VIII: die Weisheiten von Mr.D

2.4K 163 83
                                    

Das Erste, was Nico sah, als er die Augen wieder aufmachte und den Arm vor dem Gesicht wegnahm, war Clovis, der aufgeschreckt und mit einer Menge Ruß im Gesicht auf seinem Platz saß.
Die Erste, die reagierte war Annabeth, indem sie zum Fester lief und laut nach den Heilern der Apollohütte schrie. Will hatte sich ebenfalls erhoben und half Clovis, zur Tür zu gehen. Als die Heiler mit dem geschockten Halbgott auf die Krankenstation verschwunden waren, machten sich Annabeth und Will daran, Travis zur Schnecke zu machen.

"Es ist schon schlimm genug, dass es die Dinger überhaupt im Camp-Kiosk gibt! Und dann musst du Knalltüte sie auch noch mit dir herumtragen! SELBSTZÜNDEND?! Bist du jetzt völlig abgehoben, Travis Stoll?", schrie Annabeth gerade, als Chiron zu Travis Glück hereinrollte.
Der Zentaur blickte erst zu Travis, dann zu dem rauchenden Platz von Clovis und seufzte. Er rollte etwas näher ander Tisch und tat so, als wäre nichts gewesen.

Allerdings wäre es dann sehr fragwürdig, warum Travis immer wieder wütende Blicke von den restlichen Beteiligten zugeworfen bekam.
"Lasst uns anfangen.", sagte Chiron. Er räusperte sich, bevor er fortfuhr.

"Wir werden morgen Abend Eroberung der Flagge spielen. Im Moment tragen Nike und Hephaistos die Flaggen.
Soweit ich weiß, haben sich Poseidon und Zeus mit Hephaistos verbündet, ebenso wie Hekate, Apollo, Dionysos, Hebe, Ares und Aphrodite. Mit Nike spielen Hades, Athene, Nemesis, Tyche, Demeter, Iris und Hermes."

Die Halbblute nickten bestätigend.
"Heute werden die Tutoren sich nach dem Hüttentreffen zusammensetzen und die Motive für die Perlen aussuchen."
Nico klinkte sich aus, da er weder Tutor war, noch interessierte es ihn. Zum Ende äußerten die anderen noch Vorschläge und Hinweise bezüglich des Camplebens.
Nico horchte auf, als Travis mit einem diabolischem Grinsen zu sprechen begann.

"Ich finde ja, es sollte eine neue Regel eingeführt werden.", begann der Hermessohn. "Wenn ein Junge und ein Mädchen nicht zusammen allein in einer Hütte sein dürfen, sollte das Gleiche auch für zwei Jungs gelten." Er schaute erst zu Nico, dann zu Will und dann wieder zu Nico.
Während Will sich plötzlich sehr für die Tischplatte zu interessieren schien, starrte Nico zu Travis.

Er überlegte, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, seine Unterweltkräfte spielen zu lassen und kam ziemlich schnell zu der Erkenntnis, dass Travis es verdient hatte. Er ballte seine Hände unter dem Tisch zu Fäusten.
Die Temperatur im Raum fiel schlagartig um mindestens zehn Grad und die wenigen Schatten schienen nach Travis zu greifen, der plötzlich so aussah, als wäre ihm sehr unwohl ihn seiner Haut.

Nico wollte schon triumphieren, da sah er Wills Blick. Es erschien ihm, als würde der Apollosohn direkt in sein Gewissen gucken und ihn nicht einfach nur wütend anschaute, wie jeder andere in diesem Moment.
Um ihre Blicke hatte Nico sich nicht geschert, doch als er Wills enttäuschte Augen sah, wurde ihm seltsam unwohl zu Mute.
Er hatte schon wieder eine Person, die ihm wichtig war, enttäuscht, Wills Vertrauen missbraucht.

Nicos Stuhl schabte nach hinten, als er äußerlich seelenruhig und innerlich kurz vor einer Panikattake aufstand und nach draußen lief.
Er hatte wieder dieses Gefühl gehabt.
Es war, als ob etwas Schweres auf seiner Brust lag und gleichzeitig seine Kehle wie zugeschnürt war, während sich in seinem Bauch ein Knoten bildete.

Er stützte sich auf das Geländer, und versuchte, sich einfach nur auf die sonnenbeschienenen Erdbeerfelder in der Nähe zu konzentrieren.
Nach einer Weile wurde sein Atem tatsächlich ruhiger und der Knoten löste sich langsam auf. Eine Zeit lang hörte er nichts außer seinen eigenen Atem und gedämpfte Stimmen von drinnen.
Ein paar Camper spielten Beachvolleyball oder trainierten, eine Gruppe Zwölf- oder Dreizehnjähriger lieferte sich bei den Hütten eine Wasserbombenschlacht.

"Hast du auch zu viel von dem Geschwafel?" Nico musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es der gelangweilte Mr. D war, der sprach.
"Oben auf dem Olymp beratschlagen sie auch gerade über alles und jeden.", erklärte der Gott weiter.
Nico drehte sich nun doch um.
"Über was denn?"
Mr. D zuckte mit den Schultern und meinte nur: "Betriebsgeheimnis.", woraufhin Nico schnaubte.

Der Weingott stand aus dem Liegestuhl auf und setzte sich in Bewegung, dann drehte er sich nochmal zu Nico um.

"Weißt du, Nicolius, ich weiß ja nicht, was da drinnen passiert ist und es interessiert mich auch nicht besonders...aber eines solltest du wissen:
Egal ob Freundschaft oder Beziehung, alles basiert auf Vertrauen. Wenn du nicht vertraust, werden die Anderen dir niemals vertrauen." Dann drehte er sich um und lief ins Haus. Nico schüttelte leicht den Kopf, wandte sich wieder um und schaute den Campern auf dem Volleyballfeld zu.

Nach einer Weile hörte er, wie jemand die Tür aufmachte und auf die Veranda trat. Erst als dieser Jemand sich neben ihn stellte, erkannte Nico, dass es Will war.
"Er hat es verdient.", versuchte Nico, sich zu rechtfertigen.
Will seufzte.
"Ich weiß. Ich mache mir nur verdammt nochmal Sorgen um dich, di Angelo."

Gegen Ende wurde sein Tonfall vorwurfsvoller. Nico musste sich trotzdem ein kleines Lächeln verkneifen.
Er macht sich Sorgen um mich, wie süß, dachte sein Unterbewusstsein und wiederholte es wie ein Mantra.
"Ich, äh...", brachte er heraus.
"Ich habe echt keine Lust, mich wieder zu entschuldigen, dieses Mal sogar, obwohl ich nichts falsch gemacht habe.", erklärte er, auch wenn er ein furchtbar schlechtes Gewissen hatte. Sein Stolz ließ eine weitere Entschuldigung eben dann doch nicht zu.

Will legte den Kopf schief und zog etwas aus seiner Hosentasche, was sich als eine kleine Phiole Einhorntrunk entpuppte.
"In deinem eigenen Interesse, di Angelo,", meinte er und reichte sie Nico. "nimmst du die Morgen vor dem Spiel."
Nico blieb nichts anderes übrig, also nickte er. Will war sichtlich erleichtert.

"Wegen dem Spiel morgen... pass einfach auf dich auf, okay?", bat Nico Will.
Dieser nickte.
"Das werde ich."
Er strich Nico vorsichtig über die Wange, was wieder dieses angenehme Kribbeln in ihm auslöste.
"Ich muss wieder rein. Wegen der Perlenbesprechung."
Will drehte sich fast schon hastig um, lief wieder rein und ließ den völlig verdatterten, rot angelaufenen Nico zurück.

𝚃𝚛𝚞𝚜𝚝 𝚖𝚎 || 𝚂𝚘𝚕𝚊𝚗𝚐𝚎𝚕𝚘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt