Kapitel 5

218 7 0
                                    


"Nimm das jetzt nicht böse auf aber seid wann bist du so reif und verständnisvoll? Wo ist der Kerl, der immer noch über Furz-Witze lacht und seine Pornosammlung alphabetisch geordnet hat?" Das Funkeln ist in seinen wunderschönen Augen zurückgekehrt und er lachte.

"Keine Sorge, der ist noch immer da. Ich bin sehr facettenreich und vielschichtig, du musst mich nur besser kennen lernen.

"Ist das so?", neckte ich ihn. Er nickte.

"Und ich habe das Gefühl, dass du auch mehr zu bieten hast als man sich vorstellen kann, Hailey Turner", sagte er und fuhr mit seiner Zunge über seine Unterlippe.

"Mama, Mama!", rief Tim und der Zauber zwischen uns war gebrochen als Tim plötzlich auf meinen Schoß sprang.

"Mama, da ist ein Hund, sieh mal! Ein gelber Hund" Ich blickte in die Richtung in die Tim zeigte. Dort stand ein Hund, ein Golden Retriever und sein Besitzer, der uns freundlich zuwank bevor er weiter ging. Ich schluckte nochmal und versuchte den Kopf frei zu bekommen, nach diesem Gespräch mit James.

"Der ist toll"

"Können wir einen Hund bekommen?", fragte er mich und sah mich mit seinen großen, grauen Augen flehend an.

"Ich liebe Hunde" Ich strich durch seine Haare und dachte schreckhaft daran mich um einen Hund UND ein Kind kümmern zu müssen.

"Ich denke nicht, Spatz. Vielleicht später, wenn du älter bist und Mama nicht mehr so viel arbeiten muss?" Timmy sank enttäuscht in sich zusammen und schob seine Unterlippe vor.

"Ich habe einen Hund", brachte James sich wieder ein. Tim und ich schauten beide zu ihm.

"Wirklich?", fragte ich. Er nickte.

"Vielleicht kannst du ja mal vorbeikommen und mit ihm spielen?" Timmy klatschte freudig in seine Hände.

"Ja, bitte", kreischte er fröhlich und vergaß dabei nicht seine Manieren, was mich mit Stolz erfüllte. James wandte seinen Blick mir zu.

"Ihr seid willkommen bei mir vorbeizukommen wann immer ihr wollt" Ich spürte wie Stromschläge durch meinen Körper zogen. Er war nur höflich, meinte eine meiner Hirnhälften. Er war so offensichtlich am flirten, kommentierte die andere. Ich nickte und räusperte mich.

"Das wäre klasse. Wie wäre es wenn wir ein bisschen spazieren gehen. Vielleicht begegnest du noch anderen Hunden, Schatz?" Tim nickte begeistert also machten wir uns auf den Weg. Wir beide machten einen regelmäßigen Spaziergang durch den mäßig großen Wald beim Park. Manchmal begleitet mich meine Mutter oder eine meiner Freundinnen. Irgendwie war es dann doch etwas anderes James dabei zuhaben wenn Tim hin und her schoss, irgendwie befremdlich intim. Ich machte mir klar, dass ich meine Hände definitiv in meinen Manteltaschen lasse. Timmy war auf Trolljagd und sprang hin und her zwischen Bäumen, Büschen und Pfützen während er einen Stock schwang und imaginäre Monster zum Duell herausforderte. Hin und wieder ließ James ein leises Lachen von sich hören.

"Du kannst gut mit Kindern", kommentierte ich und pauste gleich während ich an die Konsequenzen einer solchen Unterhaltung dachte. Ich hatte in den wenigen Stunden mit James mehr herausgefunden als in den letzten zwei Jahren, die wir jetzt schon miteinander arbeiteten. Und komischerweise wurde ich süchtig nach diesem Konzept. Ich wollte alles über James Carson wissen. Mein Arbeitskollege zuckte locker mit den Schultern.

"Ich mochte schon immer Kinder. Ich mag, dass sie nach keinem Schema denken. Sie sagen einfach frei, was ihnen gerade durch den Kopf geht."

"Das ist wahr", bestätigte ich ihm und konnte gerade noch so ein Seufzen hören.

"Ich weiß nur nicht ob ich jemals welche haben werde. Nicht jede möchte welche und ich möchte eigentlich in den nächsten Jahren welche haben, wenn ich noch jung bin. Doch Adoptionen sind hart, vorallem wenn man noch jung und alleinstehend ist" Ich war nicht wirklich sicher was ich sagen sollte.

"Das tut mir leid", sagte ich schließlich doch James schüttelte seine Melancholie schnell wieder ab.

"Darüber kann ich mir später auch Gedanken machen. Ich bin ja noch jung und fantastisch", meinte er scherzhaft und tat so als würde er seine, nicht vorhandenen langen, Haare über die Schulter werfen, was mich zum Lachen brachte. Nicht viele Menschen konnten mich zum Lachen bringen, doch James schaffte es bereits heute mehrmals.

"Oder ich erreiche meine Dreißig und realisiere, dass niemals die Richtige kommen wird und mache mich auf den Weg nach Asien und Afrika und stelle mir eine Brut zusammen wie Angelina Jolie und Brad Pitt", meinte er dramatisch. Ich verkniff mir ein Lachen.

"Ich finde Adoptionen wundervoll. Ich denke, du wärst ein toller Vater", gab ich zu. Beide versanken wir in den Blick des anderen bis Timothys Schreie mich wieder in die Realität brachten. Er war gestolpert und hielt nun seine Hand, während dicke Tränen seine Wangen entlang liefen. Ich hockte mich vor ihn und griff nach der verletzten Hand. Sie war leicht gerötet, doch es war nichts aufgerissen. Ich pustete leucht darauf.

"Sieh mal, da fliegt das Aua", erklärte ich ihm sanft und zeigte wahllos irgendwo mit dem Finger. Immer noch mit Tränen in den Augen, versuchte er das Aua zu finden, doch es war bereits weg.

"Mama kann es wieder gut küssen" Er zog die Nase hoch und nickte. Geräuschvoll küsste ich seine Handfläche und schickte ihn dann wieder weiter nachdem ich ihm erzählte, er sollte hinter der großen Eiche schauen, ich wäre mir sicher dort wäre ein ganzes Trollnest. 

"Ich werde sicher zu dir kommen, wenn ich Hilfe brauche, sollte ich jemals ein Kind haben. Du bist ein Profi"

"Ich bekommen viel Hilfe", erzählte ich und erinnerte mich an meine Panik heute Morgen.

"Also wenn ich nicht von jedem im Stich gelassen werde, versteht sich", lachte ich. Auch er lachte.

"Verbringt er viel Zeit mit seinem Vater?" Ich presste die Lippen aufeinander als eine Gänsehaut über meinen Körper zog doch erinnerte mich selbst daran, dass dieses Thema früher oder später sowieso aufgekommen wäre.

"Sein Vater ist nicht länger unter uns", erklärte ich leise. Ich wollte nicht überdramatisch klingen, doch habe ich mit der Zeit gemerkt, dass die Menschen auf diesen Satz besser reagieren als auf "Leider ist mein Ehemann tot". Neben mir spannte James sich an und ich konnte aus den Augenwinkeln sehen, dass er mich musterte

"Es tut mir so leid. Ich hatte keine Ahnung"

"Warum solltest du auch? Es ist nicht gerade das erste, was ich über mich erzähle"

"Aber all die Kommentare-" Begann er und dachte bestimmt an die vielen Male, an denen er sich über mein Sexleben oder Mangel an eben diesem lustig gemacht hatte.

"Mach dich nicht lächerlich", unterbrach ich ihn gleich.

"Wenn es mich wirklich gestört hätte, hätte ich schon etwas gesagt. Ehrlich gesagt mochte ich es, dass du mich nicht wie Porzellan behandelt hast, wie viele meiner Freunde"

"Es tut mir trotzdem leid", sagte er sanft.

"Danke" Es war schön das trotz allem zu hören, auch nachdem so viel Zeit vergangen war 

Behind these wallsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt