Kapitel 38

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Chloe

Noah übernimmt Bellas Kraft und hilft ihr gegen die Schmerzen.
Bei Bella können wir es beobachten. Grüne Äste mit Blättern treten aus ihrem Haaransatz hervor. Sie wachsen langsam. Bella schreit als sie über ihre Schläfe wachsen. Es muss höllisch wehtun.
    Die Äste wachsen um ein Auge herum und bis unter das Auge. Sie sind mintfarben und sehen hübsch aus. Keineswegs bedrohlich. Man könnte niemals ahnen, wie schmerzhaft sie sind.
Noah sieht besorgt aus.
    Bei Bella dauert es genauso lange wie bei mir und Jayden. Schätze ich zumindest.
    Noah lässt die Verbrennungen verheilen. Vorsichtig hebt er Bella in die Höhe und trägt sie in ihr Zimmer. „Ich komme gleich zu Jayden", sagt er noch über die Schulter.
Ich gehe wieder zu Jayden. Er schläft. Ich setze mich neben ihn. Ich fahre seine Lippen und seine Augenbrauen nach. Ich kann mich nicht davon abhalten. Sein Kinn ist ein wenig rau. Er muss sich bald wieder rasieren.
    Barfuß laufe ich hinüber in Bellas Zimmer, um zu sehen, ob es ihr gut geht. Sie liegt auf dem Bauch in ihrem Bett.
    Noah sieht sich nach mir um. „Sie hat auch Tätowierungen auf dem Rücken." Er hebt ihr Shirt und heilt ihre Wunden bevor er sie wieder zudeckt. Über ihren ganzen Rücken schlängeln sich die Äste. Noah heilt ihren Rücken und schiebt das Shirt wieder zurück.
    Auf Zehenspitzen verlassen wir das Zimmer und gehen zu Jayden.
    Noah widmet sich Jaydens Arm. Er ist voller rot-schwarzer Feuerzungen, die sogar seine Schulter und einen kleinen Teil seines Rückens einnehmen.
    „Dann versuchen wir jetzt wohl noch ein wenig Schlaf zu bekommen." Noah seufzt.
Ich habe schon lange nicht mehr das Bedürfnis gehabt schlafen zu müssen. Umso heftiger ist es in diesem Moment. „Da hast du recht." Ich gähne laut und begebe mich in Jaydens Zimmer.
Unser Vorhaben zu schlafen wird wettgemacht. Noch bevor ich die Tür hinter mir schließen konnte, kommt ein Schrei aus Tylers Zimmer.

Ich wache langsam auf. Als erstes betrachte die Ranken an meinem Arm. Sie schlängeln sich über meine ganze Schulter bis in meinen Oberarm und zu meinem Hals. Sie sehen so gefährlich aus wie die von Jayden. Es gefällt mir.
    Ich stehe auf und gehe in den Gemeinschaftsraum. Tyler sitzt dort schon am Tisch. Auch er hat dicke Rankentattoos bekommen. Sie sind wie seine Augen bernsteinfarben. Sie ziehen sich über seinen Rücken und spitzeln über seine Schultern.
    „Du hattest deine Offenbarung also auch noch", stellt Jayden fest, der das Ganze verschlafen hatte. Tyler nickt müde. „Genauso wie Bella."
    Wie als wäre das das Stichwort gewesen kommt Bella aus ihrem Zimmer. Sie sieht hübsch aus mit den mintfarbenen Ästen um ihr rechtes Auge.
    Erst jetzt bemerke ich Liam auf der Couch. Er liest in einem Buch, dann klappt er es zu und steht schwungvoll auf. „Was steht heute auf dem Plan?", fragt er.
    Wir zucken die Schultern. „Hast du noch vor bei Kafka vorbei zu sehen?", frage ich Jayden. Er schüttelt den Kopf. „Ja. Aber ich glaube es wäre am besten, wenn wir uns so bald wie möglich auf die Suche nach anderen Mitgliedern machen und versuchen Kara zu finden."
    Wir stimmen ihm zu. „Bella, wo ist die Front, an der du Kara gesehen hast?", fragt Tyler. Bella zeigt mit dem Finger in eine ungefähre Richtung. „Sehr weit im Südwesten von hier. Im Süden Asiens."
    Ich hole mein Cam heraus und öffne die Karte. Bella zeigt auf einen Punkt direkt am Meer. In der Welt der Menschen hieße das Land China, etwa 100 Kilometer entfernt liegt Peking, wenn ich mich richtig erinnere.
    „Warum ist das so weit von dem nächsten Kontinent der anderen Kolonie entfernt?", fragt Jayden.
    Man sollte schließlich meinen, dass eine Front tatsächlich an einem Punkt liegt, an dem die beiden sich bekriegenden aufeinandertreffen.
    „Die andere Kolonie hat die ganzen Inseln zwischen Asien und Australien eingenommen. Das war zu der Zeit, als die Regierung die meisten Begabten aus der Bevölkerung an die Front gebracht haben." Bella malt einen Kreis um die Inseln die bei den Menschen Indonesien, Papa new Guiena, Phillipinen und Malaysia heißen und letztendlich auch um Japan. „Somit können sie Australien und Asien gleichzeitig angreifen. Für sie ist es nicht mal von Nachteil, dass sie dazwischen liegen. Sie haben die dreifache Menge an Kämpfern und die fünffache Menge an Heilern und Mentalisten, die aus der Ferne kämpfen können."
    Tyler reibt sich die Stirn. „Ich kann uns dort nicht hinbringen. Ich kenne den Ort nicht."
„Kennst du wenigstens einen Ort, der näher an der Front ist als wir es im Moment sind. Es dauert sonst ewig bis wir an der Front ankommen?", fragt Noah hoffnungsvoll.
Tyler zeigt auf die Mitte Asiens, was zu Russland gehören würde. „Hier habe ich einmal einen Auftrag der Regierung ausgeführt. Ich muss mir nur erst an einen günstigen Ort erinnern, an den wir reisen können."
    „Gut dann reisen wir mit Tyler direkt dorthin und gehen von da an zu Fuß", beschließt Jayden. Liam freut es, dass wir endlich einen Plan haben wie wir vorgehen können.
„Bella kann meine Fähigkeiten auf euch übertragen, dann sind wir schneller von da an", schlage ich vor.
    „Gute Idee", meint auch Bella.
    Wir beschließen sofort alles notwendige einzupacken und noch schnell etwas essen aus der Mensa mitgehen zu lassen.
    Nach dem Essen, geht jeder in sein Appartement um sich fertig zu machen. Ich ziehe meine dicken Schuhe für Aufträge an und überlege ob die anderen solche wohl auch bekommen haben. Mein Messer passt in etwa in eine Scheide eines anderen Wurfmessers, das ich im Trainingsraum gefunden habe. Es wackelt zwar ein wenig darin, aber wenigstens kann ich mich nicht daran schneiden. Ich stecke noch weitere Messer unterschiedlicher Größe ein und hoffe, dass ich sie nicht allzu oft brauchen werde.
    Ich entdecke eine Art Armeehose. Sie ist enganliegend mit vielen Taschen. Ich finde eine Schlaufe an dem Gürtel, an die ich das Messer hängen kann.
    Ich ziehe noch ein schwarzes Top und eine schwarze Lederjacke über. In die Taschen der Hose packe ich noch kleine Flaschen des Energiedrinks ein und andere Kleinigkeiten, die nützlich sein könnten. Allzu viel kann ich schließlich nicht mitnehmen und ich sehne mich nach den Urlauben, indem ich für eine Woche ungefähr zwanzig Outfits einpacken durfte.
    Ich klopfe an Bellas Tür, die inzwischen in unserem Appartement eingezogen ist. Sofort geht die Tür auf. Bella hat die gleichen Schuhe an wie ich. Ihre Haare hat sie zu einem strengen Zopf nach hinten gebunden. Ihre Tatoos stechen auf ihrer gebräunten Haut hervor.
    „Auf geht's!", sagt sie motiviert und wir gehen mit zügigen Schritten zu unserem Treffpunkt am Ausgang.
    Die Jungs sind schon da. Alle haben sie dicke Schuhe an.
    Tyler packt zwei Spritzen aus einer kleinen Metalldose aus. Darin sind noch mehrere.
„Die sind für Bella und Liam. Ich habe sie vom Anführer bekommen, als ich ihm erklärt habe wohin wir gehen", sagt Tyler und packt die Spritzen geschickt aus.
    Bella nimmt sie ihm aus der Hand. „Ich mach das selbst." Sie lächelt ihn an. Tyler blinzelt überrascht.
    Bella sticht schnell in ihre Armbeuge ein und spritzt den Inhalt hinein. Das alles schafft sie in atemberaubender Geschwindigkeit.
    Liam hat inzwischen auch seine Spritze bekommen. Bella reicht Tyler die nun leere Ampulle.
    „Wir müssen das Gelände zuerst verlassen. Man kann nicht von hier heraus teleportieren", erklärt Tyler. Wir folgen ihm.
    Die Luft ist kälter als die letzten Tage. Das Gras ist feucht und noch voller Tau. Die Bäume glitzern als die Sonne auf ihre feuchten Blätter fällt.
    „Gut von hier ab geht es", meint Tyler. Wir nehmen uns gegenseitig an den Händen. Einen Moment später zerspringen wir bereits in der Luft.

Zuerst waren da die AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt