Teil 20

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Herr Bacherts Blick war eine Mischung aus Wut und Enttäuschung, wobei ich mir Letzteres vielleicht nur einbildete.
„Deine Stimme ist so krass", jubelte Loreen mir zu und hob ihr Glas in meine Richtung. „Ich mache einen Superstar aus dir und verdiene mit dir so viel Geld, dass ich nie wieder arbeiten gehen muss."
„Manchmal bist du echt unmöglich", lachte Selene, von der ich nie im Leben diese unglaublich guten Tanzmoves erwartet hätte, nicht, weil ich sie ihr nicht zugetraut hätte, sondern viel mehr, weil sie mir dafür immer viel zu schüchtern vorgekommen war.
Trotzdem sah ich über den tanzenden Köpfen immer noch Herr Bachert am Eingang stehen, der fast ununterbrochen mit finsterer Miene in meine Richtung sah. Ich lehnte mich zu Bie, die ebenfalls zu dem lauten Beat tanzte und schrie über den Lärm hinweg:
„Wieso ist denn Herr Bachert hier? Ist das nicht nur für Schüler?" Bie folgte meinem Blick und drehte sich dann wieder zu mir.
„Ein Lehrer muss Aufsicht führen und kontrollieren, dass niemand Alkohol in die Getränke mischt", zwinkerte sie. „Aber der sieht ja aus als hätte ihm jemand auf sein wunderschönes Shirt gekotzt", fügte sie prustend hinzu. Mich amüsierte das eher weniger, jedoch durfte ich mir nichts anmerken lassen, weshalb ich ebenfalls lachte und meinen Blick von ihm abwandte.
So wurde ein Lied nach dem anderen gespielt und doch noch ein paar weitere Gesangstalente entdeckt, die die Stimmung weiter aufheizten. Gerade grölten wir lauthals zu „Eye Of The Tiger", als sich eine Hand von hinten auf meine Schulter legte. Aus irgendeinem Grund zickte ich zusammen und erwartete, Herrn Bachert hinter mir zu entdecken, sobald ich den Kopf drehte. Umso erleichterter war ich, als ich Nathan sah.
„Du singst wirklich wunderschön", bemerkte er und obwohl er sich mit erhobener Stimme über den Lärm hinwegsetzten musste, versprühte er eine angenehme Ruhige. Wären meine Wangen nicht bereits gerötet gewesen, hätten sie sich spätestens jetzt verfärbt, als ich ein lautes und nicht so angenehm ruhiges „Danke" brüllte, wobei ich mir wie ein unsensibles Ding vorkam. Sofort wurde mir bewusst, dass ich ihm das Kompliment zurück geben sollte: „Deine Stimme ist auch der Hammer." Am liebsten hätte ich mir gegen den Kopf geschlagen. Wieso entglitten mir gerade jetzt die richtigen Worte. Doch Nathan schien das nichts auszumachen.
„Möchtest du ein bisschen frische Luft schnappen?", fragte er und deutete mit dem Kopf Richtung Tür. Augenblicklich sah ich zu meinen Freunden, bei denen mein Besuch natürlich nicht unbemerkt geblieben war.
„Na geh schon", rief Loreen und zog wissend die Augenbrauen nach oben. Ich rollte mit den Augen und musste lachen. Auch Selene und Bie nickten mir zustimmend zu. Bevor ich mich rumdrehen konnte, um Richtung Tür zu gehen, zog Loreen mich zurück, näherte sich meinem Gesicht und flüsterte ganz nah an meinem Ohr: „Mach nichts was ich nicht auch machen würde." Leider sagte sie es trotzdem so laut, dass Nathan es bestimmt gehört hatte und dabei war ich mir nicht mal sicher, ob sie das nicht vielleicht beabsichtigt hatte.
An der Tür begegnete ich Herrn Bachert, der Nathan keines Blickes würdigte und mich mit einer Mischung aus Misstrauen, Wut und vielleicht sowas wie Enttäuschung ansah, wobei ich mir bei letzterem nicht sicher sein konnte.
„Passen Sie auf sich auf und bleiben Sie nicht zu lange. Nicht das die Party vorbei es, wenn sie wiederkommen." Seine Stimme war mehr ein Zischen, als ich an ihm vorbei ging. Die Warnung in dieser Botschaft war kaum zu überhören und augenblicklich stellten sich meine Härchen auf. Als wir an ihm vorbei waren und die Treppe erreichten bemerkte Nathan leise, als hätte er Angst Herr Bachert könne ihn trotz des enormen Abstands noch hören:
„Ich finde ihn ziemlich merkwürdig. Keine Ahnung warum so ein unsympathischer Typ ausgerechnet Lehrer wird."
Ich hätte ihm zustimmen sollen, denn dasselbe hatte ich mich auch schon des öfteren gefragt, doch erinnerte ich mich auch an diesen kleinen Schimmer von Wärme in seinen Augen, den ich nur ein einziges Mal sehen durfte.
„Vielleicht hat er ja seine Gründe", erwiderte ich, ohne groß darüber nachzudenken, einfach nur, um ihn ein wenig zu verteidigen. Schon fing ich Nathans zweifelnden Blick auf. „Also das rechtfertigt natürlich nicht sein ungerechtes Verhalten den Schülern gegenüber. Ich meine ja nur, dass man nie weiß, was andere Menschen so erlebt haben und was sie in der Vergangenheit geprägt hat." Sofort wurde sein Blick ein wenig weicher.
„Du bist viel zu gut für diese Welt. Ich hoffe, dass dir das nicht mal irgendwann schadet."
Mein schlechtes Gewissen meldete sich augenblicklich. Ich hatte was, was auch immer das war, mit einem Lehrer, so gut konnte ich also nicht sein.
„Ich denke, du hälst mich für besser als ich bin", sagte ich deshalb leise. Wir erreichten den Ausgang, der gottseidank geöffnet war. Die kühle Luft tat unendlich gut, als wir ins Freie traten.
„Das denke ich nicht." Er blieb stehen und sah mich direkt an. „Ich denke, du bist genau so, wie du sein solltest." Nun waren es seine Worte, die mir eine Gänsehaut verschafften. Vor Verlegenheit wusste ich nicht recht, wohin ich meinen Blick wenden sollte, also schwirrten meine Augen von einem unwichtigen Punkt zum nächsten, ohne Nathan jemals richtig anzusehen.
Seine Worte waren schön, doch das Gefühl sie nicht verdient zu haben, quälte meinen Geist und ließ nicht zu, sie zu genießen. Nathan schien meine Verlegenheit falsch zu deuten, wobei ich nicht sicher war, wie sie tatsächlich wirken sollte, jedoch kam er einen Schritt auf mich zu und nahm meine Hand. Ohne es zu wollen, zuckte ich zurück und noch während ich das tat, war ich enttäuscht von mir selbst. So sehr, dass ich seinen verletzten Gesichtsausdruck nicht ertragen konnte und das schlimmste tat, was die Situation her gab: Ich lief davon. Ohne etwas zu sagen, ihn einfach draußen stehen lassend, lief ich zurück ins Gebäude, die Treppen hoch in Richtung meines Zimmers. Dort knallte ich die Tür zu und warf mich schreiend auf mein Bett.
Irgendwas musste sich ändern!

Lehrer meiner LustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt