Kapitel 16

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Malia

Wir sahen Sophia alle drei mit dem gleichen verwirrten Gesichtsausdruck an. Eben war sie noch wie in Trance gewesen und jetzt sah sie uns mit einem triumphierenden Blick an, als hätte sie gerade den Durchbruch des Jahrhunderts gemacht. Wir sahen sie einige Sekunden lang mit verständnislosen Blicken an, in der Hoffnung sie würde sich erbarmen und uns ihren offensichtlichen Geistesblitz mitteilen.

Doch das einzige, was sie sagte war: "Malia, du bist ein Genie! Natürlich, dass muss es sein."

Sie nahm sich ein Blatt Papier und einen Stift, was beides neben dem Telefon des Hotelzimmers lag und notierte etwas darauf.

"Wärst du so freundlich und würdest deine Erkenntnis mit uns teilen?", fragte schließlich Jeffrey, der seine Sprache als erster wiedergefunden hatte.

"Was?", fragte Sophia verwirrt als sie ihren Kopf endlich von dem Blatt Papier abwand und in unsere immernoch verdutzten Gesichter blickte. Als sie realisierte, dass wir immernoch keine Ahnung hatten um was es in dem Gedicht ging, schmunzelte sie, hielt uns den Zettel vor die Nase, auf dem sie bis eben noch herumgekritzelt hatte und begann ihre Gendanken zu erklären, sodass sogar wir ihr folgen konnten:

"Achso... ihr seid noch nicht dahinter gekommen. Schaut mal her, ich habe das Gedicht hier auf den Zettel geschrieben. Die Fee hat uns den ersten Hinweis schon vorab gegeben: wir würden bald eine Klassenfahrt nach New York machen. Folglich befindet sich der Ort den wir Suchen in New York.
Die Erste Zeile des Gedichtes Lautet: "Kommt dort hin, wo vor langer Zeit die Freiheit besiegelt.", zuerst dachte ich an ein Rats oder Parlaments Gebäude, aber dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen...wenn man von New York und Freiheit spricht, an was denkt man denn da für gewöhnlich als erstes?", jetzt sah sie uns erwartungsvoll an.

Da begriffen wir worauf Sophia hinaus wollte, "Die Freiheitsstatue! ", riefen wir alle drei im Chor.

Sophia lächelte. "Na geht doch.", sagte sie und fuhr mit der Analyse des Gedichtes fort: " Im Zweiten Vers heißt es : "wo die Zacken tagtäglich die Sonne gespiegelt."

Bevor sie ihre Schlussvollgerung beenden konnte fiel ihr Eric, der bis jetzt eigentlich immer ziemlich ruhig gewesen war, ins Wort: "Die Krone! Die Krone der Freiheitsstatue hat Zacken, auf die jeden Tag die Sonne scheint."

"Ganz genau.", stimmte Sophia ihm zu, "und weiter heißt es:"Den Menschen so nah", was darauf zurück zu führen ist, dass jeder sie kennt, die meisten New Yorker sie sehen können und es dort Führungen gibt. "und doch für die meisten unerreichbar", muss dann heißen, dass der Ort den wir suchen nicht für normale Besucher zugänglich ist, höchstens vielleicht für das Wachpersonal. Und wahrscheinlich auch nur für Menschen, die im Besitz von magischen Artefakten sind."

"und: " Das Tor in der Krone ist unscheinbar" deutet wahrscheinlich auf einen geheimen Mechanismus hin, der ein Tor, oder in diesem Fall wahrscheinlicher ein Portal öffnet, dass uns dann zu dieser Fee bringt.", vervollständigte ich die Analyse.

Damit hatten wir das Gedicht geknackt und hatten nun eine ungefähre Vorstellung nach was wir Suchen mussten. Glücklicherweise würden wir am folgenden Tag an einer Freiheitsstatue - Führung teilnehemen.

Die Führung! Wir bemerkten erst wie spät es bereits war, als Jeffrey auf die Uhr zeigte und anmerkte: "Ähm Leute, es ist gleich Mitternacht. Wir sollten jetzt wirklich schlafen gehen, es gibt Morgen schon um 7 Uhr Frühstück und wir sollten ausgeschlafen sein. Wir haben nur eine Chance dieses Tor, oder Portal zu finden."

Wir stimmten ihm zu und so leise wie wir das Zimmer betreten hatten, verließen wir es auch wieder.

Am Nächsten morgen fanden wir uns gemeinsam mit unseren Mitschülern um 7 Uhr im Speisesaal ein. Sophia und ich setzten uns zu den anderen Mädels, die uns gut gelaunt begrüßten.

"Wir haben euch gestern Abend echt vermisst...es war wirklich lustig. Killian und Lillith haben die ganze Zeit herumgealbert und Liam saß eifersüchtig daneben. Ihm hat es gar nicht gefallen dass Killian die ganze Zeit mit seiner Schwester geflirtet hat. Torben, Tim und Dan waren sogar so laut, dass einmal Mr. Eastman kam und sie ermahnt hat und Sam sah die ganze Zeit etwas niedergeschlagen aus, aber er wollte uns nicht verraten was los ist. Übrigens, Leo hat nach dir gefragt Sophia.", brachte uns Maggi auf den neusten Stand, wobei der Unterton in ihrem letzten Satz nicht zu überhören war, woraufhin Sophia nur die Augen verdrehte.

Nach dem Frühstück fanden wir uns alle wieder in der Lobby ein. Wir waren bewaffnet mit Rucksäcken, Lunchpakete und wir vier natürlich noch mit ein Paar anderen Dingen...

Eine Ansprache unseres Klassenlehrers später stiegen wir alle hochmotiviert in den Bus, der uns nach Manhatten brachte, wo wir dann in einen Stadtbesichtigungsbus umstiegen, der uns durch New York kutschieren sollte.

Unterwegs lernten wir tatsächlich einige interessante Fakten über die Stadt. Als wir einige Zeit später schließlich vor der Freiheitsstatue standen, deren Besichtigung der Höhepunkt und Abschluss der Tour war, mischte sich zu unserer Vorfreude auch ein wenig Anspannung, denn für uns wurde es nun ernst.

Weinige Minuten später traf auch der freundlichaussehende Junge Mann ein, der uns begleiten sollte. Als wir an der obersten Stelle der Freiheitsstatue, die für Touristen zugänglich war, angekommen waren, hatten wir eine halbe stunde Zeit um Fotos zu machen, die Aussicht zu genießen oder einfach unser Lunchpaket zu essen.

Jeff, Eric, Sophia und Ich hatten uns während der Führung etwas nach hinten zurückgezogen und Abstand gehalten um einen Plan auszuklügeln. Letztendlich war es darauf hinausgelaufen, dass Jeffrey und Eric die Lehrer und Mitschüler im Auge behalten sollten, sodass Sophia und ich unentdeckt nach dem Portal suchen konnten.

Soweit, so gut. Jeffrey und Eric behielten also alle im Blick, während Sophia und ich auf der Platform herumtigerten und nach irgendwelchen besonderheiten ausschauhielten. Schließlich entdeckten wir eine schmale Treppe, die noch etwas weiter nach oben zu führen schien, vor der ein Absperrband und ein Schild mit der Aufschrift: "Zutritt für unbefugte Verboten. Nur für Personal." , hingen.

Sophia und ich sahen uns an und wussten, dass wir gefunden hatten wonach wir suchten. Wir sahen uns noch einmal um, um sicherzugehen dass uns gerade niemand beobachtete und schlüpften dann unter dem Absperrband hindurch.

Wir liefen die Stufen nach oben, bis wir an eine kleine Luke kamen die wahrscheinlich endgültig auf die oberseite der Krone führte. Ich wollte sie gerade öffnen als Sophia mich am Arm festhielt.

"Sieh nur.", sagte sie und zeigte auf den unteren Rand der Luke. Dort, wo sie hinzeigte, befanden sich winzige Symbole in einer mir unbekannten Schrift eingeritzt, kaum sichtbar. Unscheinbar.

"Kannst du das übersetzen?", fragte ich Sophia in der Hoffnung, dass ihr ihre Kette die Macht dazu verliehen hatte, doch sie schüttelte nur den Kopf. Stattdessen fuhr sie mit ihren Fingerspitzen ganz leicht über die Symbole.

Plötzlich begannen die Symbole zu glühen. Sie leuchteten immer heller und heller und es tauchten immer mehr von ihnen auf. Sie begannen sich von der Luke abzulösen und um uns herum zu schweben. Dann begannen sie sich zu drehen. Immer schneller und schneller. Jetzt war es so hell, dass wir unsere Augen zusammenkneifen mussten um nicht zu erblinden und ein fürchterliches Rauschen flutete unsere Gehörgänge.

Dann war auf einmal alles wieder Still. Bevor wir unsere Augen öffnen konnten, hörte ich eine bekannte, zauberhaft sanfte Stimme die sagte:" Das war wohl eure erste Portalreise, meine jungen Hüterinnen..."














Die Hüter der TugendenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt