Kapitel 41

627 63 25
                                    

Connor wunderte sich darüber, dass er Amaniel in der letzten Zeit nicht oft zu Gesicht bekommen hatte. Normalerweise trieb er sich immer in Reichweite herum, hauptsächlich, um ihn in den Wahnsinn zu treiben. Er durchschritt den Thronsaal in großen und zielstrebigen Schritten, die von den Wänden widerhallten. Theodor, der hinter ihm in den Saal gekommen war, betrachtete ihn leicht amüsiert und verschränkte die Arme vor der muskulöse Brust. Er hatte viel trainiert in den letzten Monaten und wirkte neben Georg, der kleiner und schmächtiger war, beinahe schon bedrohlich. Nun aber lächelte er sein sympathisches Lächeln. 

"Liegt Euch etwas auf dem Herzen, Eure Majestät?", fragte er schließlich. 

"Meine Zwangsheirat womöglich", erwiderte Connor trotzig, auch wenn er es so nicht meinte. Er wusste, was zu tun war und würde es tun, ohne sich wie ein kleiner Junge zu benehmen. Er hatte bereits zu viel geopfert, um nun bei einer so unbedeutenden Kleinigkeit aufzugeben. 

"Isabell ist eine wunderschöne Frau und reißt sich darum, Eure Königin zu werden", meinte Theodor trocken und zuckte seine breiten Schultern. 

Gerade deswegen konnte sie Connor nicht das geben, was er brauchte, doch das würde er den beiden Soldaten mit Sicherheit nicht auf die Nase binden. Er wandte sich leicht von ihnen ab und sah zu den Thronen. Bald würde auf dem zu seiner Rechten seine Königin sitzen. Der Gedanke störte ihn mehr als er sollte. Es war nur ein Thron, ein Symbol, das Macht verhieß. Nicht mehr und nicht weniger. 

"Das trifft wahrscheinlich auf den Großteil der Mädchen in Ashbrook zu, wenn wir ehrlich sind", erwiderte er nonchalant und ließ sich auf den Thron gleiten. Er klopfte sein Gewand ab. Obwohl er nicht zu ihm sah, wusste er, dass sein engster Berater die Augen verdrehte. 

"Isabell wird in Kürze eintreffen und ich möchte Euch ans Herz legen, Euch nicht wie ein selbstverliebter Narr zu verhalten. Ist das zu viel verlangt?" Manchmal hatte Theodor definitiv seine Liebesmüh' mit Connor. 

Der junge König sah ihn lange und erschöpft an, ehe er nickte und aufstand. "Bis dahin bin ich im Schlossgarten. Lasst mich einfach holen, sobald sie eintrifft und bereit ist, mich zu treffen." 

"Das werde ich tun. Und macht bitte keine Dummheiten", fügte der ältere Mann hinzu, während er seinem König dabei zusah, wie er fluchtartig den Saal verließ und in Richtung Garten davonging. 

Connor war wütend über die Tatsache, dass ihm die Situation zu entgleiten schien. Und er sehnte sich danach, Amaniel wiederzusehen, ob er sich das nun eingestehen mochte oder nicht. Er wusste nicht, wo er steckte und er fürchtete, dass er sich in der Zwischenzeit jemand anderen gesucht hatte, der ihn nicht ununterbrochen wegzudrängen versuchte. Connor war bewusst, wie er sich verhalten hatte und dass ihn das verschreckt haben könnte, auch wenn er davon weniger ausging, denn Amaniel schien jemand zu sein, der an Zielen festhielt, auch wenn der Weg dahin beschwerlich war. In dieser Hinsicht schien er ihm ähnlich zu sein. Das imponierte Connor. 

Er ging durch den Schlossgarten, ohne darüber nachzudenken, wohin er überhaupt ging, bis er schließlich an der Rückseite des Schlosses stand, die an den hohen Zaun grenzte. Hier befand sich auch das Nest, wie er den unterirdischen Durchgang zu nennen gepflegt hatte, der es ihm und Alexandra damals ermöglicht hatte, ihre nächtlichen Rendezvous abzuhalten. Er musste leicht lächeln, als er daran zurückdachte. Wie verliebt und unglaublich verblendet er damals doch gewesen war. Und wie verdammt unvorsichtig. Er mochte den Connor, zu dem er nun geworden war... Zumindest zum größten Teil. Was er nicht an sich mochte, war seine Feigheit, was seine Gefühle anbelangte. 

Gefühle. War er sich sicher, dass es ihm so ernst war? Oder reizte ihn nur der Gedanke, etwas Neues und Aufregendes mit jemandem zu erleben, der ebenso neu und aufregend war? 

REBORN TO RISE (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt