Kapitel 19

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Kurz vor dem Heulkrampf stürmte ich aus Harrys Zimmer. Ich fühlte mich von ihm allein gelassen. Ja ich weiß, er konnte ja nicht ahnen, dass ich Lexy war und mit seinen Kindern schwanger, aber die Wahrheit tat weh und zwar sehr.

Ich rannte das Treppenhaus nach oben bis aufs Dach. Die Tür war geöffnet. Ich ging bis zum Ende des Daches und sah in die Tiefe. Die Sonne brannte. Da unten waren so viele Menschen und Autos. Von hier oben wirkte alles so belanglos. Ich setzte mich an die Kante und schaute nach unten. Was sollte ich nur mit meinem Leben anfangen? Zwei Kinder? Wenn es wenigstens nur eins gewesen wäre, aber gleich zwei. Meine Eltern würden wahrscheinlich Luftsprünge machen, aber ich fühlte mich damit überfordert. Sollte ich Harry davon erzählen? Es war offensichtlich: Er wollte keine Kinder. Warum sollte ich ihn damit belasten, wenn ich doch wusste, dass er eh wollte, dass ich abtrieb?

„Lexy, tu das nicht!"

Ich zuckte zusammen und sah mich erschrocken um. Niall stand hinter mir und kam langsam näher.

„Was soll ich nicht machen?" fragte ich verwundert.

„Bitte spring nicht!"

Ich verdrehte die Augen. Was dachte er denn von mir?

„Niall, ich habe nicht vor zu springen und hatte es auch nicht vor. Also beruhig dich!"
So ganz zu trauen schien er mir nicht.

„Dann komm bitte zu mir!"

Ich wollte ihn nicht unnötig beunruhigen und ging ein Schritt von der Kante weg, auf ihn zu. Er zog mich sofort zu sich ran und drückte mich an sich.

„Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein!" maßregelte er mich.

„Sorry", murmelte ich.

„Was machst du hier oben? Ich habe nur gesehen, wie du aus Harrys Zimmer gestürmt bist."

Sollte ich es Niall sagen? Wahrscheinlich war es besser. Da ich die Kinder eh behalten würde, würde er es eh irgendwann erfahren.

„Ich habe vorhin gelogen. Ich bin schwanger."

Niall lächelte ein wenig.

„Dachte ich mir schon. Du kannst genauso wenig lügen wie ich", sagte er nun grinsend.

„Na werd mal nicht frech! Du hast drei Jahre nicht gemerkt, dass ich nen Mädel bin", scherzte ich. Er schmunzelte.

„Warum bist du hier oben?"

„Ich wollte nachdenken. Harry will die Kinder nicht. Er will, dass ich abtreibe."

„Das hat er gesagt? Moment, DIE KindER?" Niall war ganz hippelig.

„Es sind Zwillinge. Ja, er hat es so gesagt, aber zu Alex, nicht zu Lexy. Ich weiß, dass er es mir sonst nie so gesagt hätte, aber so weiß ich immerhin die Wahrheit."

„Oh Mann, Lexy, es tut mir so leid. Ich bin für dich da. Hörst du? Ich bin immer für dich da!"

„Ich weiß. Ich glaube, ich sollte erstmal mit meinen Eltern sprechen. Vielleicht haben die ja einen guten Rat."

„Bestimmt. Eltern haben für alles eine Lösung."

Ach, wie naiv Niall doch war. Kaum zu glauben, dass er ein Jahr älter war als ich.

„Kannst du das alles bitte für dich behalten. Louis ist bis jetzt der Einzige, der von der Schwangerschaft weiß und ich möchte, dass es vorerst so bleibt."

„Klar, Prinzessin."

Es war komisch, dass er mich so nannte, zumal ich gerade wie Alex aussah.

„Blödian", nannte ich ihn liebevoll und boxte ihn zart in die Seite.

„Du solltest deine Eltern am besten jetzt anrufen. In London ist es schon zehn Uhr abends."

„Stimmt, du hast Recht. Dann entschuldige mich bitte."

„Kommst du danach bitte zu mir und berichtest mir, was sie gesagt haben?"

„Ja klar", sagte ich und verschwand im Treppenhaus. Ich wählte die Nummer meiner Eltern. Mein Vater hob, als ich gerade die Zimmertür aufzog.

„Hey Kleine, wie geht es dir?"

„Dad, sind Mom und Sam auch in der Nähe?"
„Ja, wir sitzen alle am Esstisch. Soll ich auf laut stellen?"

„Bitte."

Ich hörte einen Tastenton.

„Hey Schwesterherz", hörte ich Sams männliche Stimme sagen.

„Hallo Kleines", sagte meine Mama in deutlich höherer Frequenz.

„Hallo, ich muss euch was sagen!"

Eltern hatten wohl ein Gespür dafür, wenn etwas nicht stimmte.

„Was ist passiert?" fragte mein Vater sofort. „Geht es dir gut?"

„Ich bin schwanger.... Mit Zwillingen."

Stille. Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie sie alle am Esstisch saßen und verwirrte Blicke austauschten. Ich sagte erst einmal nichts weiter und wartete ab, bis sie etwas sagten. Ich wollte ihnen die Zeit geben, die sie brauchten.

„Schätzchen", sagte schließlich meine Mom. „Es wird alles gut werden. Wir sind für dich da."

„Danke Mom!"

„Was sagt Harry dazu?" fragte mein Vater schließlich.

Ich seufzte.

„Er weiß es nicht. Ich habe ihn aber als Alex ausgehorcht und er hat gesagt, dass er ein Kind abtreiben würde."

„Dieses Arschloch!" fluchte Sam.

Ich widersprach nicht.

„Was hast du jetzt vor?" fragte meine Mama mit ruhiger Stimme. Ich war so froh, dass meine Eltern immer für alles Verständnis hatten. Sie meckerten nie und unterstützten mich in allem, was ich tat.

„Keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob ich es Harry überhaupt sagen soll."

„Darf ich einen Vorschlag machen?"

„Klar, Mom."
Gespannt wartete ich auf ihre Lösung des Problems. Vielleicht hatte Niall ja doch Recht.

„Du kommst zu uns zurück. Du kehrst One Direction den Rücken und steigst aus der Band aus. Du kommst zu uns und widmest dich voll und ganz deinen Kindern. Das wird dir nach dem Stress der letzten Jahre gut tun. Nimm dir eine Auszeit. Lass Alex einfach verschwinden und werde wieder zu meiner Tochter. Und was Harry betrifft. Sag es ihm nicht! Er will kein Kind und warum ihn dann unnötig in so einer Situation bringen? Wir schaffen das auch gemeinsam! Du brauchst ihn nicht, schon gar nicht, wenn er die Kinder gar nicht will."

Ihr Vorschlag hörte sich vernünftig an, aber ich wusste nicht, ob vernünftig wirklich auch das Richtige war.

„Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen."

„Mach das! Von nun an will ich jeden Tag einen Anruf von dir haben oder eine Mail und hören, wie es euch geht. Verstanden?"

„Ja."

Ich telefonierte noch die ganze Nacht mit meiner Familie und am Morgen hatte ich einen Entschluss gefasst. Er brach mir das Herz, aber ich glaubte, dass es für alle das Beste sei. Ich würde mit Harry Schluss machen, noch heute. Ich würde bis zum Ende der Tour, also noch knapp einen Monat, als Alex existieren. Dann würde er komplett verschwinden. Ich würde mich voll und ganz auf die Mutterrolle konzentrieren. One Direction würde passé sein. Harry würde nie von den Kindern erfahren.

MY Direction ♂♀ (1D FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt