Kapitel 35 - Berge und Gewitter

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PoV Manu

"Alter, dieser Kaiserschmarn ist das Beste was ich je gegessen habe." schwärmte Palle und sah mit fast schon verliebtem Blick das Essen auf seinem Teller an was mich zum Lachen brachte. "Du übertreibt maßlos." meinte ich, doch musste auch zugeben dass es echt lecker war. "Muss ich Angst haben dass du mich verlässt? So wie du das Ding ansiehst." Nun war er es der lachte. "Ach Quatsch." grinste er.
Wir waren gerade auf der Neureuthalm in der Nähe des Tegernsees in den bayrischen Alpen und pausieren die Wanderung welche wir heute machten, bei einem kleinen Mittagssnack. Es war warm, leicht bewölkt und uns umgab eine kleine Briese und der Ausblick auf die wunderschöne Alm, umgeben von der bayrischen Alpenlandschaft.

Seit Silvester waren knapp 6 Monate vergangen und wir hatten es gerade Ende Mai. In der Zeit war viel passiert. Sehr viel. Palle und ich hatten vor knapp drei Wochen unseren Umzug nach München realisiert bei welchem uns Michael, Maurice und auch Denno, ein alter Schulfreund von Palle welcher auch in München wohnte, tatkräftig unterstützt hatten. Nach langem hin und her überlegen hatten wir beschlossen dass wir zusammenziehen wollten da uns das ständige Pendeln zwischen Köln und Essen zu blöd geworden war. Lang hatten wir überlegt wo wir hinwollten und unsere Wahl war schließlich auf München gefallen, das wunderschöne Herzstück Bayerns. Die Wohnung war größer als die alten so dass wir jeder Platz für ein eigenes Aufnahmezimmer hatten, was gut war damit es so wirkte als wären wir an getrennten Orten. Denn wir hatten den Zuschauern weder von unserer Beziehung noch von der neuen gemeinsamen Wohnung erzählt. Es sollte so wirken als wäre Palle alleine nach München gezogen, denn so konnte ich meine Anonymität besser aufrecht erhalten. Zwar konnten sich die meisten nach Palles Video an mich, wo er mir quasi halb seine Liebe gestanden hatte, und den danach gestiegenen Kürbistumoranspielungen in den Aufnahmen ungefähr denken was passiert war, doch es blieben Vermutungen und Spekulationen die wir weder bestätigten noch ausschlossen.
Neben den beiden Aufnahmezimmern hatte unsere Wohnung noch zwei Schlafzimmer von welchen eines für uns und eines für Gäste war. Des weiteren hatten wir noch eine Küche, ein Bad und ein Wohnzimmer. Ich fühlte mich wohl in München und genoss es, mal einen anderen Wohnort als meine alte Heimatstadt, in der ich seit meiner Geburt gelebt hatte, zu haben. Auch Palle tat der Tapetenwechsel sichtlich gut, unter anderem auch weil er hier viel besser sportlich aktiv sein konnte da die Berge ja quasi direkt um die Ecke waren. Er hatte seit wir hier waren schon ein paar Wandertouren, wie wir sie auch heute machten, unternommen. Für ihn war der körperliche Ausgleich zur Computerarbeit für YouTube wichtig. Zuerst hatte ich geglaubt dass das vielleicht zum Problem werden könnte da ich nicht so der sportlich aktive war doch das machte Palle nichts aus. Oft ging er auch allein in den Stadtparks joggen während ich derweil ein Video schnitt oder mit anderen etwas aufnahm. Und ab und zu kam ich auch gerne mal mit. Aber es tat auch gut mal ein paar Stunden alleine zu sein. Auch wenn ich Palle über alles liebte war ich einfach ein Mensch der ab und zu mal Zeit alleine brauchte. Generell hatte sich das Verhältnis zwischen mir und Palle über die letzten Monate ein bisschen verändert. Die frisch verliebte rosarote Brille war einem für mich neuen Gefühl gewichen. Grenzemlosem Vertrauen und bedingungsloser Liebe und Unterstützung. Das war zwar vorher schon da gewesen, hatte sich aber in den letzten Monaten vertieft und war realer, irgendwie echter geworden. Dadurch dass wir noch mehr Zeit als vorher miteinander verbrachten, hatten wir die Schwächen, kleinen Macken und Ticks des anderen besser kennen und akzeptieren gelernt und sahen den anderen nichmehr wie am Anfang durch die rosa Brille als hundertprozentig perfekt an, wertschätzten ihn und unsere Beziehung dadurch aber umso mehr.
Auch an meiner Familien Situation hatte sich viel geändert. Dani und Peter hatten eine tolle Frühlingshochzeit im März gehabt und ein paar Wochen später ihren Sohn Noah bekommen. Meine Mutter war ganz vernarrt in ihren Enkel und freute sich jedes Mal wenn die drei sie besuchten. Worüber sie und auch ich jedoch ganz und gar nicht glücklich waren, war der Auszug und die Trennung von meinem Vater. Lina hatte mich eines grauen Februarmorgends erneut weinend angerufen und gemeint dass sie die Streits unser Eltern nicht mehr aushielt und war dann in ihren Fashingsferien für eine Woche bei mir untergekommen. Laut ihr hatten diese heftigen Auseinandersetzungen nach Palles und meinem Besuch im November letzten Jahres angefangen. Mein Vater konnte es nicht ertragen, hasste es regelrecht, dass ich mit einem Mann zusammen war doch meine Mutter war der Gegenteiligen Meinung. Er hatte mich noch nie gemocht oder mir viel Beachtung geschenkt war mein ganzes Leben nie für mich da gewesen und das hatte das Fass für ihn wohl zum überlaufen gebracht. Irgendwann hatte Mama die ganzen Streits und Auseinandersetzungen mit ihm nicht mehr ausgehalten und Papa unter Tränen weggeschickt. Als ich davon erfahren hatte war ich innerlich zerbrochen. Ich hatte das Glück meiner Eltern zerstört, nur weil ich nicht "normal" war. Gab es etwas schlimmeres? Durch diese Gedanken erreichten mich wieder das tiefe Loch der Verzweiflung und des Selbsthasses. Es war schrecklich. Doch diesmal war Palle da, nahm mich tröstend in den Arm wenn ich nachts schweißgebadet aus Albträumen aufwachte und Heulkrämpfe hatte und versicherte mit immer wieder das nichts mit mir falsch war und es nicht meine Schuld war. Und langsam waren die bösen Gedanken und das Selbststhasskopfkino weniger, leiser geworden wenn sie auch nicht ganz verschwanden. Das würden sie wohl nie. Ich war unfassbar dankbar und glücklich Palle bei mir zu haben.
Auch Micha und Dado hatten endlich ihr gemeinsames Glück gefunden. Die beiden hatten uns am ersten Januar ein Bild geschickt auf dem sie gemeinsam kuschelnd auf einem Bett lagen mit den Worten 'Frohes neues Jahr.' Danach hatten wir telefoniert und sie hatten uns von ihrer frischen Beziehung erzählt worüber Palle und ich uns sehr gefreut hatten. Ok, das ist untertrieben. Wir waren fast auagerastet vor Freude.
Apropos Palle... dieser wedelte gerade mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum und rief meinen Namen und holte mich somit aus meinen Gedanken zurück. "Was denn?" fragte ich woraufhin er auf die sich nähernde Unwetterfront deutete. Das Wetter änderte sich hier in den Bergen echt rasend schnell. Gerade schien noch die Sonne und jetzt sah es nach Gewitter aus. "Sieht aus als würde es gleich Gewittern." sprach Palle meine Gedanken aus und ich nickte bestätigend. "Dann sollten wir lieber los gehen oder? Wir haben ja ein gutes Stück Rückweg." "Ja. Das dauert bestimmt zwei Stunden auch wenn es bergab geht." erwiderte Palle und so machten wir uns langsam aber sicher an den Abstieg. Während wir den Berg hinunterstiegen zogen sich die dunklen Wolken immer mehr zusammen und schließlich begann es zu tröpfeln, was sich jedoch bald in dichten Regen umwandelte. Der Boden wurde nass und rutschig, weshalb wir langsamer vorankamen. Schließlich gaben wir auf und stellten uns, inzwischen schon ziemlich nass, unter einer Gruppe von Bäumen unter, welche etwas Schutz vor dem Regen boten. Palles Haar triefte vor Nässe und sein nasses Shirt betonte seinen Oberkörper. "Hat dir schon mal jenand gesagt wie verdammt heiß du mit nassen Haaren aussiehst?" Ich strich ihm eine der nassen Strähnen aus dem Gesicht und gab ihm einen Kuss. Er schmeckte nach einer Mischung aus Kaiserschmarn und Regen. "Jetzt schon." grinste er als wir uns atemlos voneinander lösten. "Die müssen alle blind gewesen sein." erwiderte ich worauf er nur belustigt den Kopf schüttelte. Nach kurzer Zeit rangen wir uns schließlich dazu durch weiter zu gehen und kamen so knappe 2 Stunden später komplett durchnässt, doch glücklich an unserem Auto an mit welchem wir auf dem Wanderparkplatz am Fuß des Berges geparkt hatten. Wir stiegen ein und machten uns nun entgültig auf den Weg nach Hause. Auf dem Weg holten wir uns noch etwas zu essen und verbrachten dann den restlichen Abend gemütlich Zuhause eine Serie schauend auf der Couch bis wir schließlich schlafen gingen.

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Ein "kleiner" Zeitsprung und ein paar Neuerungen...
Leute wir sind einfach Platz 24 unter dem #youtube

Trust and Treason [Kürbistumor/Zomdado]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt