Kapitel 6

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Ich hatte mit Lola noch lange bei mir im Hotelzimmer gesessen und gequatscht. Erst um drei Uhr nachts war sie wieder gegangen. In meinem Zimmer schlafen konnte sie nicht mehr, da wir nun kein Paar mehr waren. Das wäre wirklich zu viel des Guten gewesen. Ich wollte gerade ins Bett gehen, als mir Harrys Jacke ins Auge fiel. Ich sollte sie ihm zurückgeben. Am besten ich legte sie ihm einfach vor die Tür. Er würde sie morgen früh dann hoffentlich noch dort vorfinden. Ich schlüpfte in meine Hausschuhe und machte mich auf den Weg zum Zimmer 808. Es war auf dem gleichen Gang. Nur vier Türen weiter. Ordentlich faltete ich die Jacke zusammen und legte sie behutsam vor der Tür ab.

„Was machst du denn um die Uhrzeit hier?" hörte ich es aus der Richtung des Fahrstuhls.

Ich wirbelte herum und sah Harry!

Das dürfte doch nicht wahr sein! Aus gerechnet jetzt kam er zurück? Wo hatte er sich überhaupt rumgetrieben? Verdammt, verdammt, verdammt!

„Ich wollte dir nur deine Jacke wiederbringen. Danke nochmal", sagte ich kleinlaut.

„Du wohnst auch in dem Hotel, oder?"

Meine Hausschuhe verrieten mich. Lügen war zwecklos.

„Sieht so aus."

Harry kam auf mich zu und ich roch deutlich seine Fahne. Er hatte getrunken und nicht zu wenig. Sein Gang wirkte nicht mehr so ganz sicher.

„Willst du nicht mit zu mir ins Zimmer kommen?"

War er immer so direkt? Seine Aufdringlichkeit war echt unangenehm.

„Bestimmt nicht", sagte ich entschieden.

„Komm schon, Süße!"

Er kam mir für meinen Geschmack zu nahe. Ich machte einen Schritt zurück.

„Lass das!" befahl ich ihn.

Sofort hob er unschuldig beide Hände in die Höhe. Es war kein Geheimnis, dass Harry aufdringlich wurde, wenn er getrunken hatte. Doch das erste Mal erfuhr ich es am eigenen Leib und es war wirklich nicht schön.

„Okay, Okay."

Schweigend standen wir nun in dem Flur. Ich konnte jetzt auch schlecht in mein Zimmer gehen, denn er wusste, dass ich als Alex dort wohnte.

„Du bist wirklich hübsch", sagte er leicht lallend.

„Du solltest echt deinen Rausch ausschlafen!" riet ich ihm.

„Nein! Ich will mit dir hier reden!"

Er gab sich nicht mal Mühe leise zu sein. Es war 3 Uhr morgens. Die Gäste, die ihre Zimmer in dieser Etage hatten, waren mittlerweile wahrscheinlich wach. Plötzlich ging eine Tür auf. Zayn trat in seinen Boxershorts zu uns. Seine Haare standen in alle Richtung und die Augen waren leicht zusammengekniffen.

„Alter, was machst du hier so ein Krach?" zischte er zu Harry.

Dann richtete er seinen Blick auf mich. Wieder ein banger Moment, in dem ich hoffte, dass er mich nicht erkennen würde.

„Guck mal, was sie für eine süße Maus ist?" sagte Harry nun belustigt.

Zayn verdrehte genau wie ich die Augen.

„Er ist echt betrunken!" sagte ich zu Zayn.

„Sorry, falls er dich belästigt hat. Er meint es nicht so. Nüchtern ist er anders", versuchte Zayn seinen Kumpel zu verteidigen.

„Ich weiß", sagte ich automatisch.

Augenblicklich sah mich Zayn skeptisch an, fragte aber zum Glück nicht weiter nach. Verdammt, ich sollte echt besser aufpassen, was ich sage.

„So Harry, du gehst jetzt schlafen! Gib deine Karte her!"

Er riss ihm die Schlüsselkarte aus der Hand, öffnete die Zimmertür und schob ihn hinein.

„Auf Wiedersehen, Baby!" rief Harry und winkte mir zum Abschluss. Zayn und ich tauschte kurz Blicke aus. Dann verschwanden sie in seinem Zimmer. Ich flüchtete schnell in mein Hotelzimmer.

Das war knapp.

Ich lag abends noch lange wach im Bett. Zu meinem Entsetzen stellte ich fest, dass es mich wirklich gefreut hatte, dass Harry mich hübsch fand. Es gefiel mir, wie er mich ansah, dass er mich attraktiv fand. Jedes Mal, wenn dieser Gedanke in mir aufkeimte, wollte ich am liebsten meinen Kopf auf einen Tisch schlagen. Solche Gedanken dürfte ich nicht haben!

Als am nächsten Tag um sechs mein Wecker klingelte, hätte ich ihn am liebsten vor Wut aus dem Fenster geschmissen. Ich hatte keine drei Stunden geschlafen. Doch wir flogen heute nach Amerika. Neun Stunden Flug würden hoffentlich die Gelegenheit bieten noch einmal ein Auge zu zumachen. Ich stopfte meine ganzen Sachen in meine zwei Koffer, denn halb acht war Abfahrt und ich musste mich noch zu Alex verwandeln.

Ich kam als Letzter an. Harry schien seinen Rausch gut verkraftet zu haben. Er alberte mit Louis herum.

„Du siehst aber Scheiße aus!" bemerkte Louis, als er mich sah.

„Irgendjemand meinte ja, nachts um drei auf dem Flur Krawall zu machen", zischte ich und sah zu Harry. Er zuckte nur mit den Schultern.

„Da war ne echt heiße Braut. Die konnte ich doch nicht einfach so im Gang stehen lassen."

Hatte er mich gerade heiße Braut genannt? NEIN, Lexy, NEIN! Fühle dich jetzt nicht geschmeichelt.

„Und hast du sie klar gemacht?" fragte Louis.

„Logo."
Und schon wieder log er ohne rot zu werden. Mir fiel fast die Kinnlade runter. Ich sah zu Zayn, der doch auch wissen müsste, dass da nichts gelaufen war, doch der war so vertieft in sein Smartphone, dass er von dem Gespräch gar nichts mitbekam.

„Gibt's was Neues von Lola?" fragte Liam nun ernst.

„Sie fliegt heute nicht mit uns mit, aber wir haben uns ausgesprochen. Sagen wir mal: Wir haben uns freundschaftlich getrennt!"

„Tut mir echt leid."

Ich beobachtete Niall, der nicht mal ein halb so guter Lügner war wie Harry.

„Passt schon. War abzusehen. Wir werden Freunde bleiben. Sie will uns in Amerika auch besuchen kommen, aber vor erst wollte sie für ein paar Tage nach Hause fliegen."

Bei den Worten, dass Lola uns besuchen kommen wollte, hob Niall unbewusst seinen Kopf und hatte so ein Glänzen in den Augen.

„Ich kann das gar nicht glauben, dass es euch als Paar gar nicht mehr gibt", sagte Harry nicht gerade einfühlsam. Sofort bekam er von Louis einen Ellenbogen in die Rippen.

Wir hatten unseren Privatjet während der Welttour. Das machte vieles bequemer.

Schlafen, ich wollte einfach nur schlafen. Wir waren noch nicht einmal in der Luft, den meine Augen schon zugefallen.

Als ich wieder aufwachte, schrak ich kurz zusammen. Etwas Schweres lag auf meiner Schulter. Vorsichtig drehte ich mich nach links. Irgendwie war Harrys Kopf auf meiner Schulter gelandet. Er schlief tief und fest. Er sah so friedlich aus. Er atmete gleichmäßig ein und aus. Mann, roch er gut. Ich hätte ihn Stunden beobachteten können.

Woher kam das auf einmal? Wieso fühlte mich plötzlich zu ihm hingezogen? Nur weil er mir ein Kompliment gemacht hatte? War ich wirklich so leicht zu beeindrucken? Ich dürfte das einfach nicht zulassen. Gefühle für einen von den Jungs waren das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte.

Mit einem Ruck bewegte ich meine Schulter. Harry wachte auf.

„Such dir eine andere Lehne, ich muss auf Klo", sagte ich barsch, auch wenn es mir innerlich echt leid tat ihn geweckt zu haben. Im Halbschlaf drehte er sich einfach auf die andere Seite, lehnte seinen Kopf gegen das Fenster und schlief weiter.

MY Direction ♂♀ (1D FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt