Kapitel 37 ✔️

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Zu viert betraten wir ein kleines, aber feines Frauenmodengeschäft. Statt den üblichen synthetischen Monsterkleidern sprangen mir direkt einige geschmackvolle schlichte Kleider ins Auge. Das Geschäft führte nicht nur Brautkleider, sondern ebenfalls normale Kleider sowie Oberbekleidung, Hosen und Röcke. Ein Schild wies darauf hin, dass es sich um Textilien aus Baumwolle handelte. Baumwolle, die biologisch und fair angebaut worden war. Das hörte sich doch schon einmal vielversprechend an. Massimo hatte den Laden über das Internet ausfindig gemacht und darauf bestanden, hier als Erstes reinzugehen. Mir gefiel es bisher und ich grinste breit.

Die Verkäuferin kam etwas zögerlich auf uns zu. Ihr Kopf war leicht eingezogen, so als wollte sie sich vor einer Gefahr schützen. Ich konnte mir vorstellen, was für einen seltsamen Anblick wir gaben. Vier finstere Gestalten, völlig in schwarz gekleidet, davon drei hochgewachsene Männer. Wir sahen vermutlich so aus, als ob wir gleich Schutzgeld erpressen wollten. Eine verlockende Vorstellung, die ich sofort wieder verwarf. Ich war aus einem anderen Grund hergekommen.

„W-was kann i-ich für S-sie tun?" Ängstlich schaute sie zwischen uns hin und her. Zitterte sie da etwa leicht? Ich schnaubte innerlich. So bedrohlich sahen wir dann doch nicht aus.

„Unsere Freundin hier sucht ein Brautkleid, hat aber eine Abneigung gegen den üblichen Mainstream. Wir dachten, dass sie hier bei Ihnen eher etwas ihrem Geschmack Entsprechendem finden wird." Massimos tiefe und angenehme Stimme klang unwiderstehlich und die Verkäuferin entspannte sich ein wenig. Das Zittern hörte auf und sie nahm mich mit zu der Ecke mit den Brautkleidern.

„Was stellen Sie sich denn genau vor?" Sie wies auf die im Gegensatz zu den bisher besuchten Geschäften geringe Auswahl. Dennoch hatte ich das Gefühl, hier eher fündig zu werden als irgendwo anders. Ich fühlte mich von einer Last befreit und meine Schultern strafften sich.

„Es sollte möglichst schlicht sein, nicht zu weit ausgeschnitten und vor allem nicht zu lang." Sie nickte verstehend und wandte sich den Brautkleidern zu. Endlich mal eine Verkäuferin, die bereit war, mir zuzuhören und nicht von den drei Harpyien in Grund und Boden gelabert wurde. Ich schielte zu den Jungs, die auf das schwarze Stoffsofa plumpsten. Massimo hatte sich die linke Seite gekrallt, Michael die Rechte, so dass für John nur die Mitte übrigblieb. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie der Italiener aus Chicago seinen Oberschenkel an den des Amerikaners aus San Francisco drückte. Woraufhin Johns Augen kurz aufblitzten. Aber nicht aus Wut oder Irritation. Nein, da lag eine andere Art der Spannung in der Luft. Ich grinste zufrieden und widmete mich den Kleidern, die Zoe, so hieß die Verkäuferin, bereits für mich rausgesucht hatte.

„Meins." Ich schnappte mir ein schlichtes langes Brautkleid und flitzte in die Umkleide. Wenn es so passte, wie ich es mir erhoffte, dann hatte ich das richtige Kleid gefunden. Flink zog ich meine Sachen aus und schlüpfte in das Kleidungsstück. Lächelnd betrachtete ich mich im Spiegel. Es gefiel mir, was ich sah. Schnell löste ich den geflochtenen Zopf und fuhr ein paar Mal mit den Fingern durch die langen Haare. Dann trat ich aus der Kabine und lief hüftschwingend auf die Jungs zu.

„Na, was meint Ihr?" Breit lächelnd wartete ich auf eine Antwort.

„Bellissima." Massimo ließ seinen Blick anerkennend über mich gleiten. „Wenn ich nicht schwul wäre, würde ich dich sofort heiraten."

„Awww, für dich finden wir auch noch jemanden, dann darfst du auch ein Kleid zu deiner Hochzeit tragen", zog ich ihn auf, freute mich aber insgeheim über das Kompliment.

„Nach einem Teufelchen siehst du jetzt nicht mehr aus. Eher nach einem Engel", kam es nun trocken von John. Seine Mundwinkel zuckten verdächtig nach oben, obwohl er sich um eine gleichgültige Miene bemühte.

Tempestuoso - A Storm is ComingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt