Äste knackten unter ihren Füßen. Der Wald um sie herum wirkte schemenhaft im Dämmerlicht. Ein kühler Windzug fegte durch die Bäume und ließ Laub zu Boden segeln. Eine Weile schon lief sie ziellos umher. Es wurde langsam dunkel und sie ließ sich unter einem alten Baum nieder. Seine Wurzeln schienen sich meterweit im umliegenden Waldboden zu strecken. Nur noch wenige Blätter hingen in der riesigen Baumkrone.
„Ich bin gekommen, um zu reden“, sagte sie leise.
„Du kommst jetzt,um mit mir zu reden?“, bekam sie prompt eine Antwort.
„Ich weiß, ich habe dich warten lassen. Ich brauchte bloß etwas Zeit für mich.“ Die Unsicherheit Klang deutlich in ihrer Stimme mit.
„Wie du meinst. Na, worüber wollen wir dann sprechen?“ Der Hohn war unüberhörbar.
Sie öffnet den Mund, schwieg und schloss ihn wieder.
„Na gut, dann fange ich an. Wir wollten uns über ein Vergehen unterhalten. Die eine Sache, die du dir nicht verzeihen kannst...“
Sie kniff ihre Augen zusammen und ballte ihre Fäuste.
„Du kannst es also immer noch nicht aussprechen, wie lächerlich!“
Sie senkt den Kopf. „Ich wollte, dass du mir dabei hilfst, nicht dass du mich fertig machst!“
„Du machst dich nur selber fertig“, kam es ruhig zurück.
„Es stimmt, kein Mensch auf der Welt könnte mir so viel Schaden, wie ich mir selbst“, sie legt eine Pause ein. „Weißt du, ich würde mir auch jemand anderen als dich zum Reden suchen, aber wenn ich ihn alles erzähle, antwortet sie nur mit ratlosem Schweigen.“ Enttäuscht gestand sie dies.
„Überrascht dich das wirklich?“
Darauf schüttelte sie den Kopf. „Nein, ich habe selbst doch auch keine Antwort und das, was mir eine Antwort hätte geben können, habe ich verloren.“
„Und suchen willst du es nicht?“
„Ich habe schon probiert danach zu suchen aber - aber ich...“ Sie brach ab.
„Es tut zu sehr weh?“
Sie zuckte nur mit den Schultern.
„Was willst du nun tun?“
„Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich tue einfach das, was von mir erwartet wird, das ist sicher nicht falsch.“ Sie bekam keine Antwort mehr.
Ein erneuter Windstoß ließ sie frösteln. Mittlerweile war es dunkel geworden und die ersten Sterne zeigten sich im Himmel. Sie stand langsam auf und klopft das Laub von ihrer Hose.
„Ich hoffe wir reden bald wieder“, sprach sie in den einsamen Wald hinein.
Sie machte sich auf den Weg nach Hause, da es schon spät geworden war, beeilte sie sich nun. Geheuer war ihr dieser Wald nicht. Sie wollte ihn lieber schnell verlassen. Auf dem Rückweg dachte sie noch über ihr Gespräch nach. Es hat in ihr eine dumpfe Leere der Ziellosigkeit hinterlassen. Der Versuch, es mit anderen Gedanken hinfort zu wischen, gelangen ihr nicht. Sie wusste, dass dieses Gefühl sie wohl noch eine Weile begleiten würde.

DU LIEST GERADE
LIVING MEMORYS
Short StoryFür mich sind Kurzgeschichten der Schnittpunkt von Realität und Fantasie. Sie müssen keinen Regeln gehorchen und sind Frei zu sein was auch immer ich will. Genau dies verkörpern meine Kurzgeschichten Realität und Fantasie, um die Realität unkenntlic...