Kapitel 2

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"Aufstehen Spatz" Sanft rüttelte ich an Timmys Schulter, der auch kurz darauf seine großen, grauen Augen öffnete und mich anstarrte. Lächelnd hob ich ihn auf meine Hüfte und er drückte mir einen feuchten Schmatzer auf die Wange. Ich stupste seine kleine Nase an als ich mit ihm ins Badezimmer ging damit er auf die Toilette konnte. Kurz darauf setzte ich ihn auf seinen erhöhten Stuhl und schüttete seine Lieblingscornflakes und etwas Milch in eine Schüssel, die er zufrieden aß. Ich setzte mich mit einer Tasse Kaffee zu ihm und zwang mich eine Banane zu essen. Ich war so nervös vor diesem Gespräch, dass mir übel war. Aber ich wusste, wenn ich nichts aß, würde es noch schlimmer werden. Das Klingeln meines Handys ließ mich in der stillen Umgebung zusammen zucken. Timmy war eigentlich gesprächig, doch morgens war mit ihm nichts anzufangen. Ein Blick auf das Display zeigte mir, dass Tims Babysitterin anrief. Verwirrt hob ich ab.

"Hallo?"

"Hallo Mrs Turner ähm Hailey", begrüßte sie mich und ich runzelte die Stirn. Sie klang nicht gut.

"Hey Jenny. Was ist los?", fragte ich besorgt. 

"Es tut mir so leid. Ich muss gestern Abend etwas falsches gegessen haben. Ich habe eine Lebensmittelvergiftung und kann heute leider nicht auf Timothy aufpassen"

"Das ist nicht schlimm", meinte ich. Ich presste zwei Finger an meine Nasenwurzel und versuchte nicht gestresst zu klingen. Das konnte Jenny jetzt nicht gebrauchen.

"Aber wer passt denn jetzt auf ihn auf?", fragte sie besorgt und kurz darauf ertönte etwas aus dem Lautsprecher, was klang als hätte sie sich gerade übergeben.

"Mach dir keine Gedanken. Sorg dafür, dass du wieder gesund wirst, dass ist das Wichtigste. Ich finde schon jemanden für Tim", meinte ich. Das war sowas von gelogen. Alle meine Freunde mussten ebenfalls arbeiten. Meine Eltern machten gerade Urlaub auf Kuba und meine Schwägerin hatte vor zwei Monaten erst ein Kind bekommen, da konnte ich ihr Timothy nicht auch noch aufhalsen.

"Es tut mir trotzdem leid", erklärte sie mir noch mal entschuldigend bevor sie auflegte. Seufzend legte ich mein Handy auf den Tisch. Natürlich musste so etwas gerade heute passieren. Tim war immer noch in sein Essen vertieft also machte ich mich schnell fertig für die Arbeit und fasste dabei einen Entschluss. Als ich wiederkam war Tim schon dabei von seinem Stuhl zu klettern. Als er vor mir stand, hockte ich mich vor ihn.

"Jenny kann heute leider nicht kommen um mit dir zu spielen. Sie ist krank" Er blickte traurig zu mir hoch und schob seine Unterlippe vor.

"Oh nein! Arme Jenny", jammerte er und ich strich ihm tröstend durch die Haare.

"Was hältst du davon mit Mama zur Arbeit zu fahren? Ein kleines Abenteuer?", schlug ich ihm vor und eifrig nickte er. Ich ging mit ihm in sein Zimmer und half ihm beim Anziehen. Gott sei Dank spielte er heute mit und machte kein Theater bei seiner Kleiderwahl. An manchen Tagen weigerte er sich etwas anderes als seinen Superman-Pyjama anzuziehen oder seine Badehose. Ich packte noch eine Tasche mit einigen Kleinigkeiten, Snacks und einige seiner Spielsachen. Lily, eine meiner Arbeitskolleginnen, würde bestimmt nichts dagegen haben, eine Weile auf ihn aufzupassen, solange ich das Gespräch hatte. Kurz darauf saßen wir im Auto. Tim saß hinten in seinem Kindersitz und wippte mit seinen Füßen während er leise die Melodie des Kinderliedes mitsang, welches im Radio lief. Seine Puppe hatte er fest an sich gedrückt. Hoffentlich ließ niemand einen dummen Kommentar über Prinzessin ab. Ohne viele Hindernisse manövrierte ich uns durch den Verkehr und ging dabei gedanklich nochmal meine Informationen durch, die ich gestern recherchiert hatte. Immer wieder blickte ich in den Rückspiegel und versicherte mich, dass Tim noch immer ruhig war. Wenn er jetzt anfangen würde zu quängeln, dann wäre der Tag für mich gelaufen. Ich schüttelte meinen Kopf und hasste mich selbst dafür, dass ich Tim gerade eigentlich als Last bezeichnet hatte. Denn er war das Beste, was mir je passiert war. Ich fand einen Parkplatz gleich vor dem Firmengebäude. Ich stieg also aus, schnallte Tim ab und setzte ihn auf meine Hüfte. Mit einer komischen Bewegung schnappte ich mir die Tasche und sperrte das Auto ab.

"Wenn Mama fertig ist, dann gehen wir in den Park zu dem Spielplatz"

"Oh ja!", rief er freudig und klatschte in die Hände. Je näher wir jedoch dem Gebäude kamen, desto verkrampfter wurde er. Er spürte wohl meine Anspannung. Durch das Klappern meiner Absatzschuhe wurde die Rezeptionistin auf uns aufmerksam und trat hinter der Theke hervor.

"Ah, du bist ja ein niedlicher", begrüßte sie ihn lächelnd. Kichernd versteckte er sein Gesicht in seinen kleinen Händchen. Ich lächelte ihr noch kurz zu und machte mich dann weiter auf den Weg in mein Büro. Dort angekommen, zog ich ihm seine Jacke aus und setzte ihn auf meinen Bürostuhl.

"Schau mal. Der Stuhl dreht sich", erklärte ich und gab dem Stuhl einen leichten Schubs woraufhin dieser sich langsam drehte. Wieder kicherte er freudig und klatschte in die Hände, was er in letzter Zeit immer machte wenn er sich über etwas freute. 

"Mama muss ganz kurz weg. Du bleibst hier. Du musst keine Angst haben, ich bin gleich wieder da" Er schaute mich mit großen Augen an und nickte. Ich gab ihm einen Kuss auf den Kopf bevor ich mein Büro verließ und das von Lily ansteuerte. Ich klopfte einmal und trat dann ein, doch das Büro war leer. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Lily war normalerweise immer vor mir im Büro.

"Na Turner, lief das Gespräch so schlecht, dass du dich in Browns Büro verstecken musst?" Ich schloss die Augen und atmete einmal tief ein und wieder aus bevor ich mich umdrehte. Natürlich musste zu meinem Unglück auch noch James Carson auftauchen.

"Ich hab mein Gespräch erst in einer Viertelstunde", erklärte ich ihm falsch lächelnd. Spöttisch grinste er während er mich musterte.

"Naja, eigentlich musst du auch gar nicht mehr gehen. Ich hab den Posten so gut wie in der Tasche", erklärte er arrogant.

"Mama?"

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