» Kapitel 17 «

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Nur wenige Stunden später machten wir uns zum Aufbruch bereit. Nachdem alle sich davon überzeugt hatten, dass ich am Leben und halbwegs unbeschadet war, kam der Wunsch auf, Westenraa hinter uns zu lassen und weiter zu reisen. Es war immer noch ein ganzes Stück bis nach Rushworth und das eigentliche Problem lag unglücklicherweise noch vor uns. Dashwood. Ein kleines, vergleichsweise eher unbedeutendes Land, das Ashbrook ähnelte, allerdings steiniger und trostloser war. Und voller Menschen, denen man nicht vertrauen durfte.

Bei unserem letzten Aufenthalt hatte man versucht, meine Begleiter zu ermorden und mich dem damaligen ashbrook'schen König auszuhändigen. Das hatte sich nur vermeiden lassen, weil die Runelta mich gewarnt und uns damit unser aller Leben gerettet hatte.

Wo auch immer sie jetzt sein mochte; ich glaubte nicht, dass sie mit meinem Vater zusammenarbeitete. Sie hätte schon mehr als genügend Möglichkeiten gehabt, mich ihm auszuliefern. Und die Geschichte ihres Landes hätte sie mir dafür auch nicht zu erzählen brauchen.

Sie war durchaus zwielichtig und ich konnte nicht wirklich einordnen, ob sie die Wahrheit gesagt hatte, als sie behauptete, sie wolle, dass Kaelan gemeinsam mit mir die Welt rettete, ehe sie genauso enden würde wie die ihre, aber sie war keinesfalls gegen uns. Das hatte sie mehr als einmal unter Beweis gestellt.

Dinara hatte sich dagegen entschieden, uns zu begleiten. Sie musste sich um die übrig gebliebenen Sonnenanbeterinnen kümmern und würde auch die unsrigen aus Wiesenthal zusammentrommeln. Es war besser, wenn wir aufeinander achteten und in unserer Nähe waren. So waren wir am stärksten. Und so machte ich mir weniger Sorgen um sie, weil ich wusste, dass wir mit vereinten Kräften kaum aufzuhalten waren.

Bree ritt zu meiner Linken, in Gedanken versunken. Ihr blondes Haar schimmerte in der kräftigen Mittagssonne wie pures Gold. Sie hatte es zu aufwendigen Zöpfen geflochten, die ihr bis zum unteren Rücken reichten. Dinara hatte ihr ein Kleid geschenkt, das ihr gut gefallen hatte. Es hatte die Farbe ihrer Augen und verdeckte ihren abgemagerten Körper. Sie wirkte zwar hin und wieder wie das Mädchen von früher, doch sie war es nicht mehr. Sie war nicht mehr halb so glücklich wie damals. Ich fragte mich, ob das der Preis war, den man für die wunderbaren verschiedenen Magien zahlen musste, mit denen uns das Leben beschenkt hatte. Das Aufgeben des eigenen Glücks. Das hatte ich auch schon mehrere Male getan und würde es sicherlich wieder tun.

Nur Cyryl pfiff gut gelaunt vor sich hin, während wir der Hauptstadt Westenraas unsere Rücken kehrten und langsam aber sicher auf die Grenze zu Dashwood zu ritten. Davon abgesehen war es sehr still, selbst Moyra plapperte nicht wie gewöhnlich.

Ich sah mich zu ihr um, um mich zu vergewissern, dass mit ihr alles in Ordnung war. Sie schien zufrieden aber ich konnte noch immer die Enttäuschung in ihren Augen erkennen, weil Dinara uns nicht begleitete. Es stand für einen Moment zur Frage und vielleicht hatte Moyra gehofft, dann hätte sie genug Zeit, um alte Leidenschaften wieder aufflammen zu lassen, doch dem war nicht so.

Wahrscheinlich war es gut, dass keiner von uns in irgendeiner Form eine Liebesbeziehung pflegte. Es reichte schon, dass man seine Freunde auf Schritt und Tritt verlieren konnte, wohin auch immer man reiste. Da brauchte man nicht auch noch einen Partner, den man zurücklassen oder um den man besorgt sein musste. Meine Beziehung zu Jeremia war wunderschön gewesen, doch vor allen Dingen schmerzhaft. Ich bereute nicht, dass ich mich auf ihn eingelassen hatte, als er sich dafür bereit gefühlt hatte, trotz Margaret, nein. Ich war allerdings davon überzeugt, dass ich, würde jemand die Zeit zurückdrehen, nicht mehr darauf beharrt hätte, eine Beziehung zu führen. Letztlich war das der wunde Punkt gewesen, den der Offizier gebraucht hatte. Und ich hatte auch so schon genug wunde Punkte, überall. Es reichte.

Raymond war es, der die Stille durchbrach, indem er wieder von dem Löwenadler anfing. »Ich würde so viel dafür geben, zu erfahren, wer für ihn verantwortlich war, um mich über ihn lustig machen zu können«, sagte er und lachte.

REBORN TO RISE (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt