Kapitel 14

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Fassungslos starrte ich auf das Ding in meiner Hand. Das musste meine Heimat sein. Frostige Kälte, der Geruch von Nadelholz und ein Meeresrauschen... Alle Gefühle, die mir in den letzten Tagen beim Wort 'Heimat' in den Sinn kamen passten zu diesem Bild. Diese Zeichnung könnte der Schlüssel zu all meinen Fragen sein. Ich musste nur herausfinden, wo sie gemacht wurde.

Um mich herum drehte sich alles. Hatte jemand diesen Bilderrahmen mit Absicht in den Beutel gesteckt oder war das Ganze nur ein sehr komischer Zufall? Nein, für einen Zufall war das zu perfekt. Ich hatte also zwei neue Missionen: Herauszufinden, welchen Ort dieses Bild zeigte und wer es mir in den Beutel gelegt hat. Und da ich am Nachmittag sowieso in der Bibliothek sein würde, nahm ich mir vor, mich auch einmal bei den Atlanten umzuschauen.

Davor hatte ich allerdings noch Unterricht und - Verdammt, ich war viel zu spät dran. Das Frühstück konnte ich vergessen und wenn ich nicht als letzter beim Unterricht erscheinen wollte, musste ich jetzt los.

Doch ein Blick auf den Boden sagte mir, dass ich das Zimmer besser nicht so hinterlassen sollte.

Wir wurden gestern noch darüber informiert, dass einige von den Grünen alle paar Tage bei den Neuen vorbeikommen würden, um unsere Räumlichkeiten mithilfe von ihren Wolligeln zu putzen. Wolligel waren kleine, fluffige Wesen, die sich nur wenigen Menschen zeigten, sich aber sehr aufgeweckt und verspielt verhielten, sobald sie jemandem vertrauten. Sie waren ideale Putzhelfer, denn für sie war Saubermachen ein einziges Vergnügen. Aber da sie so scheu waren, hatte ich noch nie das Glück einen von ihnen dazu zu animieren, für mich aufzuräumen.

Jedenfalls war es gefährlich, die Glassplitter auf dem Boden liegen zu lassen. Nicht nur für die Tiere, sondern auch für mich. Denn wenn der Grüne, der in mein Zimmer kommt, das sieht, würde das ein unangenehmes Nachspiel für mich haben. Seufzend machte ich mich also daran die Scherben zu beseitigen.

Als ich die Tür zum kleinen Laboratorium aufstieß, hefteten sich rund zwanzig Augenpaare auf mich. Eines davon war besonders vorwurfsvoll. Es gehörte einer fülligeren Frau mit kurzen lockigen Haaren: Madame Evander. Wie ich erfahren hatte, die einzige Lehrerin, die darauf bestand nur bei ihrem Nachnamen und 'Madame' genannt zu werden. Genau so eine Situation wollte ich eigentlich verhindern.

Es war totenstill im Raum, nur von irgendwoher hörte man ein kleines Fidel-Orchester spielen. Mit großen Augen wartete ich, dass jemand das Wort ergreifen würde, doch alle schienen zu erwarten, dass ich etwas sagte.

„Bin ich hier bei der Einführung in Tierkunde?", fragte ich zögerlich.

„Allerdings, setzen Sie sich, Cassius. Ich gehe mal davon aus, dass sie Probleme hatten den Raum zu finden?"

Das war zwar nur die halbe Wahrheit, aber besser als gar keine, also nickte ich und ließ mich auf dem einzig freien Platz am Rand nieder. Es gab keine Stühle, sondern nur flache Steine zum Sitzen. Sehr komfortabel...

„Gut, das verstehe ich. Sorgen Sie einfach dafür, dass es nicht nochmal vorkommt." Dann zog ein Stofftuch aus ihrem Ärmel, tupfte sich die Stirn ab und fügte noch hinzu: „Dieses Labor liegt aber auch wirklich tief unter der Erde. Es ist eine halbe Weltreise bis man hier unten ankommt. Und so stickig wie es hier ist, möchte ich am liebsten gar nicht anfangen mit dem Unterricht."

Als eine grinsende Schülerin daraufhin schon anfing ihren Beutel zu schließen und Anstalten machte den Raum zu verlassen, versteinerte sich Madame Evanders Miene jedoch wieder und sie zog ein großes Plakat von der Decke. Es zeigte einen Nebrun.

„Nara, was für ein Tier ist das?", fragte sie die türmende Schülerin. Diese stöhnte und setzte sich dann widerwillig an Ort und Stelle auf den Boden. Zugegeben, es machte in diesem Raum auch keinen Unterschied, ob man auf einem Stein oder dem Boden saß.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 08, 2020 ⏰

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