Sonntag, 6. Mai

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Ich kam -natürlich- in einer Zelle wieder zu mir. Erschrocken stand ich auf. Wo war ich? Wie lange war ich weg gewesen? Was war passiert? Ich hatte keinerlei Gewissheit, was geschehen war. Ich sah mich im Raum um. Er war klein und nicht groß eingerichtet, aber immerhin gab es ein Bett. Ich fand kein Fenster, dafür aber eine Tür (natürlich abgeschlossen, das hatte ich zu aller erst getestet). Es gab gerade so viel Licht, dass ich sehen konnte. Mein erster Instinkt war es, meinen Zauberstab zu ziehen und einfach "Lumos" zu rufen, doch als ich nach ihm greifen wollte, bemerkte ich, dass er nicht an seiner gewohnten Stelle war. Man hatte ihn mir abgenommen. Verständlich. Dann musste ich eben mit einem mehr oder weniger dunklen Raum vorlieb nehmen. Um mich besser zu orientieren, betrachtete ich den Raum etwas genauer. Und sah mit Entsetzen, dass an den Wänden gewaltige Kratzspuren waren! Ich erschrak heftig. Die Rückverwandlung war wohl schmerzvoll gewesen, sonst hätte der Werwolf nicht um sich geschlagen. Auf dem Boden waren ebenfalls Blutspuren zu sehen, die wahrscheinlich davon kamen, das ich hier hinein geschleift worden war. Kurz gesagt: Der Raum hier erinnerte an ein Horrorszenario! Doch es würde schon alles gut werden! Irgendwie. Was könnte schon noch passieren? Man würde mich hier raus lassen. Schließlich hatte ich mich ja zurückverwandelt. Aber ich hatte noch andere Probleme... Doch erst einmal musste ich mich auf meine jetzige Situation konzentrieren. Ich untersuchte meinen Körper auf Verletzungen. Ich war mäßig lädiert. Mal abgesehen von den vielen Kratzern, die ich sowieso fast immer hatte, blutete mein Arm ziemlich und ich konnte ihn nicht gut bewegen und mein Schädel brummte gewaltig. Zu allem Überfluss hatte ich auch noch Hunger. Ich hatte seit Stunden nichts gegessen und mein Magen knurrte laut. Als ich versuchte, mich weiter zu bewegen, bereute ich es sofort. ,,Au", entfuhr es mir. Ich setzte mich wieder auf das Bett. Meine Kleidung war zerissen, das war klar gewesen. Doch zum Glück fand ich neben mir einen warmen Pullover, der mir etwas zu groß war, und Jeans. Den Schmerz ignorierend zog ich mich um. Langsam taten die Bewegungen nicht mehr so weh und ich konnte sogar ein paar Schritte laufen. In diesen kalten Raum half ein warmer Pullover. Wieder fragte ich mich, wo ich sein konnte. Meine Erinnerungen waren gelöscht. Das letzte, was mir noch einfiel, war unser Einsatz im Zaubereiministerium und, dass ich mich kurz bevor wir zurück gehen wollten verwandelt hatte. Ich hatte mir schon ausgemalt, dass ich in Askaban gelandet war, doch diesen Gedanken hatte ich sofort verworfen. Dafür war dieser Raum -so karg er auch eingerichtet war- zu komfortabel. Doch wo war ich sonst? Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten, bis jemand kam, der mich aufklären und rauslassen würde. Denn das würde man. Sicherlich. Doch eigentlich hatte ich es verdient, hier eingesperrt zu sein. Ich war eine Gefahr. So schlimm meine Lage hier auch war, ich konnte es niemandem übel nehmen, in sie geraten zu sein. Es war meine Schuld. Nun überflutete mich ein Gedankenstrom. War mein Kopf vorhin noch leer gewesen, glich ich das jetzt mit einem Dutzend Gedanken aus. Einen Moment der plötzlichen Panik hielt ich inne. Am besten sollte ich hier bleiben. Für immer. Ich konnte Menschen verletzen, Werwölfe waren böse. Ich wollte einfach keiner mehr sein! Die Verwandlungen waren immer so schmerzvoll, ich hatte genug darunter gelitten. Bei dem Gedanken, dass noch viele Verwandlungen in meinem Leben anstehen würden, hatte ich fast gar keine Lust mehr darauf. Außerdem konnte ich jede Nacht jemanden verletzten. Jemanden töten. Diese Nacht war es besonders schlimm gewesen. Hatte ich vielleicht sogar schon jemanden verletzt? Meine Freunde waren bei mir gewesen. Hatte ich sie angegriffen? Es war diese Ungewissheit, die mich extrem aufregte. Es musste endlich jemand kommen, der mich aufklärte! Meinen Freunden konnte sonst etwas passiert sein! Flavius, Miranda, Adrian und Grant. Ich hatte sie hintergangen und jetzt sogar noch verletzt! Oder waren sie schlau gewesen und hatten fliehen können? Schnell rennen konnten meine Freunde ja. Doch so schön es auch gewesen wäre, ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie weggerannt waren. Sie hätten einander nicht im Stich gelassen und hätten die anderen verteidigt, wenn sie angegriffen worden waren. Warum waren meine Freunde nur so stur und hilfsbereit?! Konnten sie nicht einmal an sich selbst denken und die anderen in Ruhe lassen?! Nur dieses eine Mal in dieser Notsituation! Außerdem waren sie womöglich zu schockiert gewesen, um zu fliehen... Dieser Anblick muss erschreckend gewesen sein. Und jetzt waren sie verletzt. Von mir. Ich malte mir die schlimmsten Szenarien aus. Adrian voller Blut, Grant am Boden... Vielleicht war sogar noch viel schlimmes passiert! Vielleicht waren meine Freunde nicht mehr am Leben. Und alles war meine Schuld. Schuld. Dieses Wort kreiste mir die ganze Zeit im Kopf herum. Ich war schuldig. Bei diesen Gedanken musste ich heftig aufschluchzen. Ich konnte meine Freunde umgebracht haben. ,,Nein, nein, nein!", sagte ich und schüttelte immer wieder den Kopf. Ich legte mich auf das Bett, den Kopf in das Kissen. Es wurde triefnass von meinen Tränen. Am liebsten wollte ich ewig weiter so liegen bleiben. Obwohl ich meinen Körper noch immer vor Schmerzen kaum bewegen konnte, übertraf der seelische Schmerz nun meinen körperlichen Schmerz. Es tat mir so leid. Alles. Wie sollte es nun weitergehen? Ich wollte nicht mehr zurück nach Hogwarts. Ich wollte nach Hause zu meinem Vater. Oh, Mann! Mein Vater! Ich musste an ihn denken und bekam gleich ein schlechtes Gewissen, dass ich es nicht gleich getan hatte. Welche Sorgen er sich machen musste! Der ärmste! Er hatte meine Mutter verloren und jetzt war ich hier. Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Vielleicht würde ich ihn nie wieder sehen! Mein Papa musste noch viel mehr leiden, als ich im Moment. Ich hätte mich von Anfang an von allen Gefahren fernhalten sollen. So hätte er es gewollt. Dann wäre alles normal gewesen. So normal, wie unser Leben eben sein könnte. Aber wir wären damit klargekommen. Jetzt würde unser Leben ganz anders sein. Und ich hatte ihm nicht einmal erzählt, was ich tat. Er wusste über gar nichts bescheid. Wenn ich doch nur mit ihm reden konnte! Ihn über meine Situation informieren! Dass es mir gut ging! Aber ging es mir überhaupt gut? Ich war verletzt und lag heulend auf dem Bett. Ein paar Minuten lag ich noch so da, doch dann realisiete ich, dass es so nicht weitergehen konnte. Ich musste aufhören, so negativ zu denken. Für meinen Vater. Ich legte die miesen Gedanken beiseite und fühlte mich gleich ein wenig besser. Es konnte auch sein, dass meine Freunde überlebt hatten. Schließlich waren sie taff und die besten der Schule. Von mir konnte man das wirklich nicht behaupten. Ich war so dumm gewesen und hatte mich aufs äußerste überschätzt. Dumm, dumm, dumm! Ich hatte nie zu dem Team gehört. Ich war nur in ihm gelandet, weil Lupin sich für mich eingesetzt hatte. Wie hatte ich mir nur einbilden können, dass ich gut genug war! Ich war schlecht in der Schule. Schon fast immer. Ausdauer hatte ich auch nicht. Sofort fielen mir die ZAGs ein. Dort war ich sehr gut gewesen... Doch das lag nur daran, dass Professor Lupin mich bevorzugte. Ich hätte ihm nie helfen sollen, hätte auch nie überhaupt in dieses Team gehen sollen. Hätte ich mich vom Team ferngehalten, wäre nichts von diesem Schlamassel passiert. Ich hätte wissen müssen, welches Risiko ich hier eingegangen war. Eigentlich lag alles an Sirius Black. Wäre er nicht aus Askaban ausgebrochen, wäre auch nie das Team gegründet worden und Lupin wäre nie auf mich zu gegangen. Es baute sich auch eine gewisse Wut auf ihn in mir auf. Er hätte mich nicht in alles hineinziehen sollen. Bestimmt hätte er alles auch allein geschafft. Im Grunde hatte ich nicht einmal ihm wirklich geholfen. Ich hatte auch hierbei versagt. Professor Lupin hatte zu viel von mir verlangt. Die Aufgabe, sich gegen die Regierung und seine Freunde zu stellen war viel zu viel für mich. Allerdings: Ohne, dass Sirius Black aus Askaban ausgebrochen wäre, hätte ich meine neuen Freunde aus dem Team nie so wirklich kennengelernt und viele schöne Momente des Glücks mit ihnen wären mir verwehrt gewesen. Meine ganze Wut auf die anderen und die Schuld auf Lupin und Black zu schieben, entschuldigte aber auch nicht meine eigene Unfähigkeit. Ich war so verdammt unfähig! Alles wäre anders gewesen, wenn ich gewusst hätte, dass Vollmond war! Ich hätte einfach daran denken sollen! Ich achtete immer so sehr darauf, wann Vollmond ist und wann nicht, aber jetzt hatte ich einmal alle meine Probleme vergessen und dann hatten sie sich plötzlich vertausendfacht. Alles war so schön gewesen! Wie wohl ich mich noch gestern Nachmittag in der Eulerei gefühlt hatte! War mir denn kein Glück gegönnt?! Erneut fragte ich mich, wie es mit mir weitergehen sollte. Würde ich überhaupt wieder normal glücklich leben können? Ich hatte jetzt schon lange gewartet. Wann kam denn endlich jemand?! Oder kam überhaupt jemand? Auf einmal kam mir die fürchterliche Angst, dass rausgekommen war, was ich wirklich im Zaubereiministerium getan hatte. Dass das Ministerium wusste, dass ich für Black arbeitete. War ich vielleicht doch in Askaban? Schickte man überhaupt Minderjährige dorthin? Ich wusste es nicht. Aber irgendwie vorstellen konnte ich es mir schon... Ich war viel zu leichtgläubig gewesen und hätte mich nicht auf Lupins Aufgabe einlassen sollen. Ich wollte nicht nach Askaban! Ich hatte doch nichts Böses im Sinne! Black hatte nichts Böses im Sinne! Ich bekam so schreckliche Angst! Ich kann jetzt meine Gefühle von dem Monent in der Zelle gar nicht wirklich in Worte fassen. Ich hatte doch nur gewollt, dass Gerechtigkeit mit Black geschieht. Weil er doch unschuldig ist. Könnte ich das vielleicht einfach erzählen, damit ich hier rauskam? Schließlich war es doch die Wahrheit. Irgendjemand musste mir glauben! Ich hatte Lupin doch auch geglaubt. Askaban war so ein schrecklicher Ort. Ich gönnte niemanden, dort hin zu kommen. Mir kam ein Gedanke. Bestimmt hatte man auch herausgefunden, wie Professor Lupin involviert war! Er wollte nur seinen Freund helfen und hatte schon genug Schlimmes erfahren! Ich durfte mich eigentlich nicht beschweren. Was ich durchgemacht hatte, war nur ein kleiner Anteil dessen, was Lupin erfahren hatte. Schon wieder war es meine Schuld. Professor Lupin wäre nicht im Gefängnis gelandet, hätte er mich nicht um Hilfe gebeten. Ich war sein Untergang gewesen. Ich wollte nicht, dass er in Askaban war! Lupin war die friedvollste Person, die ich kannte. Er in einem Gefängnis voller gemeiner Mörder, das passte gar nicht zusammen. Auch wenn ich nicht bestreiten wollte, dass er sich verteidigen kann. Schließlich war er der Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste in Hogwarts. Doch eigentlich konnte es nicht sein, dass ich in einer Zelle in Askaban war. Wie sollte ich schon hingekommen sein?! Und außerdem: Woher sollte man wissen, dass ich für Black arbeitete?! Der einzige, der davon wusste war Professor Lupin. Und der wird es wohl niemandem verraten haben. Man würde mich hier hinaus lassen. Ich war nicht böse. Würde ich auch niemals sein! Blieb nur, dass ich ein Werwolf war. Und das wussten jetzt auch alle. Mein Geheimnis war ans Licht gekommen. Fast ganze fünf Jahre hatte ich es in der Schule geschafft, es geheim zu halten. Auch wenn es schwierig war, aber ich hatte es geschafft. Jetzt jedoch wusste es jeder. Das Gerücht musste sich schnell herumgesprochen haben. Ich wollte nicht zurück in die Schule. Alle würden mich ansehen. Vorwurfsvoll oder bemitleidend. Beides gefiel mir nicht. Mir kam ein Bild vor Augen, wie ich durch die Gänge der Schule ging und alle um mich herum mich ansehen und ich deshalb mein Gesicht verdecken muss. Ich hatte mein Geheimnis nicht umsonst verschwiegen! Durfte ich überhaupt zurück zur Schule? Ich war eine Gefahr für meine Mitschüler. Wovon ich allerdings am meisten Angst hatte, waren meine Freunde. Jahrelang hatte ich ihnen mein Geheimnis verschwiegen. Wie würden Mary, Joanne und auch Claire reagieren, wenn sie es erfuhren? Sicherlich geschockt. Doch würden sie enttäuscht sein, weil ich ihnen nicht alles erzählt habe und etwas verschwiegen? Ich hätte es ihnen erzählen sollen. Hoffentlich würden sie keine Angst vor mir haben! Wollten sie überhaupt noch mit mir befreundet sein? Was noch schlimmer war: Das Team hatte mich verwandeln sehen. Wie geschockt und verstört sie sein mussten! Ich würde ihnen nicht mehr in die Augen sehen können. Die ganze Sache war mir auch peinlich. Außerdem hatte sie auch noch viel schwerwiegendere Folgen für mich. Ich hatte nicht nur der ganzen Schule verschwiegen, was ich war. Sondern auch der Regierung. Genau genommen einfach jeden. Mein Vater war der einzige Eingeweihte. Jetzt aber wusste es auch die Regierung. Was würde mit mir passieren? Ja, was würde mit mir passieren? Davor, was jetzt geschehen war, hatte ich immer Angst gehabt. Dieser Gedanke war äußerst beklemmend. Die Regierung und das Zaubereiministerium waren schon immer mein Feind gewesen. Ich hatte mich vor ihnen versteckt. Und jetzt war ich in ihren Händen. Was sollte ich tun? Was würden sie mit mir machen? Schon wieder diese Ungewissheit. Was passieren würde. Es war schlimmer hier unwissend auf das Kommende eingesperrt zu sein und Spekulationen anzustellen, als dass es einfach geschah. Ich lief aufgeregt hin und her. Ich konnte nicht mehr still sitzen. Ich war zu aufgeregt und voller Angst. Lange Zeit war niemand zu mir gekommen, wie ich es eigentlich gedacht hatte. Würde man mich vielleicht ewig hier festhalten? Besser als Askaban. Aber dennoch schlimm. Die Menschen hassten eben Werwölfe und wollten sie bekämpfen. Weil sie Angst hatten. Die Menschen begierten danach, das was sie nicht kannten und wovor sie Angst hatten, auszulöschen. Im Grunde hatten die mehr Angst vor mir als ich vor ihnen. Doch momentan war ich machtlos. Ich war eingesperrt und gefangen. Ich war vollkommen in den Händen des Ministeriums. Oder würde ich doch nach Askaban kommen? Oder noch schlimmer: Würde das selbe passieren, wie mit meiner Mutter? Ihr Tod war scheußlich gewesen. Für uns alle. Ich war so jung und glücklich gewesen. Ich dachte an sie und schloss die Augen. Ich verrante mich in die Erinnerung und wieder konnte ich nicht verhindern, dass mir Tränen kamen. Ich war traurig. Und wütend. Die Wut kam so unerwartet und plötzlich, dass ich viel schneller umher lief. Mein Hass auf alle Angestellten des Ministeriums verstärkte sich noch einmal. Selbst auf den freundlichen Marc Thorn, den wir getroffen hatten. Ich war so wütend. Unbewusst ballte ich die Fäuste. Sie jagten uns. Dabei waren wir eigentlich harmlos. Wir waren friedlich. Ich wollte nicht sterben. Nicht, weil ich ein Werwolf bin. Ich konnte froh sein, dass ich den Kampf überlebt hatte. Und jetzt? Ich hatte Angst. Angst vor dem Ministerium. Es konnte doch nicht sein, dass das hier das Ende war! Ich durfte nicht aufgeben. Es musste einen Weg geben. Ich musste hier raus!

Das Tagebuch eines Werwolfes | Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt