Schuldgefühle

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Kurz verschwamm alles in dem gleißenden Licht. Undeutlich spürte Geralt wie Jaskier seinem Griff entglitt, versuchte ihn fester zu packen, um ihn nicht zwischen den Welten zu verlieren.

Im nächsten Augenblick wurde alles klar und unsanft sackte der Hexer auf dem Steinboden zusammen. Sein Atem ging schwer und mit jeder Bewegung protestierte sein Körper heftig. Alles drehte sich um ihn herum.

Regungslos lag Jaskier neben ihm. Immer wieder fuhr Geralt verzweifelt durch dessen dunkelbraunes Haar.

"Jaskier, bleib bei mir.", murmelte er mit erstickter Stimme. Seine andere Hand lag auf der Brust des Jüngeren. Unter seinen Fingerspitzen spürte er den stetig schwächer werdenden Herzschlag mit Panik.

"Jaskier!"

Die Schritte um sie herum ignorierte er vollkommen, sie wirkten wie in weiter Ferne. Voller Angst betrachtete Geralt seine blutverschmierten Hände, welche sich in das abgenutzte Hemd des Barden krallten. Noch hob und senkte sich seine Brust gleichmäßig.

Jemand berührte ihn vorsichtig an der Schulter, versuchte ihn zaghaft zum loslassen zu bewegen, doch Geralt schüttelte die Berührung ab. Unterdessen zitterte sein Medaillon stetig.

"Geralt, bitte."

Flecken tanzten vor seinen Augen, doch der Hexer schwor sich, dass er um nichts in der Welt loslassen würde. Er würde Jaskier kein zweites Mal allein lassen.

Noch einmal berührte ihn jemand, er wandte den Blick, erkannte nur schemenhaft eine verschwommene Gestalt mit rotem Haar, welche ihn sanft an der Stirn berührte.

Augenblicklich verlor er das Bewusstsein.

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Als Geralt das nächste Mal erwachte, fühlte sich an als wäre er auf Wolken gebettet. Tief atmete er ein, spürte sofort den gleichen brennenden Schmerz in den Lungen.

Schweißgebadet schlug er die Augen auf. Über ihm nur die verzierte steinerne Decke, seltsam vertraut. Der Geruch von Tränken und Arzneien lag in der Luft. Was er für Wolken gehalten hatte stellte sich als Bett heraus. Erst als Geralt die Decke beiseite schlug, erkannte er, dass seine Wunden frisch bandagiert waren.

Irgendetwas mussten sie ihm verabreicht haben. Sein Kopf schien von Innen mit Watte gepolstert zu sein und breitete sich unangenehm auf seine Ohren aus.

Der Raum in dem er sich befand stellte sich als jenes Zimmer heraus welches Yennefer ihn in dem Anwesen überlassen hatte. Rötliches Licht fiel durch die leicht schmutzigen Fenster. Unmöglich zu sagen, ob es sich um Morgen- oder Abenddämmerung handelte.

Ein Stapel frischer Kleidung befand sich am Fußende des Bettes, der kleine Nachttisch war überfüllt mit Glasfläschen und Dosen. Kein Wunder, dass Geralt sich derartig berauscht fühlte. Die Magierinnen hatten ihn offenbar großzügig versorgt.

Ein tiefer Dank war angemessen. Sowohl an Yennefer als auch vermutlich Triss, welche von ihm zusammengeflickt hatten was nach seiner Flucht mit der unbekannten Zauberin aus Nilfgaard übrig war.

Erinnerungen der letzten Ereignisse prasselten auf ihn ein. Schneller als er vermutlich sollte erhob Geralt sich aus dem Bett. Der brennende Schmerz verriet ihn dass die Brüche in seinen Rippen und seiner Schulter noch nicht vollständig regeneriert waren.

Jaskier.
Er lebte. Es erschien dem Hexer beinah wie ein Traum und im Angesicht des Zustandes auch wie ein Wunder, dass sein Barde tatsächlich noch am Leben war.

Geralt buttrige Knie verweigerten beinah ihren Dienst als er nach der Kleidung griff, dennoch begann er langsam sich anzuziehen. Der Stoff fühlte sich weich und sauber an. Schuhe fand er nicht, doch plante Geralt nicht sich in den nächsten Kampf verwickeln zu lassen. 

Beyond Blue Eyes - The Witcher StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt