Diese Geschichte handelt von Sam und Max Jakobi. Sie gehört zu meinem Buch "Die Scharfschützin" und ich empfehle daher, diese zuerst zu lesen. Zwar wird die Welt weitgehend im Vorwort beschrieben und soweit nötig auch innerhalb der Geschichte erkl...
"Ich bin müde," jammerte der kleine, blonde Junge an seiner Seite und Sam konnte nur hoffen, dass beide es noch bis zum nächsten Unterschlupf schaffen würden. "Komm schon, nur noch ein paar Schritte, dann kannst du schlafen. Siehst du den Hügel da drüben? Dort gibt es einen Hohlraum unter einer Baumwurzel der uns Schutz bieten wird." Max blinzelte. "Da ist kein Baum," erklärte er weinerlich und Sam nickte. "Ich weiß, aber sein Stumpf und seine Wurzeln sind noch da."
Sam versuchte sich so gut es ging an die Wegbeschreibung zu erinnern und die Tipps, die seine Eltern ihm für diese Reise gegeben hatten. Dabei verfehlte er seinen Weg nicht, doch kam er mit dem kleinen Bruder an der Hand viel langsamer voran, als erwartet. Max tat sein Bestes, mit dem Älteren mitzuhalten, doch seinen viel kürzeren Beinen wurde eine Menge abverlangt und seine Energie reichte auch nicht für all zu lange Märsche.
Ebenfalls nicht vorher zu sehen waren die Widrigkeiten, die ihnen auf dem Weg entgegen treten würden. Ihr Zuhause lag in einer kleinen, künstlich erschaffenen Oase mitten in einer Wüstenlandschaft, doch die Kinder waren es gewohnt, vom späten Abend bis in den frühen Morgen wach zu sein und am Tag zu schlafen. Ein aufziehendes Gewitter verdeckte ihnen aber leider 2 Nächte lang das Mondlicht und zwang sie so, in absoluter Finsternis in einer Höhle auszuharren. "Kannst du nicht wenigstens Licht machen?" Die ängstliche Frage des Vierjährigen ließ Sam aufseufzen. "Max, es gibt hier nichts zu sehen außer die Wände der Höhle und uns. Wir haben uns alles hier einmal angesehen und du weißt doch wie ich aussehe." Die Taschenlampe, die sie dabei hatten, war zwar High-Tech, doch sie würde trotzdem nicht ewig halten und Sam konnte es sich nicht leisten, dass Licht zu verschwenden. Stattdessen versuchte er es mit Ablenkung. "Schließe die Augen, Mäxchen, und stell dir vor du bist mit mir in deinem Zimmer. Wir liegen im Bett und kuscheln und kneifen die Augen ganz fest zu, um das Licht des Tages auszuschließen."
Eine weitere Nacht verloren sie aufgrund eines Sandsturms. Dazu kam, dass die Menge, die die beiden an Essen und Trinken mit sich tragen konnten, begrenzt war. Irgendwann mussten sie einsehen, dass sie es ohne Hilfe nicht schaffen würden. Sam bemühte sich, Essen und vor allem Getränke so weit zu reduzieren wie eben möglich, aber er musste auch erkennen, dass er dies bei seinem Bruder nur bedingt tun konnte, denn ihn ruhig zu halten damit sie keinen Feinden in die Hände fielen war nur möglich, wenn er nicht ununterbrochen vor Hunger oder gar Durst weinte. Geschickt waren sie Begegnungen mit Fremden ausgewichen und von Versteck zu Versteck gewandert, doch dann kam der Tag an dem Sam klar wurde, dass er um Hilfe würde bitten müssen und somit auf andere zugehen.
Am Ende der ersten Nacht, nach dieser Entscheidung, trafen sie auf einen Ziegenhirten und bettelten ihn an. "Nur ein Schälchen Milch für jeden von uns? Bitte." Mit flehenden Augen und knurrenden Mägen fragten sie nach etwas, dass ihnen nicht nur den Hunger gestillt sondern auch die Wasservorräte etwas verlängert hätte, doch der alte Mann jagte sie davon. "Ich habe selbst nicht genug für meine eigene Familie und kann nicht noch zwei Taugenichtse durchfüttern." Seine Schreie verfolgten sie noch eine Weile bis sie schließlich eine kleine Höhle fanden in der sie den Tag verschlafen konnten. "Alles klar mit dir, Mäxchen?" Der Kleine sah mit großen, unschuldig-blauen Augen zu ihm auf. "Ich versuche mir gerade vorzustellen, dass es warme Ziegenmilch mit Sirup ist, die ich hier trinke." Gerührt von der Bereitschaft, seines jüngeren Bruders, alles zu tun, um durchzuhalten, klopft Sam ihm aufmunternd auf die Schulter. "Das ist eine großartige Idee, das werde ich auch mal probieren." Er nippte an seinem eigenen Wasser, rollte es durch den Mund und zwang sich ein breites Grinsen aufs Gesicht. "Ohhh, viel besser." Das Kichern das daraufhin erklang war ihm Lohn genug für seine Show.
In der nächsten Nacht trafen sie eine Frau die Feuerholz sammelte. "Ich habe nichts zu essen dabei und ich traue euch nicht. Deshalb könnt ihr auch nicht mit zu mir kommen, aber ihr seid auf dem richtigen Weg. In Europa wird man sich sicher um euch kümmern, viel Glück." Die Kinder wurden erneut abgewiesen und Max weinte und wollte nur noch nach Hause. "Mäxchen es tut mir leid, aber es gibt kein Zuhause mehr, wohin wir zurück können, es gibt nur noch die Möglichkeit, weiter zu gehen." Sam wusste, dass das nicht die besten Worte waren um den Kleinen zu beruhigen, aber er konnte auch nicht zulassen, dass dieser sich in Hoffnungen verlor, die unerreichbar geworden waren. "Warum hat uns die nette Frau nicht geholfen?" Sam seufzte. "Du kennst doch die erste Regel hier draußen?" Max nickt. "Vertraue niemandem und bring vor allem niemanden mit heim." Dafür erhielt er ein lobendes Schulterklopfen. "Du siehst, Mama hat das nicht nur gesagt um uns zu ärgern. Es ist eine Regel an die sich hier jeder hält." Der Kleine seufzte erst, nickte dann aber. "Sogar die Erwachsenen", erkannte er ernst. Den nächsten Tag verbrachten die beiden in einem dichten Gestrüpp in welches sie sich verkrochen und das ihnen Schutz vor der Hitze und der Entdeckung durch andere brachte. Nicht allerdings vor Regen, doch der war in dieser Gegend sowieso eher eine Seltenheit und blieb auch diesmal aus.
Zwei Nächte später sahen die Kinder kurz nach ihrem Aufbruch zwei Wanderer und wollten diese schon um Hilfe bitten, da wurden sie bemerkt und die Männer stürmten auf die Kinder los und schrien sie an: "Eure Rucksäcke gehören uns, gebt sie her und wir lassen Euch leben." Sam nahm den kleinen Bruder bei der Hand und wirbelte herum. "Zurück zur Höhle Max, schnell." Der Schutzraum des letzten Tages war zum Glück noch nah und in der Höhle gab es ein winziges Loch, welches durch die dicke Wand in einen kleinen Hohlraum führte, in dem sich die beiden in letzter Sekunde in Sicherheit bringen konnten. "Verdammt," ein Arm wurde durch das Loch gesteckt und eine Hand tastete ins Leere bei dem Versuch, eines der Kinder oder wenigstens ihr Gepäck zu ergreifen, doch die Kinder zogen sich noch ein Stück weiter zurück, dankbar dafür, dass der Fels hart und das Loch zu klein war, um die Männer durchzulassen, die es sich nun in der Höhle davor bequem machten. "Wir könnten sie ausräuchern?", schlug der Eine vor doch der Andere fand diese Idee zum Glück schlecht. "Wenn sie in dem Loch verrecken kommen wir auch nicht an ihre Sachen, Dummkopf. Lass uns einfach warten. Irgendwann werden sie schon wieder heraus kommen."
Die Angreifer wollten sie belagern, doch noch in derselben Nacht tauchte ein dritter Mann auf und warnte die anderen vor Soldaten, die im Anmarsch seien. "Ein gut ausgerüsteter Trupp ist direkt auf dem Weg hierher, die haben diese Höhle sicher auch für die nächste Pause im Visier." Unter Fluchen packten die Banditen eilig ihre sieben Sachen und verschwanden. "Ich kenne noch einen anderen Unterschlupf, aber wir müssen uns beeilen, um ihn noch vor der großen Hitze zu erreichen." Und so zogen die Belagerer ab doch Sam begann sich ernsthaft zu fragen, wie er es alleine jemals bis Europa schaffen sollte. "Sind sie weg? Gehen wir weiter?" Die dünne Stimme seines verängstigten Bruders drang an sein Ohr und er erkannte: Nein, nicht alleine, nur zusammen mit ihm, so hatte er es seinen Eltern versprochen. "Nein Max, heute ruhen wir aus. Iss was, trink was, streck deine Beine aus und schlafe so viel du kannst."
Er hatte keine Wahl, sie mussten in dem Versteck ausharren und auf die Soldaten warten. Und wenn sie da waren würde er entscheiden müssen, ob er sich ihnen zeigen und sie um Hilfe bitten sollte, oder nicht. Aber wie könnte er sie dazu überreden, ihnen zu helfen? Er hatte noch nie davon gehört, dass Soldaten Kinder retteten in dem sie diese nach Europa brachten. Sie waren doch dafür da, Außenland-Bewohner von der Stadt fern zu halten und nicht anders herum. Bring niemals einen Fremden in dein Haus, diese Regel galt für jeden auf der Welt.
Während Max bald eingeschlafen war, hielten diese Fragen Sam noch eine Weile wach. Irgendwann musste er doch eingeschlafen sein aber viel zu schnell weckten ihn die Stimmen von Männern wieder, die sich ganz in der Nähe unterhielten. Es ohne Hilfe weiter zu versuchen mit nochmal einem verlorenen Tag, machte die Entscheidung noch drängender.
Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.