Kapitel 33

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„I don't even want you to nod, that's how much you annoy me. Just freeze and just up."
- Neal Stephenson, Snow Crash -

Und tatsächlich. Als ich eintraf, saß er an einem der Computer.

Zögernd ging ich zu ihm. „Odie?"
Er sah auf. „Was kann ich für dich tun?"
„Ich wollte fragen, ob du das mit Violets Ausbildung nochmal überdenken kannst."
„Was genau?"
„Dass Ryu und ich sie trainieren sollen."
„Quinn, ich weiß ja, dass du und Ryu nicht beste Freunde sind, aber jemand muss es halt tun."
Ich schüttelte den Kopf. „Es geht nicht um Ryu, sondern um Violet."

Odie legte den Kopf schief und sah mich fragend an. „Was ist zwischen euch denn passiert?"
Ich druckste. „Naja... das hat was mit meinem Freund zu tun...Ex-Freund jetzt."
Er hob eine Augenbraue. „Geht das etwas genauer?"
„Er hat mich mit ihr betrogen und sie reibt mir das immer unter die Nase. Und in Houston hat sie mir das Leben zur Hölle gemacht."

Ich erwartete, dass Odie streng wurde und mir sagte, dass ich mich zusammenreißen sollte, doch er überraschte mich.
„Versuche es mal so zu sehen: Wir sind nicht mehr in Houston. Du hast dich hier sehr verändert und bestimmt wird sie das auch noch."
„Ich weiß nicht...," sagte ich zweifelnd.
„Oh doch, glaub mir. Jeder, der hierher kommt, wird in irgendeiner Art und Weise anders. Das Leben hier macht einen viel selbstbewusster und reifer."

Er hatte Recht. Ich hatte mich tatsächlich auch schon verändert. Ich wusste zwar nicht inwiefern, aber das hatte ich.

„Und außerdem," fuhr er fort, „als ihre Ausbilderin hast du das Sagen. Sie muss auf dich hören und zudem kennst du dich hier schon aus, sie überhaupt nicht. Und vergiss nicht, dass Ryu bei dir ist, der kann sich ordentlich durchsetzen."
Ich lächelte ihn dankbar an. „Danke."
„Du wirst schon sehen. Lange wird sie ihr zickiges Gehabe eh nicht lange durchhalten können, dazu fehlen ihr die ganzen Klamotten und Schminke," fügte er noch hinzu und zwinkerte mir zu.

Mit einem Grinsen und mehr Selbstbewusstsein verließ ich die Zentrale und ging runter zu den Zelten.

Ich fand Ryu in dem Zelt vor, wo auch ich ausgebildet wurde.
Er war alleine und sortierte irgendetwas.

„Wo ist sie denn?," fragte ich.
„Wer?", sagte er.
„Violet."
„Keine Ahnung," sagte er und zuckte mit den Schultern.

Ich verdrehte die Augen.

„Meine Güte, ich finde das ja auch nicht so toll, besonders, dass wir zusammen arbeiten müssen, aber es muss halt sein."
„Also für mich ist es okay," antwortete er überraschend. „Ich reiße mich jetzt nicht drum, aber das geht schon in Ordnung."
„Echt?," fragte ich ungläubig. „Ich dachte, du hasst mich."
„Tue ich auch, aber ich kann Privates und Pflichten voneinander trennen. Und fasse das jetzt bitte nicht falsch auf, aber Violet ist fast noch schlimmer als du, Roberts," fügte er hinzu und ich musste hinter seinem Rücken grinsen.

„Hey Leute, ich soll mich hier melden," ertönte da Violets Stimme hinter uns und wir drehten uns um.
„Wenn man vom wahrhaftigen Teufel spricht," murmelte ich.

Sie stand im Eingang mit einem gelangweilten Blick und kaute ein Kaugummi.

„Wo hast du das her?," fragte Ryu und zeigte mit dem Finger auf ihren Mund.
„Das?," fragte Violet, nahm den Kaugummi ganz unschuldig spielend aus dem Mund und hielt ihn ihm vor die Nase.
„Ja," antwortete Ryu ohne den Blick von ihren Augen abzuwenden.

Seine Stimme klang fast schon bedrohlich. Wenn ich sie wäre, hätte ich spätestens jetzt Angst oder zumindest Respekt vor ihm. Doch sie blieb erstaunlich ruhig.

„Hab immer welche dabei."
„Damit ist jetzt Schluss. Wirf ihn weg."

Sie verdrehte die Augen, warf ihn dann aber tatsächlich in den Müll.

„Also, was machen wir?"
„Deine Ausbildung? Hast du nicht zugehört?," sagte ich.

Sie musterte mich von oben bis unten. „Was willst du denn hier?," fragte sie, als hätte sie erst jetzt gesehen, dass ich hier stand.

„Ich bin deine Ausbilderin," antwortete ich betont gelassen.
„Du? Und was soll bitte deine Kraft sein? Zu verlieren?
„Telepathie."
„Lass mich raten. Damit spionierst du Alec aus, weil du dir sicher bist, dass er dich immer noch unendlich doll liebt." Sie lachte und klimperte theatralisch mit den Wimpern.
„Fast. So habe ich rausgefunden, dass mein Ex-Freund noch mit der Schlampe zusammen war, mit der er mich betrogen hat."

Eiskalt sah ich sie an und verzog keine Miene. Ryu lachte neben mir auf, während Violet für einen kurzen Moment ihren arroganten Gesichtsausdruck verlor. Doch sofort fasste sie sich und grinste wieder.

„Okay, am besten fangen wir gleich mal an. Was ist deine Kraft?"," fragte Ryu Violet.
Sie sah mich an. „Hellsehen," antwortete sie.

Deswegen war sie also nicht überrascht gewesen, als sie mich auf dem Platz gesehen hatte.

„Wie äußert sich deine Kraft bei dir?," fragte Ryu weiter.
„Was soll das heißen?"
„Inwiefern kannst du Hellsehen? Kannst du weit in die Zukunft sehen?," fragte ich.
„Nein, so etwa eine halbe Stunde. Und dann sind die Bilder auch nur unscharf."
„Gut."
„Gut?," sagte sie und klang eingeschnappt. „Was soll ich denn bitte damit anfangen? Das ist die dümmste Fähigkeit überhaupt. Seid ihr nicht dafür da, meine Kraft zu verbessern?"

Ich kicherte und auch Ryu grinste, wobei er ebenso genervt aussah.

„Nein, wir sind dafür da, dich zu trainieren, deine Kraft richtig benutzen und einsetzen zu können. Wie sie aussieht, ist von vornherein festgelegt."
Sie schnaufte. „Ist ja öde."
„Tut mir leid, dass du es dir hier toller und spaßiger vorgestellt hast, aber das ist nun mal kein Ferienlager. Los jetzt, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit."
Wiederstrebend folgte sie Ryu ans Ende des Zelts.
Es erfüllte mich mit großer Zufriedenheit, wie sehr Ryu sie unter Kontrolle hatte.

Die nächste Stunde trainierte er sie überwiegend allein, während ich leider nur zusah. Ich hätte es ihr gerne so richtig gegeben, aber schlimmer war nur noch, dass sie sich überraschend gut dabei schlug.

Danach war der physische Teil dran.
Es gab keine Chance, dass sie darin gut sein würde. Sie war zwar mit einem unglaublichen Körper gesegnet worden, aber sie hatte die Fitness einer Kartoffel.

Doch je mehr sie boxte, Messer warf und Karate Moves vollführte, desto wütender wurde ich. Denn sie schaffte einfach alles. War sie vielleicht eine Art realer Ninja?

Sie drehte sich mit einem schwungvollen Wurf ihres langen Zopfes um und sagte:
„Ich hab ein bisschen trainiert, falls es dir nicht aufgefallen ist." Sie grinste und drehte sich wieder zu Ryu.
„Was machen wir jetzt?"
„Für heute sind wir fertig," sagte Ryu und klang dabei überraschend kalt und nicht wie erwartet stolz oder froh. „Du kannst gehen," fügte er hinzu.

„Was war das denn?," fragte ich, als sie weg war.
„Was meinst du?"
„Sie war großartig und du klingst nicht gerade glücklich."
„Gute Leistung ist eben nicht alles, was mich glücklich sein lässt," antwortete er und ging dann.

Was sollte das denn bedeuten? Manchmal sprach er wirklich in Rätseln.

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