„Kidd? Du darfst nicht sterben. Du musst leben. Kämpfe, kämpfe mein Freund!", sagt Lucy, während sie um Kidds Leben kämpft. Sie spürt, dass sein Herz immer schwächer wird und als es gänzlich stehenbleibt, belebt sie ihn wieder.
„Geladen", wird sie von ihrem Assistenten informiert. Sie setzt die Paddels an und schockt Kidds leblosen Körper.
„Nichts. Noch einmal, laden auf zweihundert", weist sie ihn an. Das Gerät wird geladen und als es bereit ist, schockt sie ihn noch einmal.
„Komm schon, Kidd!", beschwört sie ihn. Ihre Stimme nimmt an Strenge zu, denn, sie will sein Leben retten. Das hat er nicht verdient, denkt sie und beißt die Zähne zusammen.
„Was haben Sie vor?", fragt ihr Assistent sie panisch. Sie schaut zuerst Kidd, dann wieder ihren Assistenten an greift in seine bereits geöffnete Brust. Ihre Finger tasten nach dem geschwächten Muskel und als sie sein Herz in der Hand hält, beginnt sie es rhythmisch zu massieren.
„Komm schon", drängt sie Kidd.„Das ist doch verrückt!", stößt der Assistent aus und versteht nicht, warum sie so um sein Leben kämpft, obwohl es offensichtlich ist, dass Kidds Verletzungen viel zu schwerwiegend sind, als dass sie ihn noch retten könnte. Doch Lucy hat einen Eid geschworen, jeden zu retten, der ihre Hilfe braucht. Sie kann nicht aufgeben. Nicht, solange er noch lebt.
***
Was ist hier los? Wieso lächelt sie nicht mehr? Langsam gehe ich auf Lilly zu, will sie berühren, doch ich kann nicht. Es ist, als wäre ein unsichtbare Wand zwischen uns, die es nicht zulässt, dass ich ihr nahekommen kann. Tränen schießen mir in die Augen, Schluchzer formen sich in meiner Kehle und dringen mir über die Lippen.
Ich lasse den Kopf hängen und versuche mir klar zu werden, was hier los ist. Wer lässt nicht zu, dass ich zu ihr kann? Wer bestraft mich?
„Kidd?" Ich horche auf, weiß nicht, woher die Stimme kommt. Lilly kann es nicht sein, sie steht wie erstarrt da und bewegt sich nicht.
„Du darfst nicht gehen. Bleib bei mir." Ich schaue mich um, doch ich kann niemand sehen. Lucy? Der Name kommt mir bekannt vor, doch ich kann ihn nicht zuordnen. Wer ist sie? Was will sie? Wieso hält sie mich auf?
„Sie können ihn nicht retten." Geht es um mich? Will sie mich retten? Nein. Ich will nicht gerettet werden, ich will zu Lilly. Ich will endlich wieder bei ihr sein und mich ihr nahe fühlen. Ich drehe mich um, gehe ein paar Schritte und richte den Kopf gen Himmel.
„Wenn du mich hören kannst, dann lass mich gehen. Sei mutig, Lucy, halte nicht an mir fest", rufe ich. Ich warte, versuche zu lauschen. Doch ihre Stimme ist nicht mehr zu hören.
***
„Er ist tot, Dr Liebermann." Sie schaut ihren Assistenten an und schüttelt den Kopf, während ihre Finger noch immer um Kidds Herz geschlossen sind. Im Sekundentakt drückt sie den Muskel, ihr Arm schmerzt bereits wegen der Anstrengung. Schweiß rinnt ihr am Rücken hinunter und bildet auf ihrer Stirn Perlen.„Wie lange schon?", keucht sie und schaut in seine Augen.
„Zu lange. Sein Gehirn ist schon zu lange ohne Sauerstoff. Wenn Sie weitermachen riskieren Sie einen Hirnschaden und selbst wenn er es überleben würde, würde nicht sicher sein, ob er jemals wieder das Bewusstsein erlangen würde. Also stellen Sie die Maßnahmen ein und lassen Sie ihn gehen", insistiert der junge Assistent.
Sie schluckt, weiß, dass er recht hat und doch fällt es ihr unglaublich schwer. Ihr Blick fällt auf Kidd, der intubiert auf dem improvisierten OP-Tisch liegt.
„Es tut mir leid, Kidd. Es tut mir so leid", flüstert sie den Tränen nahe. Ihre Finger lassen sein Herz los und zusammen sehen sie der Herzlinie zu, wie sie immer flacher wird, bis sie seinen Tod anzeigt. Sie beugt sich über Kidd und sieht zu, wie eine Träne seinen Augenwinkel verlässt und über seine Wange fließt.
„Ruhe in Frieden, Soldat."
***
Die Starre löst sich, die Wand ist weg und als ich auf Lilly zugehe, kann ich mein Glück kaum fassen. Ich ziehe sie in meine Arme, hebe sie hoch und drehe mich mit ihr im Kreis. Sie lacht, kichert und hält sich an mir fest.
Ihr Gesicht, es sieht genauso aus wie damals. Wunderschön.
„Du bist es wirklich", flüstere ich und streiche ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
„Kidd. Ich habe auf dich gewartet, solange", erwidert sie leise. Ich nicke, kämpfe gegen die Tränen an und verliere schließlich.Ich senke den Blick, doch Lilly zwingt mich sie anzusehen.
„Du bist jetzt bei mir, das ist alles was zählt", sagt sie überglücklich. Ich nicke, doch ich kann es kaum glauben. Sie löst sich von mir, doch ich lasse sie nicht ganz los, dazu habe ich sie viel zu lange vermisst.
„Wo sind wir hier?", frage ich sie. Lilly lacht und verschränkt ihre Finger mit meinen, zieht mich mit sich und gemeinsam laufen wir los. Ihr Kleid flattert im Wind, ihr Lachen dringt in meine Ohren und lässt mein Herz mit Liebe fluten.
„Das gehört jetzt uns. Weißt du noch, dass ich mir so meine Zukunft mir dir vorgestellt habe?" Ich nicke und lächle.
„Ja, natürlich. Eine riesengroße Blumenwiese, auf der wir unser Haus errichten würden", antworte ich. Lilly stellt sich neben mich und lächelt mich an.
„Wir sind jetzt für immer vereint, Kidd. Niemand wird uns je wieder trennen." Unsere Blicke begegnen sich und ich fühle mich glücklich, friedlich und voller Liebe.
„Ich werde immer bei dir bleiben, Lilly. Nie wird es eine andere Frau für mich geben, du bist die Liebe meines Lebens. Für Immer."
Mut bedeutet etwas zu tun, sei es ein Kind aus einem brennenden Haus zu retten, einem Unfallopfer zu helfen, oder ein Leben gehen zu lassen, wenn es Zeit ist. Wir sind alle Helden, denn unser aller Handeln ist ein stummer Zeuge von Mut. Vergesst das nie.
--------------------------------------
Und auch dieser dritte und letzte Teil ist zu Ende.
ich hoffe, ich lese euch noch ein letztes Mal im Nachwort.
eure Amanda
DU LIEST GERADE
Die Sein Reihe
RomanceDie Liebe seines Lebens. So würde Kidd seine Ehefrau Lilly bezeichnen, würde sie noch leben. Ihr junges Glück wurde je zerstört, als sie die Diagnose Hirntumor bekamen. Wie geht man mit einer solchen Hiobsbotschaft um? Zerbricht man daran, oder kämp...