Xaras Sicht:
Das Aufbrechen verlief heute recht zügig und ich war überrascht, wie eingespielt Charlie und ich schon waren. Man konnte es kaum glauben, doch das sarkastische Mädchen war mir sehr wichtig geworden und wir hatten schon einiges zusammen erlebt, uns einander gegenseitig anvertraut und gerettet. Wir waren zwei Mädchen von 18 und 17 Jahren und waren hier im Dschungel und kämpften ums Überleben. Und obwohl wir so verschieden waren und erst seit vier Tagen kannten, war es so, als würden wir es schon seit Jahren tun. Gerade standen wir vor einem wunderschönen Bach. Hätte ich mein Handy noch, würde ich viele Bilder machen und Charlie damit extrem nerven. Kurzerhand sprang Charlie in das seichte Gewässer und begann durch das Wasser zu waten. Fassungslos beobachtete ich das rothaarige Mädchen. Als Charlie hörte, dass ich ihr nicht folgte, blickte sie sich zu mir um und hob fragend ihre Augenbrauen. Abwartend sah sie mich an und mit einem Seufzen hüpfte auch ich in den Bach. Ich verzog mein Gesicht, als in meine Schuhe das Wasser lief und begann mich leise zu beschweren. Doch dann kam, was kommen musste: Ein Fuß rutschte auf den Steinen, die auf den Grund lagen, aus und ich fiel kreischend ins Wasser. Ich sah, wie Charlie erschrocken herumfuhr, dann wurde meine Sicht durch das Wasser getrübt. Ich setzte mich triefend nass aufrecht hin und sah zu Charlie, welche sich beinahe bepisste vor Lachen. „Das soll dir ein Zeichen sein, nicht zu fluchen, little X" giggelte Ginger. Ich schenkte ihr einen wütenden Blick und begann vorsichtig aufzustehen, darauf bedacht, ja nicht noch einmal auszurutschen. Hoch erhobenen Hauptes marschierte ich an der immer noch lachenden Charlie vorbei. Ich schritt weiter und konnte im Hintergrund Charlies Kichern hören. Ich blieb stehen und drehte mich zu Ginger um, welche nun bei mir ankam und sich an mir festklammerte. „Karma, meine Liebe, Karma." keuchte sie und kicherte weiter. „Pass auf, dass ich dich nicht gleich auch in den Bach werfe." knurrte ich, doch das schien Ginger nur zu amüsieren. „Ohoooooo" tönte sie belustig und hob abwehrend ihre Hände. „Pass auf, little X, das letzte Mal wurdest du auch bitter bestraft, vielleicht fällst du jetzt in einen Sumpf." gluckste Charlie vergnügt und klopfte mir auf die Schulter. Mit einem beleidigten Schnauben drehte ich mich von ihr weg und ging energisch weiter. „Hey, strange kid. Jetzt sei nicht beleidigt." rief mir Charlie hinterher, doch ich ignorierte sie gekonnt. Charlie war aber trotz ihrer Größe verdammt schnell und hatte ich schon erwähnt, dass sie starke Muskeln hatte, welche man besonders beim Schwimmen sah? Wenn nicht, habe ich es jetzt getan. Würde ich gegen Charlie kämpfen müssen, würde sie definitiv gewinnen, sie war bestimmt stärker als ich und deutlich wendiger, was ich bemerkt hatte, als wir unter all den Ästen, Baumstämmen und Lianen herlaufen mussten. „Ich habe was gut bei dir." sagte ich und grinste das braunäugige Mädchen an. „Was würdest du tun, wenn du deiner Ex wieder begegnen würdest?" fragte ich sie und blickte zu meiner Linken zu Charlie. Sie war still und sah so aus, als würde sie angestrengt überlegen. „Ich würde es ihr versuchen so gut wie möglich heimzuzahlen. Vielleicht mit Isaacs oder Kyles Hilfe, dass sie von ihm fallen gelassen wird. Sie kann es nicht haben, nicht das zu bekommen, was sie will oder dass jemand SIE nicht will. Das wäre eine tolle Rache. Doch ihr ihre Nase zu brechen und eventuell ihre Hand oder ihren Arm, klingt auch gut. Beides zusammen wäre einfach nur perfekt." Ich war überrascht, wie hasserfüllt das Mädchen war. „Wow, du hasst sie wirklich, hu?" wollte ich wissen und Ginger nickte verbissen. „Wegen ihr ist alles schlimmer geworden. Sie hat mir alles genommen. Mein Selbstwertgefühl, mein Vertrauen und meine Freude. Sie hat mir alles genommen, jetzt ist sie an der Reihe." Charlies Hand war in eine Faust gepresst und sie presste ihre Zähne zusammen. „Dann helfe ich dir dabei." sagte ich bestimmt und grinste sie an. Überrascht sah sie mich an: „Das würdest du machen?" fragte sie ungläubig. Ich nickte lächelnd: „Wozu sind Freunde denn da?". Sie lächelte berührt. „Sie kann sich auf ganz schön was gefasst machen, die dreckige Hure." zischte Ginger und grinste psychotisch. Sie konnte verdammt angsteinflößend sein, wenn sie wollte. Ich bin ehrlich, ich wollte ihr nicht in die Quere kommen. „Auf einer Skala von ein bis zehn, wie sehr hasst du sie?" wollte ich wissen. „Fünfzehn" zischte sie grimmig. Ich blickte unwohl gerade aus, dieses Thema war mir hier zu heikel. „Und was ist mit London?" fragte ich schnell. „London?" erwiderte sie überrascht und blickte mich an. Ich nickte: „Ja, er hat doch mit deiner Freundin gevögelt. Bist du gar nicht sauer auf ihn?" Ich sah aus dem Augenwinkel, wie sie den Kopf schüttelte. „Nein, erstens ist es nicht seine Schuld, dass sie mit ihm gefickt hatte, während sie mit mir zusammen war, und zweitens hatte er mir davon erzählt. Er hätte das auch lassen können." Ich nickte verstehend, das machte Sinn. „Und warum hattest du dann was mit ihm? War das als Rache für Emilie, dass du mit dem schläfst, mit dem sie dich betrogen hat? Wie konntest du das überhaupt?" Ginger atmete tief ein und es sah so aus, als würde sie überlegen, wie sie es formulieren sollte. „Natürlich hatte ich immer eine kleine Genugtuung dabei, wenn ich mit ihm geschlafen hatte. Aber nein, es war nicht als Rache gedacht, nicht in erste Linie. Und wie ich das konnte? Ich weiß nicht. Er hat mir zugehört, mehr als sonst jemand. Er war nicht der beste Freund, doch genau das, was ich damals gebraucht hatte." Danach waren wir still, keiner von uns wusste recht, wie er das Gespräch beginnen sollte. „Ich glaube, wir sollten bei dem nächsten Bach unser Lager aufbauen. Es wird eventuell bald dunkel und das sollten wir definitiv vorher erledigt haben." Charlie nickte zustimmend und so hielten wir Ausschau nach einem Bach oder dergleichen. Wie es das Glück so wollte, endeckten wir auch recht bald einen Fluss und errichteten dort unser Lager.
Das ist der Fluss am Ende
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Ginger und Little X
Novela JuvenilZwei Mädchen, die unterschiedlicher nicht sein können. Die sarkastische und grobe Charlie, welche von dem anderen Mädchen sehr genervt ist und die aufgeweckte und neugierige Xara, welche am liebsten alles über Charlie wissen will. Im Flugzeug sitzen...