Kapitel 4 (Tae)

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Nach einer weiteren Stunde hatte ich endlich alles zusammengesucht und schleppte nun die ganzen Essensreste, Decken und Kleidungsstücke zurück zu meiner Höhle. Ich hatte alles in zwei große Säcke gestopft und diese bis zum Waldrand hinter mir her gezogen. Oben angekommen ließ ich erstmal die gefundenen Sachen ächzend auf den Boden fallen und stützte mich auf meinen Knien ab.

,,Meine Fresse, sind die schwer," keuchte ich und ließ mich ebenfalls zu Boden gleiten.
Ich war, dank meines Ranges, nun mal nicht der Stärkste und das ging mir gewaltig auf die Nerven. Schwach zu sein zählte mit zu den Punkten, die ich an mir nicht mochte. Dazu gehörte auch mein femininer Körper, meine ganzen Ängste und noch ein paar Kleinigkeiten, doch an diesen ganzen Fakten konnte ich leider nicht viel ändern.

Mühsam rappelte ich mich wieder vom Boden auf, verwandelte mich in meinen Wolf und trug die Säcke im Maul weiter Richtung Höhle. Als ich endlich dort ankam, stand jedoch das nächste Problem vor mir. Die Büsche vor der Höhle waren sehr dicht und ich hatte keine Ahnung, wie ich dort die Säcke hindurch bekommen sollte.

Im Rückwärtsgang versuchte ich mich und einen der beiden Säcke durch das Gestrüpp zu quetschen. Kurz bevor ich es geschafft hätte, auch noch den zweiten Sack hindurch zu ziehen, blieb ich mit einen meiner Hinterläufe an einer Dornenranke hängen und ein stechender Schmerz durchzog mein Bein. Jaulend sprang ich nach hinten und landete zusammen mit meiner Beute auf dem kalten Höhlenboden.

Winselnd rappelte ich mich wieder auf und sah mir meinen linken Hinterlauf an. Das weiße Fell war rot und ich konnte das Bein kaum absetzen, ohne das es schmerzte. Humpelnd zog ich die Sachen zu meinem momentanen Schlafplatz und legte mich erschöpft auf den kleinen Felsvorsprung.

Das tut weh, Tae, wimmerte Navi und ich rollte mich zu einer Kugel zusammen. Verbandszeug oder Salben hatte ich nicht, weshalb ich warten musste, dass sich die Wunde von selbst schloss. Vorsichtig leckte ich diese noch ein wenig sauber, ehe ich danach die Augen schloss und in einen leichten Schlaf fiel.

Irgendwann am Nachmittag wachte ich durch leises Stimmengewirr auf. Verschlafen sah ich mich um und gähnte einmal herzhaft.
Wer ist das?, fragte mich Navi und neugierig spitze ich meine Ohren. Die Stimmen wurden etwas lauter, entfernten sich gleichzeitig aber auch relativ schnell wieder. Leise schlich ich zum Ausgang der Höhle und lugte zwischen den dichten Ästen der Büsche hindurch. Vier junge Männer standen am Flussufer und sahen sich um.

,,Ich schwören, ich hab ihn hier her gehen sehen. Aber ich rieche ihn nicht," sagte ein gut gebauter, schwarzhaariger junger Mann, welcher wild um die anderen herumlief. Von ihm aus ging die Aura eines Alphas und trotz des zugegebenermaßen heißen Aussehens, war er mir direkt unsympathisch. Ein kleinerer Mann mit blonden, welligen Haaren hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah dem Schwarzhaarigen beim Herumlaufen zu.

,,Hier scheint aber niemand zu sein, Koo. Können wir nicht einfach jetzt nach Hause gehen? Die Sonne geht sogar schon unter," quengelte dieser und sah die anderen beiden braunhaarigen Männer hilfesuchend an.

,,Er hat Recht, lasst uns gehen," stimmte einer von ihnen dem Blondem zu. Wenn ich mich genauer auf den Kleineren konzentrierte, empfing ich eine unbekannte Aura von ihm ausgehend. Verwundert zog ich meine Augenbrauen zusammen und schnüffelte noch einmal in die Luft. Ich konnte wirklich nur den Alpha und zwei Betas erkennen, den vierten von ihnen konnte ich nicht identifizieren.

Der Alpha schenkte der Umgebung noch einen letzten Blick, ehe er sich umdrehte und vorauslief. Der Rest folgte ihm brav und ich regte mich ein kleines Stück, wobei ich aber meinen schmerzenden Hinterlauf vergaß und einmal leise aufheulte.

Schnell duckte ich mich und legte die Pfoten über meine Schnauze. So ein verfluchter Mist! Zwischen zwei Ästen konnte ich gerade noch so erkennen, wie der Blonde stehen blieb und sich noch einmal umdrehte. Sein Blick flog misstrauisch in meine Richtung und es sah fast so aus, als wolle er zurückgehen, doch da riefen ihn zu meinem Glück seine Freunde. Endlich waren sie weg und erleichtert atmete ich aus.

Das war verdammt knapp mein Lieber," meckerte mein Wolf und leider musste ich ihm Recht geben. Das war in der Tat sehr knapp gewesen. Vorsichtig rappelte ich mich wieder auf und lief zurück zu den Säcken, in welchen sich noch die ganzen Sachen befanden. Unter Schmerzen verwandelte ich mich zurück in meinen menschlichen Körper und zischte auf, sobald mein Fuß den Boden berührte.

Nur noch ein paar Stunden, dann müsste der Fuß wieder verheilt sein.

Nachdenklich holte ich eine der Decken hervor und wickelte mir diese um meinen Körper. Der schwarzhaarige Alpha von gerade eben ging mir nicht aus dem Kopf.

Er sah ja auch schon wirklich gut aus~, schnurrte Navi und verächtlich schnaubte ich. Es war offensichtlich gewesen, dass dieser auf der Suche nach jemandem war - und zu neunzig Prozent war ich mir sicher, dass ich der Gesuchte war. Bei dem Gedanken, wieder in die Hände eines Alphas zu gelangen, begann ich leicht zu zittern und zog die Knie an meinen Oberkörper.

,,Ich will nicht zurück," wimmerte ich leise und vergrub mein Gesicht in dem alten Stoff der Decke. Bilder aus meinem alten Rudel erschienen in meinem Kopf und schmerzhaft zog sich meine Brust zusammen. Der Moment, in welchem ich das erste Mal wirklich verzweifelt um mein Leben schrie und bettelte, dass der Alpha mich bitte nicht so anfassen sollte, hatte eine tiefe Narbe hinterlassen.

Die Nacht bevor ich floh.
Verdammt, ich war noch ein Kind gewesen - mit Träumen und Hoffnungen.

Ich hatte immer von einem Gefährten geträumt, welche mich akzeptieren und beschützen würde. Ich habe immer das Gute in den Menschen und Wölfen gesehen, doch mit einem Schlag hatte er meine Vorstellungen und mich selbst zerstört. Er hatte meine positive Art einfach in einer Nacht komplett ausgelöscht und, selbst nach all den grauenhaften Jahren in seinem Rudel, meinen letzten Funken Hoffnung auf ein schönes, sicheres Leben ausgepustet.

Tränen flossen meine Wangen hinunter und traurig winselte Navi auf. Du hast wohl den Glauben aufgeben, Tae. Aber ich glaube noch an das Gute - alles braucht nur seine Zeit, und dann wirst auch du endlich glücklich sein.

💙

Catch Me Alpha || BTS Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt