Das Haus Teil 1

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Ich betrat die wunderschöne Eingangshalle. Die Halle war groß und lichtdurchflutet. Hat dieser Raum denn überhaupt keine Decke? Erstaunt blickte ich nach oben und sah, dass es zwar eine Decke gab, diese aber sehr weit oben war. Der Grund für das viele Licht im Raum war ein Dachfenster, dass über die komplette große des Raumes im Dach eingelassen war. Der Raum wurde nach oben hin von diesem Fenster begrenzt und wirkte durch die sehr hohe Decke riesig. 

„Theo, wer war 'n das?" Eine verschlafen aussehende Gina trat an das Geländer der Galerie im ersten Stock. Die Galerie hatte ich bis dahin noch nicht bemerkt, doch sie war genauso schön, wie der Raum in dem ich stand. Die Galerie war etwas nach hinten versetzt und von einem hüfthohen Geländer umgeben. Das einzige, was mir nicht gefiel waren die grauenhafte Tapete, die die Farbe von ranzigem Erbsenpüree hatte und die Bilder von streng blickenden Männern in Uniform. 

„Es sind Tiffy und Jo. Ich habe sie auch schon gefragt, was sie zu dieser frühen Stunde schon hier wollen." Fügte er hinzu als er sah, wie Gina ihr Gesicht verzog und ihren Mund öffnete um zu schimpfen. „Ich habe ihm erklärt, dass es sehr viele Menschen gibt, die so früh aufstehen." Ginas Cousine, Tiffy, kam fröhlich in den Raum und winkte ihrer mürrisch aussehenden Cousine verschmitzt zu. „Wenn wir schon hier sind, dann kannst d uns doch schon mal das Haus zeigen, nicht wahr Theo?" wandte sie sich jetzt an den verstrubbelten Mann neben mir. 

„Kann ich machen." Er wurde von einem Gähnen unterbrochen. „Ich geh mich nur schnell ordentlich anziehen. Setzt euch doch so lange dort hin und wartet." Er zeigte auf ein Sofa und verschwand durch eine Tür an der Seite des Raumes. Ich setzte mich und sah mich weiter um. Gegenüber von der Eingangstür befand sich eine imposante Flügeltür. An beiden Seiten des Raumes befanden sich Kopien dieser Tür, die allerdings deutlich kleiner waren. Durch die eine war Theo eben verschwunden, weswegen sie noch leicht offen stand, die andere war fest geschlossen. 

Das Sofa, auf dem ich saß stand neben der Flügeltür, auf der anderen Seite stand ein weiteres Sofa, das dem meinen bis ins kleinste glich, bis auf dass es Spiegelverkehrt dastand. Der Boden wurde bedeckt von einem dicken, dunkelroten Teppich, der die von Schritten verursachten Geräusche schluckte. Dieser Teppich muss einmal sehr prunkvoll gewesen sein, doch er war staubig und ausgetreten. Neben der Eingangstür war links eine Nische, in der eine Stange mit Kleiderbügeln für Mäntel und kleine Haken, an die man Hüte hängen konnte angebracht waren. Auf der anderen Seite der Tür war auch eine solche Nische, doch in dieser waren Regalbretter, auf denen Schuhe standen befestigt. 

Die Galerie markierte den Beginn des ersten Stockes. Sie ragte ungefähr einen halben Meter auf allen Seiten in den Raum hinein. Der Schnittpunkt von Galerie und Wand war reichhaltig mit Stuck verziert. Die komplette Eingangshalle war in einem verblassten Hellblau tapeziert, welches von ebenso ausgeblichenen goldenen Verzierungen unterbrochen wurde. An den Wänden hingen in regelmäßigem Abstand goldene Kerzenleuchter, die jedoch staubig waren und stumpf aussahen. Der Raum sah aus als wäre er schon lange nicht mehr gründlich gereinigt  und bevor man ihn ignorierte sehr oft genutzt worden. 

„Da bin ich wieder. Kommt mit, dann zeige ich euch das Haus." Theo trug jetzt helle Stoffhosen und ein lindgrünes Hemd. Seine rötlich braunen Haare sahen immer noch so aus, als ob er durch einen Sturm gelaufen wäre. Alles in allem sah er nicht mehr ganz so müde aus wie als er die Tür geöffnet hatte. Tiffy sprang erfreut auf und begann Theo mit Fragen zu bombardieren. „Wo werde ich schlafen? Wo ist die Küche? Wie lange wurde dieses Haus überhaupt nicht mehr genutzt? Es gehört deinen Eltern, oder? Warum schenken sie es dir einfach? Wichtige Frage: Wo geht es zur Toilette?"

Theo sah so aus, als könnte er nur mit Mühe einen Lachanfall zurückhalten. „Die Tür daraus" Er zeigte auf die Tür, durch die er gerade gekommen war „Da gehst du dann an der Treppe rechts vorbei und gerade aus und schon stehst du vor der Toilette." Dankend beeilte sich Tiffy in die angegebene Richtung. Theo konnte jetzt nicht mehr an sich halten. Prustend versuchte er mir irgendetwas mitzuteilen, doch ich konnte ihn leider absolut nicht verstehen. „Tut mir leid das so zu sagen, aber du klingst wie ein krankes Walross." 

Er wurde still und ich machte mich auf Ärger gefasst. Immerhin hatte ich ihn gerade beleidigt. Doch dann passierte etwas für mich gänzlich unerwartetes. Anstatt mich anzuschreien oder sogar gleich rauszuwerfen fing er wieder an zu lachen. „Du hast Recht." Eine Stimme hinter mir ließ mich zusammenfahren. Gina stand in der anderen Tür und schaute glücklich zu Theo. „Wenn er so lacht, klang er schon immer wie ein krankes Walross. Leider hat er in den letzten zwei Jahren fast nie so gelacht." Sie schaute mich unfassbar dankbar an. „Ich muss dir danken, du hast den Theo zurückgebracht, den ich kannte." 

Ich wurde sehr rot und mir wurde innerlich ganz warm. „Ich hab doch gar nichts gemacht. Aber wenn ich wirklich helfe..." Ich zuckte mit den Schultern. Theo hatte sich in der Zwischenzeit wieder beruhigt und umarmte Gina. „Das war gemein von dir. Du hättest sagen sollen ich habe etwas verschluckt oder so und dass ich normalerweise engelsgleich lache. Aber was machst du? Du erzählst rum, dass ich lache wie ein krankes Walross." Er schaute anklagend auf Gina herunter. Diese lachte nur und erwiderte: „Er wohnt jetzt hier Theo, du hättest nicht immer behaupten können, du hättest etwas verschluckt, ohne wie der letzte Idiot dazustehen." Ich pflichtete ihr bei: „Da hat sie recht, ich hätte spätestens nach dem dritten Mal gedacht, dass du doch nicht so kompetent bist, wie du aussiehst." 

Ich wusste selbst nicht, woher ich auf einmal so viel Selbstbewusstsein nahm, den Sohn des Bürgermeisters aufzuziehen, doch ich musste sagen, es war wirklich lustig wie Theo so tat als würde ihn das sehr treffen, er aber gleichzeitig immer noch so aussah als hätte er gleich die nächste Lachattacke. 

Tiffy betrat den Raum bevor dies passieren konnte und stürmte sogleich in Richtung ihrer Cousine. Nachdem sie diese zerquetscht hatte plapperte sie munter drauf los. „Ich denke, ich zeige Jo das Haus und ihr beide geht in den Salon und unterhaltet euch ersteinmal." Schlug Theo vor, womit wir alle einverstanden waren.

Slummy BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt