Seitenstreifen, damit das Auto ohne Probleme überholen konnte, doch das tat es nicht. Es kam nur wenige Meter hinter mir zum stehen. Mein Puls verschnellerte sich wieder und meine Schritte wurden wieder schneller. Ich hörte wie die Tür des Autos zugeschlagen wurde. Wieder lief ich etwas schneller.
"Lisa, bitte!" rief eine Person in die Nacht hinein. Sofort erstarrte mein ganzer Körper und ich blieb wie festgefroren stehen. Schritte näherten sich mir.
"Lisa hör mir zu, nur diese zwei Minuten und dann werde ich verschwinden" Nico trat in das Licht der Laterne über uns.
Aus großen Augen sah ich ihn an. Unfähig etwas zu sagen nickte ich nur.
Er machte ein paar Schritte auf mich zu, sodass er nun vor mir stand.
"Ich weiß, wie das für dich aussehen muss und du hast auch etwas recht mit deinem Bild. Am Anfang wollte ich nichts ernstes von dir. Vor drei Wochen, da, als ich deinen Namen gezogen habe, habe ich gedacht, dass du mir daraus helfen würdest. Ich weiß nicht warum, aber ich habe in dir nicht dieses schüchterne, nette und vorallem wunderschöne Mädchen gesehen. Ich bin davon ausgegangen, dass du genauso wie alle anderen Mädchen an unserer Schule bist. Ich dachte, du wärst auch nur auf das eine aus, doch das stimmte nicht. Eigentlich wolltest du nur deine Ruhe."
Kurz lachten wir beide auf.
"Doch irgendwie konnte ich mich nicht von dir lösen. Das Velangen nach deinem Körper war weg und ich wollte nur noch mehr über dich herausfinden. Ich wollte deine Geschichte, deine Ansichten, deine Ängste und alles andere wissen. Und dann haben wir uns zum erstenmal auf der Piyamaparty geküsst. Seitdem wollte ich mehr. Ich wollte dich nicht wieder freilassen. Ich wollte, dass du zu mir gehörst. Wegen dir habe ich zum erstenmal Gefühle für ein Mädchen empfunden. Du hast mir gezeigt, dass das alles mit Ayleen sinnlos war, dass es mir nicht helfen würde meine Einsamkeit loszuwerden. Ich habe gelernt, dass Menschen wie du, die Einsamkeit nehmen, allein schon durch ihr Lachen oder ihrer Anwesenheit.
Und ich kann verstehen, wenn du das alles jetzt hinterfragst, weil ich Mittwoch die Möglichkeit hatte, dir zu erzählen, dass ich dir die Aufgabe gestellt habe. Es war eigentlich eine perfekte Möglichkeit. Doch ich wollte sie nicht nutzen, weil ich zu große Angst hatte dich zu verlieren. Ich wollte den Moment nicht zerstören. Er war einfach zu schön. Und ich verstehe, wenn du jetzt willst, dass ich verschwinde, für immer. Ich würde es wahrscheinlich genauso machen, doch ich wollte, dass du weißt, dass ich es immer ernst gemeint habe. Alle Gefühle waren echt. Nichts war gespielt. Lebe wohl, Lisa. Du wirst noch den richtigen finden." mit Tränen in den Augen wand er sich von mir ab. Reflexartig griff ich nach seiner Hand. Er hielt in seiner Bewegung inne und drehte seinen Kopf zu mir."Lass mich nicht allein, bitte" flüsterte ich unter Tränen. Er kehrte sich mir wieder zu und legte eine Hand an meine Wange. Seine Haare hingen ihm Nass auf der Stirn. Von seiner schwarzen Jacke perlten Tropfen ab und seine Haut schimmerte im Licht.
"I-ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll." fing ich an.
"Du kannst dich noch bestimmt an meinen Albtraum auf der Piyamaparty erinnern. Er war nicht der erste von der Art. Vor etwa eineinhalb Jahren haben sie angefangen. Es passiert eigentlich immer das selbe. Jedes mal betrete ich den Raum und finde sie vor, wie damals. In den Sommerferien haben sie aufgehört, doch in der Nacht kam er zurück. Zeitgleich mit den Träumen, habe ich angefangen mich zu ritzen, um ein weiters Ventil, neben Sport, für meine Schmerzen zu haben. Zu der Zeit war ich in einem riesigen schwarzen Loch gefangen und habe keinen Ausweg gesehen. Ich hatte Selbstmordgedanken und das nicht nur einmal. Oft habe ich daran gedacht, dass ich mir auch einfach mit dem Rasiermesser direkt meine Pulsschlagader aufritzen könnte und somit alles vorbei wäre. Das einzige, was mich noch am Leben gehalten hat waren meine Brüder. Ich wollte ihnen nicht noch einen weiteren Tod antun. Das hatten sie nicht verdient.
Auf meiner Schule hatte meine Geschichte ziemlich schnell die Runde gemacht und ich wurde sofort von allen als 'Psychopath' abgestempelt. Alle meine Freunde haben sich von mir abgewandt. Seitdem verstecke ich meine Narben. Seitdem verstecke ich meine Geschichte und erzähle sie niemandem, weil ich Angst habe wieder verletzt zu werden." Tränen rannen meine Wange herunter."Was ist passiert?" fragte Nico vorsichtig.
"Das, was ich im Traum geschrien habe, ist war. Meine Eltern sind gestorben."
~1334 Wörter
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Task
Teen FictionTask Ein Spiel über einen gewissen Zeitraum. Ein Zeitraum, der von der einen Party bis zu der anderen Party reicht. Ein Spiel, in dem du eine Aufgabe eines anderen Partygasts erfüllen musst, und dabei ist es verdammt egal, wie peinlich oder unangene...