Kapitel 23 ✔️

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Dieses kleine Sackgesicht arbeitete jetzt für die Polizei von Chicago als Spitzel. Aber die Suppe würde ich ihm versalzen. Er hatte noch etwas gut bei mir, für die Beinahe-Vergewaltigung in Philadelphia.

Meine Nachforschungen der vergangenen Wochen hatten ergeben, dass er sich momentan bei Massimo Lucchese einschleimte, um diesen und dessen Verbündete an die Justiz auszuliefern. Bei dem Mann, der ein Nachfahre des Dons war, der vor Gericht für meinen Vorfahren ausgesagt hatte. Ein Grund mehr für mich, dem Mafiaboss zu helfen. Doch es gab einen weiteren Anlass. In einer Woche würde ein Treffen zwischen Lucchese und meiner Familie hier in Chicago stattfinden. Das bedeutete, dass ich an dem Wochenende mal die Füße stillhalten musste, um ihnen nicht aus Versehen über den Weg zu laufen. Mein üblicher Zeitvertreib war es, nachts auf meinem schwarzen Motorrad durch die Straßen zu fahren und meist junge Frauen vor irgendwelchen Halunken zu retten. Dabei waren mir mehrfach die Leute von Lucchese begegnet, aber solange ich ihnen nicht in die Quere kam, ließen sie mich in Ruhe. Einige grüßten mittlerweile freundlich, wenn sie mich sahen. Vor zwei Wochen hatte ich Probleme mit einer Gruppe von fünf Möchtegerngangstern gehabt, die ein siebzehnjähriges Mädchen belästigten. Genau an dem Abend hatte ich keine Schusswaffe dabei, sondern nur mein Messer. Wären nicht zwei Soldaten von Lucchese aufgetaucht, wäre die Sache übel ausgegangen. Fünf durchtrainierte Typen waren ohne Pistole etwas zu viel für mich. Jedenfalls tauchten die zwei Mafiosi im richtigen Moment auf und knallten die Schweine ab. Danach riefen sie Verstärkung, um die Leichen beseitigen zu lassen. Es stellte sich heraus, dass der Bruder des Mädchens zu Luccheses Männern gehörte. Seitdem hatte ich einen Stein im Brett bei den Gorillas. Ich grinste beim Gedanken an die Jungs und daran, wie höflich Mafiosi waren. Hätte mir das jemand vor der Zeit in Philadelphia erzählt, ich hätte ihn ausgelacht.


Die Fürsorge ging sogar so weit, dass mir zwischendurch ein Muffin oder ein Cappuccino in die Hand gedrückt wurde, wenn ich an einer Straßenecke eine Pause einlegte. Womöglich hing es damit zusammen, dass ich momentan meine Haare blondiert hatte und blaue Kontaktlinsen trug und somit gar nicht mal unattraktiv aussah. Aber ums Aussehen ging es mir nicht, nur um die Tarnung. Niemand sollte mich als eine Pensatori erkennen, sonst landete ich schneller in der heimischen Villa, als dass ich meinen persönlichen Rachefeldzug beendet hatte.

Aber zurück zu dem Schwein, das für die Bullen spionierte. Der Geselle hieß Timothy Broderick. Das blonde Ekelpaket vom Aladin in Philadelphia. Er war Mitte zwanzig, hatte seine Polizeiausbildung mit Bravour bestanden und war nach dem Verschwinden von Sam Hudson zur Polizei in Chicago gewechselt. Und damit mir über den Weg gelaufen. Ich hätte ihn damals härter gegen die Wand kloppen sollen, schnaubte ich innerlich. Jetzt würde ich stattdessen zwangsweise Luccheses Leuten den Spaß überlassen müssen. Mit Verrätern ging die Mafia nicht zimperlich um. Mit ein wenig Glück erlaubten sie mir, dass ich zuguckte. Okay, das hörte sich etwas schräg an.

Ich packte den Motorradhelm und die Bikerjacke, um sie an der Garderobe abzugeben. Ein letzter Blick auf mein Motorrad, dann betrat ich den Club. Mann, ich vermisste meine Hesketh Vampire noch immer, aber das Teil war zu auffällig. Mittlerweile stand sie auch nicht mehr in Brunswick, Ohio, sondern in einem Lagerhaus bei Philadelphia. Eines Tages würde ich zu meiner Familie zurückkehren und wieder mit der Maschine durch die Gegend brausen. Doch dieser Tag war nicht heute.

Im Club verzog ich mich erst auf die Toilette, um mein Aussehen zu kontrollieren. Die blonden Haare fielen weich über meine Schultern, die blauen Augen strahlten. Das hautenge schwarze Schulter Crop Top mit Tailleband und die ebenso schwarze Denim. Dazu mit Nieten besetzte Stiefeletten. Make-up hatte ich wie immer so gering wie möglich gehalten. Auf Lipgloss hatte ich gänzlich verzichtet. Ich war nicht hier, um Männern zu gefallen. Ich wandte mich zufrieden lächelnd vom Spiegel ab und entdeckte eine Barbie, die mich abschätzend ansah.

Tempestuoso - A Storm is ComingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt