Fieber

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Es war offensichtlich, dass seine Verlobte Lady Leylia von Astoria zwar eine gute Reiterin war, aber sie war es sich nicht gewohnt längere Strecken oder eine Reise zu Pferd zu unternehmen. Erial war ihr Dankbar, dass sie auf eine aufwändige Kutsche verzichtete, denn eine Reise mit einer Kutsche hieß, ein langsameres Vorankommen. So konnten sie sich mehrere Tage sparen, bis sie in Tylsanyon ankamen.

Es war ein tränenreicher Abschied, als sie die Familie Astoria verließen. Zwar war es ein Trost für Leylia, dass ihr Bruder Cedric sie begleitete, aber dennoch hatte sie Heimweh und sie versuchte das mit Mühe und Not zu überspielen. Auch ihre Großmutter traf es schwer, dass ihre Enkeltochter, ihr eigenes Leben begann. Aber er hatte fest vor, dass sie sich so schnell wie möglich wiedersehen. Spätestens bei der Hochzeit und diese wollte er in naher Zukunft abhalten.

Er beobachtete seine zukünftige Gemahlin unauffällig. Sie versuchte sich mit seinem Gefolge zu unterhalten und wie er feststellen konnte auch anzufreunden. Es erfreute ihn, dass sie versuchte Teil seiner Welt zu werden. So wie er es erwartet hatte.

Dennoch suchte sie immer noch primär die Nähe ihres Bruders oder ihrer Zofe, die er ihr erlaubt hatte mitzunehmen. Auch weil Lord and Lady Astoria darauf bestanden.

Er führte mit seinem ersten Kommandanten das Gefolge an und beriet sich mit ihm über die Aufenthalte, die sie einlegen mussten. Auch war es Tradition, dass ein Lord seine zukünftige Frau der aristokratischen Gesellschaft vorstellt. Das hieß, dass er bei allen Lordschaften, die sie durchquerten, einen Besuch der edlen Herren abhalten mussten. Also feilten er und sein Kommandant an einer Route, wobei sie möglichst wenigen Lords und Ladys eine Ankündigung machen mussten.

Den ersten konnten sie sich sparen, da Lord Stynos nicht anwesend war und sich in der Hauptstadt aufhielt. Zwar war Erial erleichtert, dass er nicht weiter aufgehalten wurde mit der Reise, aber Lord Stynos war einer der wenigen Lords, die er mochte.

Es graute ihm bei der Vorstellung wie der Aufenthalt bei den zwei weiteren Lordschaften werden würde, bevor sie die Hauptstadt erreichten.

„Kalypso, bitte führe das Gefolge weiter. Ich werde mich mit meiner Verlobten befassen", bat Erial seinen Kommandanten. Er führte sein Pferd abseits des Weges, so dass ihn die meisten Männer überholen konnten und seine Verlobte zu ihm aufschließen konnte.

Er war nicht überrascht zu sehen, dass sie sich mit ihrem Bruder unterhielt. Sie verstanden sich blendend und er erkannte auch, dass Leylia das Nesthäkchen der Familie war. Cedric hatte einen ausgeprägten Beschützerinstinkt und war zwar seinem zukünftigen Schwager gegenüber stets höflich, aber auch skeptisch.

„Erial, was verschafft uns die Ehre?", sprach ihn Leylia an, als sie ihn bemerkte.

„Ich wollte dich in Kenntnis setzen, dass wir bald die Grenze zu Ogynes erreichen", erklärte Erial und Leylia gab ein kurzes Nicken von sich.

„Das ist der Dicke mit der Narbe im Gesicht", half Cedric ihr sich an ihn zu erinnern. Anscheinend kannte Leylia den Lord bereits.

„Hat er nicht auch eine Tochter in meinem Alter?", fragte sie und Erial merkte, dass er ausgeschlossen wurde bei dieser Unterhaltung.

„Violyna", erinnerte sich der Bruder an den Namen des Mädchens.

„Wir werden drei Tage dort verbringen", mischte sich Erial ein und gab Cedric zu verstehen, dass er sich allein mit Leylia unterhalten wollte.

„Ich werde kurz nach vorne reiten und mich mit Kalypso unterhalten", verstand Cedric den Wink und trab sein Pferd an.

Erial konnte beobachten, dass Leylia eingeschnappt war über dieses Verhalten ihres Bruders. Nun waren sie bereits mehrere Tage unterwegs und sie sprachen kaum ein Wort miteinander. Er wollte das ändern.

Im Zeichen des NordensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt