Kapitel 39

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Courage is knowing what not to fear.
- Plato -

Am nächsten Vormittag hatte ich nichts zu tun und so begab ich mich in das Krankenzimmer, um Saige zu besuchen, die dabei war, verschiedene Tests zu machen.

„Morgen," sagte ich und sie schaute lächelnd von der Lupe hoch.
„Hey! Gut geschlafen?"
„Geht so und du?"
„Gar nicht," erwiderte sie zwinkernd.
„Hast du etwa die ganze Nacht geforscht?," fragte ich ungläubig.
„Nur so kommt man an Ergebnisse."
„Hast du denn schon welche?"

Sie drehte sich auf dem Stuhl zu mir um.

„Leider noch nicht, aber ich arbeite mit Hochdruck."
„Mach dir keinen Stress. Ihr seid doch schon seit Jahren hier und habt auch ohne Antworten überlebt."
„Ja, aber Ryu will bald eine große Mission nach Houston veranstalten und die können wir nicht machen, ohne wenigstens etwas handfestes zu haben."
„Warte was? Seit wann ist das denn ein Plan?," fragte ich.
„Seit heute morgen. Jai ist anscheinend zu ihm gekommen und hat ihn überredet."
„Und was ist mit Odie?"
„Er hat erst gezögert, wurde dann aber überredet."
„Das ist überraschend."
Sie nickte. „Allerdings. Ich hätte nie erwartet, dass er so etwas zustimmt."
„Wieso nicht?"
„Odie war schon immer etwas..."

Sie kniff die Augen zusammen. Offensichtlich suchte sie nach dem passenden Wort.
„...vorsichtig."

Ein anderes Wort für feige.

„Kommt er mit auf die Mission?"
Jetzt lachte sie schallend. „Das kannst du vergessen. Dafür ist er zu..."
Wieder kniff sie die Augen zusammen.
Ich hob die Augenbrauen. „Vorsichtig?," schlug ich vor.
Sie hob den Zeigefinger. „Ganz genau."
„Hat es eigentlich schon mal jemand geschafft, dass Jai auf einen hört?," fragte ich nach einer Pause und grinste.
Sie lachte. „Nein und das wird auch nie passieren."
„Tja, ist es aber schon," antwortete ich und schaute sie herausfordernd an.
„Du bist echt... ich sollte mir eine Scheibe von dir abschneiden."

„Weißt du, wer bei der Mission, wenn es schon nicht Odie ist, dabei sein wird?," fragte ich.
„Nein, aber Ryu hat gerade erst angefangen zu planen, gedulde dich etwas. Ich bin mir sicher, dass er dich mitnehmen wird."
„Meinst du echt?" Daran hatte ich ja so meine Zweifel.
Doch Saige nickte überzeugt. „Klar. Du bist eine der besten im Lager, du kannst gut kämpfen und du bist mutig."
Ich lächelte bei ihren Worten. „Wollen wir es hoffen."
„Das wird schon. Jetzt muss ich aber mal weiter machen," sagte sie und winkte mir zum Abschied lächelnd zu.

Während ich zum Übungsplatz ging, um ein bisschen zu trainieren, fing mich Jai an der Tür ab.

„Quinn, warte kurz."
„Was ist?"
„Gute Nachrichten, Ryu und Odie haben der Mission zugestimmt."
„Ich weiß, Saige hat mir davon erzählt. Das ging ja echt schnell, wie konntest du sie überzeugen?"
Er zuckte die Schultern. „Musste ich gar nicht, sie fanden meine Idee direkt gut."
„Sogar Ryu?" Ich legte die Stirn in Falten. Das wirkte fast zu gut, um wahr zu sein.
„Ich konnte es auch erst nicht glauben. Er will sie ungefähr Mitte Dezember machen, uns bleiben also ungefähr 6 Wochen, um alle, die mitkommen, darauf vorzubereiten und derzeitige Ausbildungen abzuschließen."

Ich schaute ihn erschrocken an.

„Du sagst nicht das, was ich denke, was du sagst oder?"
„Hä?"
Ich verdrehte die Augen. „Violet. Kommt Violet mit?"
Seufzend antwortete er: „Es liegt nicht an mir, diese Entscheidung zu treffen. Aber ich denke, ja. Ryu möchte sie wahrscheinlich dabei haben."
„Ryu? Auf keinen Fall, er hasst sie."
„Woher willst du das denn wissen?"
„Hat er mir selbst gesagt. Oder zumindest angedeutet."
„Wieso redet ihr über Violet?"
„Vielleicht weil wir sie zusammen ausgebildet haben? Was du übrigens aufgetragen hast. Jai, wir kommen vom Thema ab."

Nach einem sehr unergründlichen Blick hatte er wieder seinen üblichen konzentrierten Gesichtsausdruck aufgesetzt.

„Also, wer kommt alles mit auf die Razzia?," fragte ich nun.
„Ryu, Harry, Lance, Leo, Violet, Teala, Sophie, du und ich."
„Sophie?," sagte ich und runzelte die Stirn. „Warum kommt sie mit?
„Sie hat die Fähigkeit, anderen Menschen bei Berührung einschlafen zu lassen. Das ist ziemlich beeindruckend, das musst du zugeben."
„Was, sie soll also rumgehen und unsere Feinde ein Nickerchen machen lassen?"

Er sah mich belustigt an.

„Was ist dein Problem mit ihr?"
Ich zuckte die Schultern. „Ich habe kein Problem mit ihr. Ich frage mich nur, warum Reign und Olivia nicht mit gehen dürfen."
„Nur weil sie deine Freundinnen sind, bedeutet das nicht automatisch, dass sie mitkommen."
„Das meine ich auch nicht. Aber ihre Fähigkeiten sind nützlicher und viel weiter ausgebildet als Sophies. Und ich kann mir auch nicht vorstellten, dass O ihren Bruder einfach so alleine gehen lassen wird."
„Reign und vor allem Olivia, haben Kräfte, die sie im Gegensatz zu uns ohne Ausnahme niemals in der Öffentlichkeit benutzen dürfen. Also sind sie uns nicht von großem Nutzen. Außerdem ist Sophie klein und schnell."
„Aber sie können kämpfen!," widersprach ich.

Ich wollte auf keinen Fall nach Houston gehen, wenn sie nicht mitkamen.

„Quinn, du vergisst, dass wir nicht kämpfen werden. Wir gehen dort rein, nehmen ein paar Geräte mit und gehen dann wieder."
„Und was ist, wenn uns jemand erwischt?"
Sein Ton wurde lauter und er trat näher. „Das wird nicht passieren, okay?"
„Was, wenn doch?," fragte ich und verschränkte die Arme.

Er seufzte und schaute kurz in Richtung Himmel.

„Quinn, bitte. Die Aufstellung steht fest. Ich habe schon alles abgesprochen mit Odie und Ryu und wir sind fast fertig mit dem Ablaufplan. Daran wird jetzt nichts mehr geändert," antwortete er bestimmt.
Ich ließ die Arme fallen.
„Na schön. Und was soll ich tun?"

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Entschuldigung, dass ich in letzter Zeit so unregelmäßig update, ich habe privat im Moment einfach sehr viel zu tun. Danke an die, die trotzdem nicht das Interesse verlieren und weiter lesen! <3

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