Es stellte sich heraus, dass James meine Gewohnheit hatte während eines Films zu plaudern. Etwas wofür Luke mich immer angeschauzt hatte, da er sich nicht auf den Film konzentrieren konnte.
"Ich hab gesehen, dass du deinen Ring nicht mehr trägst", bemerkte er beiläufig. Seine Augen blieben dabei auf dem Bildschirm. Ich nickte. Beide Ringe lagen vor dem Bild von Luke. Zusammen mit der zusammengefalteten amerikanischen Flagge, die mir bei seiner Beerdigung überreicht wurde, dessen Symbolik mir bis heute fremd war. Ihr Mann hat sein Leben für unser Land geopfert, hier ein Stück Stoff.
"Ich habe den Ring ein Jahr nach seinem Tod abgenommen. Ich war es satt die trauernde Witwe zu spielen. Seine Eltern fanden das nicht so gut" Ich erinnerte mich noch lebhaft an ihren Besuch als sie sahen, dass ich den Ring nicht mehr trug. Es endete damit, dass ich sie rausgeschmissen hatte und sie nur noch an Tims Geburtstagen anriefen. Das Geschenk verschickten sie per Post. James stieß kurz die Luft aus als würde er ein Lachen unterdrücken.
"Man kann einem auch nicht ewig nachtrauern, das ist nicht gesund. Du denkst ja noch immer an ihn, du hast die Bilder ja nicht abgenommen", erklärte er leise.
"Triffst du dich denn mit jemandem?", fragte er weiter doch schien immer noch in den Film vertieft zu sein. Ich drehte den Stiel des Weinglases in meinen Fingern hin und her.
"Ich habe es versucht, doch seien wir mal ehrlich. Bei einer 24-jährigen Witwe mit Kleinkind laufen die Meisten meines Alters weg. Meistens schon wenn man nur das Kleinkind erwähnt" Wieder lachte er leise und riss zum ersten Mal seit der Film lief seine Augen vom Bildschirm und sah mich an.
"Dann bist du bis jetzt wohl immer an die falschen geraten. Denn sie verpassen auf jeden Fall etwas" Er sah wieder auf den Fernseher und bekam deswegen nicht mit, wie sich mein Gesicht erhitzte und ich bestimmt knallrot war. Zudem spürte ich mein Herz fest gegen meine Brust klopfen. Wenn ich Zuhause war, hatte ich mein Handy nie außer Reichweite von mir, da es mir auch als Babymonitor für Tim diente. Darum fiel mir auch gleich auf, dass der Bildschirm sich erhellt hatte, weil eine Nachricht für mich reinkam. Im gleichen Moment bemerkte ich, dass auch James sein Handy aus seiner Hosentasche fischte.
"Es ist vom Personalbüro", bemerkte er als ich mich zum Wohnzimmertisch lehnte und nach meinem Handy griff. Ich entsperrte es und sah auf die Buchstaben auf dem erhellten Hintergrund. Ein ganzer Mix aus Gefühlen schoss durch mich und ich sah auf zu James.
"Michael Hoffman hat die Stelle bekommen", sagte er so vor sich hin und einen Moment lang starrten wir uns gegenseitig an.
"Gott sei Dank", rief ich aus als ich mein Handy auf das Polster fallen ließ und mein Gesicht in meinen Händen vergrub. Dabei stieß ich einen erleichterten Seufzer aus.
"Ich verstehs nicht ganz", bemerkte James, verwirrt von meiner Reaktion und ich lachte wieder. Ich nahm die Hände von meinem Gesicht und schüttelte den Kopf.
"Den ganzen Tag. Den ganzen Tag habe ich nach Tim geschaut und mich gefragt warum, zum Teufel, ich mich für eine Stelle beworben habe, die bereits voraussagt, dass ich noch mehr Zeit auf der Arbeit und weniger bei ihm verbringe. Ich wollte die Stelle nicht mal" James schüttelte den Kopf.
"Ernsthaft?" Ich nickte und mir war beinahe schwindelig vor Erleichterung, die durch mich floss.
"Warum hast du dich dann beworben?" Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich weiß es nicht" Wieder lachte ich. "Vielleicht weil es von mir erwartet wurde? Weil das Personalbüro es so wollte?" Ich nahm tief Luft.
"Wahrscheinlich hatte ich das Gefühl ich würde mich im Kreis drehen und auf diese Stelle hinzuarbeiten bedeutete in eine Richtung zu gehen, ein Ziel zu haben. Aber ich bin jetzt glücklich-" Ich sah wieder zu James.
"Scheiße" Ich fühlte mich wie ein richtiger Idiot. "Mir tut es aber leid, dass du die Stelle nicht bekommen hast." James hatte sein Handy auf den Tisch vor uns abgelegt und seine Hände lagen zusammengeknetet in seinem Schoß, während sich ein verlegenes Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. Er sah mich durch seine Wimpern an.
"Ich glaube, ich habe ein Geständnis abzulegen" Ich versteifte mich.
"Okay?", forderte ich ihn auf mit der Sprache rauszurücken.
"Ich wollte diese Stelle auch nie", platze es schließlich aus ihm raus." Ich habe mich nur beworben, weil du es getan hast"
"Bitte was?" Perplex musterte ich ihn. Seine Ohren verfärbten sich leicht Pink und er rückte mehr an das andere Ende des Sofas, was nicht sehr weit weg war.
"Ich wollte nicht, dass du das Team verlässt. Ich habe versucht mit dir Schritt zu halten und ich mochte es mich mit dir zu messen also war es eine Art Win-Win-Situation für mich außer du hättest die Stelle wirklich bekommen und wärst gegangen" Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich starrte ihn einfach nur an bis meine Stimme einen Weg an dem Klumpen in meinem Hals entlang fand.
"Du Idiot", zischte ich und schlug gegen sein Knie. Dabei versuchte ich nicht zu lachen.
"Was?" James grinste von einem Ohr zum andern. "Du hast gerade gesagt, dass du die Stelle auch nicht wolltest"
"Aber du hast es nur gemacht um mit mir zu spielen", erwiderte ich, versuchte meine Stimme unter Kontrolle zu kriegen, doch musste trotzdem lachen als ich nach einem Kissen griff und es James ins Gesicht schlug. Er drückte es wieder zurück und wir stürzten uns aufeinander wie kleine Kinder, kitzelten uns gegenseitig und versuchten den anderen festzunageln um als Sieger hervorzugehen.
"Ich liebe es mit dir zu spielen", erklärte James zwischen zwei Atemzügen. Immer mehr Kissen wurden benutzt als wir uns spielerisch in den Armen des anderen verdrehten. Wir zogen und zappelten um das Spiel zu gewinnen. Plötzlich merkte ich, dass ich unter James lag, unsere Beine ineinander verschlungen und seine Arme über meinem Kopf. James Gesichtszüge wurden etwas ernster. Einige Momente lang starrten wir uns nur an, unsere Atemzüge verlangsamten sich und die Spannung wurde stärker.
"Eigentlich", räusperte James sich, "gibt es viele Dinge, die ich an dir liebe" Ich schluckte. Es war dieses hörbare Geräusch das den Terror in mir offenbarte, welcher aber unmittelbar von dem plötzlichen Gefühl des Verlangens gedämpft wurde. Dieses Verlangen, das jeden Zentimeter meiner Haut zu heiß und eng fühlen lässt als mein Körper handhaben könnte. Ich hob eine meiner Hände und legte sie schüchtern an eine Seite von James Gesicht. Er antwortete auch gleich damit, die angestaute Luft auszuatmen, die Augen zu schließen und sich in meine Berührung hineinzulehnen.
"Es gibt viele Dinge an dir"sagte ich. Meine Stimme war fast zu leise um gehört zu werden. "Die ich, glaube ich, auch liebe" James hielt seinen Blick als er seine Lippen leckte und dann allmählich, wie in Slow-Motion, seine Lippen auf meine senkte.
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Behind these walls
RomanceAls Haileys Babysitter sie im Stich ließ, musste sie zu anderen Mitteln greifen. Dass diese Mittel James Carson und einen unvergesslichen Tag beinhalten, hätte sie nicht gedacht.