Reunion

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Die Tage flogen dahin. Geralt hatte sich selbst eine Woche eingeräumt, um in die Nähe der Küsten Skelliges zu kommen und dort eine Sirene zu finden und gezielt zu töten, um an die wichtigste Zutat für den Trank zu kommen, der versprach Jaskiers Stimme endgültig wiederherzustellen.

Nachdem Yennefer den Hexer durch das Portal hatte schreiten sehen, war sie selbst mit Dringlichkeit nach Aretusa berufen worden. Der Anweisung leistete sie Folge und so übernahmen hauptsächlich Triss und Felinè die Verantwortung über das Anwesen und die derzeitigen Bewohner.

Eineinhalb Wochen verstrichen, ohne dass die rothaarige Zauberin weder ein Zeichen von Geralt erhalten hatte, noch er zurückgekehrt war.
Allmählich begleitete sie die ständige Sorge, keimte stärker in ihr als sie ein weiteres Mal die Tränke überprüfte. Triss war sich gewiss, sich durch ihre Unaufmerksamkeit verzählt zu haben, bei all dem Nebel in ihrem Kopf. Noch einmal ging sie mit Sorgfalt jedes einzelne Glasfläschen durch, ebenso wie jede Phiole, nur um entmutigt festzustellen, dass die Vorräte noch knapper waren als sie vermutet hatte.

Schon vor Tagen hatte sie die Medikamente von einigen Patienten verringert. Es blieb kaum eine Wahl, wenn es für alle reichen sollte. Bei Jaskier hatte sie die Arzneien herabstufen müssen, da dieser sie nicht einmal mehr in seiner Nähe duldete. Dies gab Triss einen weiteren Grund ihn zu meiden, auch wenn sein Zustand sich nicht verbesserte. Ihr behagte der Gedanke nicht den Barden auf sich allein gestellt zu versorgen. Stets reagierte er abweisend und auch Felinè fand keinerlei Draht zu ihm. Erst vorgestern war ein Krug in seinem Zimmer abrupt in tausend Teile zersplittert. Mit jedem weiteren Tag der verging, sickerte die Magie mehr und mehr aus seinem angespannten Körper heraus.

Es erschien Triss leichtsinnig ihn wie einen einfachen Patienten zu behandeln und ihm sogar freien Zugang im Haus zu gewähren, doch Yennefer hatte sämtliche Gespräche in dieser Richtung strikt abgelehnt. Wohl wissend wie Geralt reagieren würde, sollten sie beginnen Jaskier einzupferchen oder andere Sicherheitsvorkehrungen treffen.

In weitere düstere Gedanken versunken räumte Triss die magischen Utensilien an ihren Platz zurück. Glas klirrte zart, ihre Hände zitterten, während sie verloren dem Klopfen des Regens lauschte. Die anbrechende Nacht versank in einem frühsommerlichen Sturm, welcher über das komplette Land fegte.

Noch etwas anderes ließ die Mauern des Hauses urplötzlich erbeben. Abrupt hob Triss den Kopf, hoffend, dass sie die Schwingungen in der Luft nicht fehlinterpretierte.

Alarmiert trat sie aus dem dämmrigen Raum. Voller Anspannung schritt sie durch die Gänge, eilte in Richtung des ehemaligen Speisesaals, der ihnen dank seiner erhabenen Größe als Zuflucht für Versammlungen und Besprechungen diente. Zu jenem Zeitpunkt in der Nacht fand sie die Halle finster und nahezu verlassen vor, bis auf den letzten funkelnden Schimmer eines Portals, welches sich soeben in der kalten Luft um sie herum auflöste.

Ein Blitz zuckte über den Himmel, erhellte für Sekundenbruchteile die Umgebung und beleuchtete verzerrt eine einzelne Gestalt, welche aus dem Schatten schlüpfte. Voller Erleichterung atmete Triss auf.

"Es freut mich, dass du zurück bist."

Mit einer eleganten Bewegung nahm die Gestalt die Kapuze ab. Ein kurzes Lächeln flackerte über Yennefers Gesicht. Wasser ran aus Mantel, dessen Stoff so dunkel war, dass er mit der Nacht verschmolz. Achtlos legte sie das durchnässte Kleidungsstück über eine der Stuhllehnen. Trotz ihrer leicht geröteten Augen, die von Müdigkeit zeugten, verschwendete sie keine Zeit mit einer erholenden Pause. Beide Frauen verließen den Raum.

"Interessante Neuigkeiten?", erkundigte sich Yennefer knapp und zog ihre Handschuhe mit ledernem Besatz von den Fingern. An ihnen klebte Schmutz. Leise hallten ihre Schritte in den Fluren nieder.

Beyond Blue Eyes - The Witcher StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt