"Falsche Freunde können anfänglich ganz entzückend sein. Bis sie dir ihr Messer in den Rücken rammen und noch mal so richtig schön umdrehen." - Unknown
"Was willst du?", zische ich ohne ihn dabei eines Blickes zu würdigen. Ich bringe es einfach nicht über mich ihn anzusehen. Meinen besten Freund. Meinen besten Freund, der mich im Stich gelassen hat. Er ist nicht dein Freund. Er hätte ohne mit der Wimper zu zucken dabei zugesehn, wie du vergewaltig wirst. Er ist die längste Zeit dein Freund gewesen. Wut steigt wie glühend heiße Kohle in mir auf und ich umklammere meinen Kaffeebecher so fest, dass der Plastikdeckel mit einem Plopp abfällt.
"Bitte, Ash, wir müssen reden. Du musst verstehen, dass ich...", fängt er an und drückt meine Schulter. Ich springe auf und drehe mich ruckartig zu ihm um, um seine Hand wegzuschlagen. Wie kann er es wagen mich anzufassen. "Wehe du greifst mich auch nur ein weiteres Mal an!" Meine Stimme überschlägt sich und im Augenwinkel sehe ich, dass Maggi vor Schreck einen Kaffeebecher fallen lässt. Die braune Flüssigkeit rinnt über die Marmorplatte und tropft leise auf die Fliesen. "Ash du musst mir zuhören, ich..." Ich sehe den verzweifelten Ausdruck in Dans blutunterlaufenen Augen, die mir sogar vertrauter sind als meine eigenen. "Ich muss überhaupt nichts und schon gar nicht mit dir reden. Ich will dich nie wieder sehen, hast du mich verstanden!", ohne die Blicke zu beachten, die mir folgen, stürme ich aus dem Coffeeshop und knalle die Tür hinter mir zu.
Trotz der gefühl fünfundzwanzig Grad, die es mittlerweile hat, zittere ich am ganzen Körper. Aber nicht aus Angst wie gestern, sondern aus Wut und Hass auf die Person, die hinter mir herläuft. "Ashton! Bitte bleib stehen, es ist wirklich nicht so wie du denkst." Ich drehe mich um und schmeiße ihm meinen Kaffee vor die Füße. Der Expresso spritzt in alle Richtungen und hinterlässt dunkelbraune Spritzer auf seinen heißgeliebten AirForceOne. Verdient. "Es ist also nicht so wie ich denke, ja. Also wollte mich dein Freund nicht vergewaltigen. Also warst du nicht wieder stoned und bist nicht einfach lachend daneben gestanden, ohne auch nur darüber nachzudenken mir zu helfen!" Ich stehe jetzt so knapp vor ihm, dass ich seinen Atem auf meinen Wangen spüre. "Du bist ein Arschloch, Dan. Und egal was du jetzt sagst. Ich. Will. Dich. Nie. Wieder. Sehen." Bei jedem Wort schlage ich mit der Faust auf seine Brust ein und hoffe so sehr ihm dabei weh zu tun. Auch wenn dieser körperliche Schmerz es niemals mit dem Schmerz aufnehmen kann, den er meiner Seele zugefügt hat.
"Soll ich die Campuspolizei rufen?", fragt Maggi die uns auf den Parkplatz gefolgt ist. Ich drehe mich um, drauf und dran auch ihr die Meinung zu geigen, als mir klar wird, dass sie die Frage an mich gerichtet hat. Ich lasse meine Fäuste fallen und trotz meiner Wut bringe ich ein kleines Lächeln in ihre Richtung zu stande. Offensichtlich hat sich mein Bruder ausnahmsweise ein nettes Mädchen ausgesucht, denke ich und nehme mir vor ihn tatsächlich auf Maggi anzusprechen und vielleicht sogar ein gutes Wort für sie einzulegen. "Nein danke, nicht nötig. Dan wollte gerade gehen." Ich werfe ihm einen letzten, vernichtenden Blick zu und gehe. "Ashton, es tut mir leid, ich war nicht ich selbst. Du weißt, dass ich dir nie so etwas antun würde. Bitte." Dan brüllt mir hinterher, macht zu seinem Glück jedoch keine Anstalten mir zu folgen. "Verpisst dich Dan." Ohne mich umzudrehen zeige ich ihm den Mittelfinger und setze mich ins Auto. "Bitte erzähl es nicht Drew, hörst du!" Ich tue so als hätte ich ihn nicht gehört und drehe den Radio so laut bis die Boxen wummern, während ich vom Parkplatz rolle. Ich hatte mir noch überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, wie ich Andrew und Mia von der letzten Nacht erzählen sollte. Soll ich es ihnen erzählen? Sie werden mir ohne Zweifel glauben, aber dann geht auch ihre Freundschaft mit Dan in die Brüche. Ich seufze.
Wir alle waren die besten Freunde und unzertrennlich, seit der Grundschule. Nie hätte ich gedacht, dass einer von ihnen mich so hintergehen könnte, wie Dan. Mir kommen die Tränen und ich bin froh, dass ich in diesem Augenblick das Wohnheim erreiche, denn mir verschwimmt die Sicht und so hätte ich ziemlich sicher einen Unfall verursacht.
Ich versuche ruhig zu atmen, aber ich habe das Gefühl, als würde mir jemand mit aller Kraft auf die Brust drücken. Meine Lungen brennen und ich habe das Gefühl zu ersticken. Ich fühle mich wie ein Fisch auf dem Trockenen. Und dann kommen die Erinnerungen.
Meine Mum liegt am Boden. Überall ist Blut. So viel Blut. Ich kriege keine Luft mehr. Ich kann nicht mehr atmen. Ihre Augen starren an die Decke ohne etwas zu sehen. Ihr Nachthemd ist blutdurchtränkt. "Mum!", schrei ich und knie mich neben sie auf den Boden. Ich presse meine Hände an ihren Hals und taste nach ihrem Puls. Nichts. Ich finde den Puls nicht. Meine Sicht verschwimmt und ich taste ihren Körper ab, suche nach einem Anzeichen, dass sie noch lebt. "Mum! Mum, wach auf!" Ich schreie so laut ich kann, aber sie hört mich nicht. Sie bewegt sich nicht.
Eins, zwei, drei, vier... Ich zähle meine Atemzüge, versuche mich zu beruhigen. Versuche genug Luft in meine Lunge zu bekommen um nicht zu hyperventilieren und ohnächtig zu werden. Fünf, Sechs, Sieben... Ich atmen in den Stoff des Pullovers. Atme den herben Tannengeruch ein. Acht, Neun, Zehn... Langsam normalisiert sich meine Atmung und mein Körper übernimmt das Atmen wieder unwillkürlich, ohne, dass ich es ihm befehlen muss. Verdammt, verdammt, verdammt.
Ich hatte seit meinem zehnten Lebensjahr diese Panikattaken und eigentlich habe ich gelernt damit umzugehen. Die letzte Attake liegt bestimmt schon Monate zurück und langsam habe ich mich an ein Leben ohne gewöhnt. Ein Leben ohne die Erinnerungen an jene Nacht, als sich meine Mum das Leben genommen hat. Meine Therapeuten meinten, dass diese Flashbacks durch bestimmte Trigger ausgelöst werden. Anscheinend hatte ich einen neuen Trigger. Verdammt. Ich dachte ich hätte das alles hinter mir.
Seufzend atme ich noch ein paar Züge von seinem Geruch ein, bevor ich mir die tränenüberströhmten Wangen abwische und aus dem Auto steige.
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Dark Love - mich kannst du nicht vergessen (pausiert)
Romance~ Badboy and (not so) good girl ~ Jace Archer ist ein Badboy wie er im Buche steht. Heiß, beliebt und er lässt niemanden an sich heran. Und obwohl Ashton weiß, dass Jace Archer niemals sein Herz verliert, verliebt sie sich Hals über Kopf in ihn. De...