"...wenn er noch seine Macht hätte, wäre das Orakel nicht verstummt.", war das Erste, was Nico hörte, als er wieder zu sich kam. Die Stimme, die diesen Satz sagte, konnte er nicht identifizieren.
Er war so furchtbar müde, dass er sich am liebsten gleich wieder auf die andere Seite gedreht hätte, um weiter zu schlafen.
Nur ging es nicht.
Der Sohn des Hades spürte weder seine Finger, noch irgendeinen anderen Teil seines Körpers richtig. Er versuchte, gegen die Müdigkeit anzukämpfen, aber Hypnos hatte ihn schon wieder in seiner Gewalt.Als Nico das nächste Mal aufwachte, ging es ihm schon ein bisschen besser, er spürte seine Gliedmaßen wieder einigermaßen gut. Dieses Mal summte die Stimme vor sich hin. Eine Weile lauschte er ihr, dann begann er sich zu fragen, wo er sei.
Die feuchte, etwas modrige Luft ließ auf zwei Orte schließen: sein Zimmer im Palast seines Vaters oder die Hadeshütte.
Als sich bald darauf eine Tür öffnete, war Nico sich sicher, dass er in seinem Bett in Hütte 13 lag. Das Summen stoppte als die Tür sich öffnete.
"Wie geht es ihm?" fragte eine atemlose Stimme, die sich verdächtig nach Jason anhörte. Ihn so besorgt zu hören, zauberte Nico ein kaum merkliches Lächeln auf das Gesicht.
"Ich weiß nicht genau, ob er schon wieder so weit bei Bewusstsein ist, dass man es als schlafen bezeichnen kann.", antwortete die unbekannte Stimme.
Die Matratze neben Nico wurde eingedrückt und eine Hand strich ihm vorsichtig über die Schulter."Wieso ist er eigentlich nicht in der Krankenstation?", fragte irgendwo aus der Ecke zwischen Bett und Schrank ein gelangweilter Percy.
"Weil", eine weitere, Nico nicht bekannte Stimme, seufzte resignierend, "Chiron es für angebracht angesehen hat, ihn erstmal hier zu behalten."
"Ich war eben im Pavillon.", erzählte Jason, "diese kleinen Bestien aus der Hephaistoshütte erzählen überall herum, wie böse Nico doch sei."
Seine Stimme wurde trauriger. "Sie lassen in ihren Horrorgeschichten aber weg, dass Nico das alles unfreiwillig gemacht hat. Außer behaupten sie, Nico hätte noch gedroht, sie zu vernichten..."Nicos Herz wurde schwer. Er hatte nicht nur den Jungen, den er liebte verletzt, jetzt hassten ihn zusätzlich alle Camper.
Er unterdrückte den Drang zu schlucken, um sich nicht zu verraten, doch es brachte nichts. "Ach. ", meldete sich Unbekannt 1 wieder zu Wort.
"Der Herr hat sich entschieden, wieder unter den Lebenden zu weilen."
"Woher weißt du, dass er wach ist?" fragte Unbekannt 2.
"Ich spüre es.", kam die Antwort von weiter hinten im Raum, gefolgt von einem: "Jason, kipp ihm mal Eintarsia+ in die Fresse."Nico öffnete mühsam die Augen.
"Was'n das?", krächzte er, dann musste er heftig husten. "Kayla hat das so genannt.", erklärte Jason. "Einhorntrunk, Nektar, Ambrosia."
"Und wofür steht das Plus?", kam es aus Percys Ecke.
"Für irgendwelche Wildkräuter, die Wacholder da rein gekippt hat. Wahrscheinlich extra gut gegen die Auflösung in Schatten.", antwortete Jason, während er Nico das Glas an die Lippen hielt. Die dickflüssige Masse schmeckte wie eine Mischung aus warmem Kakao und Grünzeug.
"Das sind hochqualifizierte Heilkräuter.", kam es leicht pikiert von Unbekannt 2, auch bekannt als Wacholder. Unbekannt 1 stellte sich als Kayla heraus, die sich gleich darauf einen Stuhl schnappte und sich an Nicos Bett setzte."Wie gehts dir?", fragte sie sanft und Nico hatte trotzdem das Gefühl verhört zu werden. Er zuckte nur mit den Schultern.
"Ging schon mal besser. Was ist mit Will?" Kayla biss sich auf die Unterlippe.
"Es geht ihm den Umständen entsprechend." Bei dem Anblick von Nicos besorgtem Gesicht musste sie schmunzeln.
"Er wird es überleben. Seine Wunden heilen schneller als die von anderen Halbgöttern, in zwei oder drei Tagen ist er also wieder fit." Sie grinste schief.
"Dein Schwert hat ihm eine ziemliche Abreibung verpasst. Es ist aber nichts, was man nicht wieder hinbekommen könnte."Ihre aufmunternden Worte beruhigten Nico allerdings keines Wegs. Er ließ sich zurück in die Kissen fallen und man hörte nur noch ein leises "Verdammt..."
Percy erhob sich stöhnend.
"Ich hole Reyna. Sie ist so ziemlich die einzige, die etwas mit diesem Wrack aus Nico di Angelo anfangen kann. Wie ich gesehen habe, sitzt sie schon den ganzen Nachmittag im Pavillon und starrt Löcher in die Luft." Er lief zur Tür, dann drehte er sich nochmal um.
"Ich bin froh, dass du wieder wach bist, Nico. Komm, Wacholder, wir werden hier nicht länger gebraucht.", damit war er aus der Tür, Wacholder folgte ihm.
"Ich denke, wir sollten dann auch mal gehen.", meinte Kayla nach einem kurzen Augenblick des Schweigens. Sie und Jason standen auf, verabschiedeten sich und gingen ebenfalls.Nico bekam das alles nur halb mit.
Es war wieder passiert. Er hatte wieder die Kontrolle verloren.
Die Ausmaße waren viel kleiner als vor knapp einem Monat, doch trotzdem auf eine Art und Weise gigantisch groß. Dieses Mal hatte er nicht irgendeinen verräterischen Zenturio vergeistert, dieses mal hatte er eine Person, die ihm nahestand verletzt.
Dieses Mal hatte er Will verletzt.Plötzlich tauchte Reyna über ihm auf, die sich irgendwie durch seine düsteren Gedanken zu ihm hin gearbeitet haben musste.
"Meine Götter, das ist ja nicht zum aushalten.", schimpfte sie.
Sie packte Nicos Hände und zog ihn aus den blutroten Laken direkt in ihre Arme. Nico vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter.
"Ich bin ein Monster.", murmelte er irgendwann. Reyna schnaubte.
"Du bist am Boden, Nico, kein Monster."
Sie packte ihn an den Schultern und brachte ihn so dazu, sie anzusehen."Jetzt hör mir mal zu. Was du getan hast ist schlimm. Du hast jemanden echt schlimm verletzt."
"Danke, das hilft mir jetzt...", murmelte Nico. "Lässt du mich mal ausreden?! Du hast ihn verletzt und du hast in gewisser Weise auch Schuld daran. Und weder du noch jemand anderes darf dir einreden, du würdest unschuldig sein.
Aber Wunden können verheilen.
Und so wird es Wills Wunde auch. Und Will weiß das auch. Und sowohl er als auch ich wissen, dass du es zwar gemacht hast, aber nicht mit Absicht. Solange du zu deinen Taten stehst und auch einsiehst, wenn du etwas schlimmes getan hast, wird alles sich wieder einrenken. Vielleicht nicht so, wie du es dir vorstellst, aber so, wie es am besten für alle ist."___________________
Sorry an alle, die jetzt Eintarsia+ gegoogelt haben (Secrecy3000-), weil ich sie mit diesem Kapitelnamen vollends verwirrt habe.
Erwartet jetzt nicht, dass sie im nächsten Kapitel aufeinander zu rennen und schreien: "Ich liebe dich!"
Nicht mit mir. Ich habe ja nicht umsonst diese kleinen, leichtgläubigen Plagen von Hephaistoskindern erschaffen.An alle Hephaistoskinder da draußen: Nichts für ungut. Wirklich, ich mag euch. Aber irgendjemand musste herhalten...
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𝚃𝚛𝚞𝚜𝚝 𝚖𝚎 || 𝚂𝚘𝚕𝚊𝚗𝚐𝚎𝚕𝚘
FanfictionDer Gigantenkrieg liegt drei Wochen zurück und der vierzehnjährige Nico di Angelo hat sich dazu entschieden, im Camp Half-Blood zu bleiben. Nicht zuletzt wegen Will Solace, dem immer gut gelaunten Apollosohn. Nico weiß nicht, wie er mit seinem Gefüh...