Kapitel 11

654 14 2
                                    

Ich sah in seine Rehbrauen Augen. Er hat sich sehr verändert, jedoch hat er immer noch die selben markanten Gesichtszüge, die selbe Mimik und die selbe Haltung. Nur in seinen Augen spiegelte sich etwas wieder, was ich nicht deuten konnte.

Regungslos stand ich da, bohrte förmlich meine Fingernägel in meine Handfläche, um den ganzen schmerz in eine andere Richtung zu lenken. Vergeblich. All der Kummer wurde mir nämlich nicht physisch zugetragen. 

Niedergeschlagen drehte ich mein Gesicht von Ihm weg. Ich muss mich zusammen reißen, ich lass ihn nicht wieder mein Leben durcheinander bringen. Wie eine Mantra wiederholte ich diesen Satz in meinem Kopf und desto mehr ich ihn wiederholte, desto mehr Wut kam in mir auf. 

Hass und Enttäuschung machten sich in mir auf. Ich biss auf meine Zähne zusammen und richtete meinen nun Hasserfüllten Blick wieder Ihn zu.

Wie ein Stichwort brachte dies ihn dazu, auf mich zu zu gehen. Unsere Augen trafen sich wie Blitze. Standhaft blieb ich stehen und beobachtete jede seiner Bewegungen. Seine Gesichtszüge wurden mit jedem Meter der er mir näher kam härter. Meine ohnehin schon flache Atmung stockte, als er unmittelbar vor mir stand, und ich seinen Geruch wahrnahm. 

Der Windhauch der an mir vorbei wehte bereitete mir eine Gänsehaut. Ein Windhauch? Warte mal... schneller als ich es realisieren konnte wandte er sich wieder von mir ab und ging schnellen Schrittes Richtung Ausgang.

Fassungslos sah ich ihn hinterher, sah jedoch nur seinen Rücken der zurück in die Wohnung stürmte. Er ist einfach gegangen? Er ist weg? Einfach so? 

»Irem? Alles in Ordnung?« zog mich Ahmet aus meiner starre, in dem er an meinem Arm rüttelte. Ich sah erst zu meinen Arm runter, dann zu Ahmet. Die Musik wurde wieder lauter und die Menschen in meinem Umfeld wieder präsenter. »Ja« antwortete ich ihm eher unschlüssig und versetzte meine Beine in Bewegung. Ich merkte wie meine Freunde mir Hinterher kommen wollten, hielt sie aber mit einer kleinen Handbewegung davon ab.

Mein Blick suchte nach einer kleinen Narbe an meiner rechten Hand, während ich die Party verlies.  Es war eine kleine Narbe die von meinem Daumen bis zu meinem Handballen verlief, über der ich mit meinem linken Daumen drüber strich.

»Irem warte!« hörte ich jemanden nach mir rufen. 

»Ich möchte grade echt alleine sein Ahmet.« machte ich ihn zu verstehen und lief weiter die Strasse entlang, auf den Weg zu der nächsten Bushaltestelle. »Denkst du wirklich, dass ich dich um diese Uhrzeit alleine Nachhause gehen lasse?« fragte er mich rhetorisch, nachdem er mich eingeholt hatte. Genervt sah ich ihn an. »Na los, komm schon.« lächelte er aufmunternd.

Und schon zog er mich an meiner Hand zu seinem Auto, das er in der Nähe geparkt hatte.

Ich war müde, ich merkte wie dieses kleine Wiedersehen all meine Energie aus meinem Körper heraus zog. Und das bitterste dabei? Er sah es nicht mal für nötig, mir zu sagen warum er mich damals einfach im Stich gelassen hat. Deshalb wehrte ich mich auch nicht gegen Ahmet und lies es einfach über mich ergehen. 

Mit meinem am Autofenster angelehnten Kopf, begutachtete ich weiterhin die kleine Narbe, die wieder 100 Erinnerungen in mir aufwühlte. 

Flashback

Es war ein warmer Sommertag, ich und Enes haben uns den ganzen Tag gegenseitig genervt. Er wollte mich mit meiner Höhenangst necken, was ich Stur Kopf natürlich nicht auf mich sitzen ließ, weshalb ich auf einen Baum kletterte. Das hochkommen war kein Problem, aber als ich nach unten sah bekam ich Panik und wollte nicht mehr runter, weil ich Angst vom fallen hatte. Enes hat eine halbe Stunde versucht mich zu überreden, da endlich runter zu kommen. »Ich fang dich auf.« sagte er »Versprochen.«

Ich klammerte mich am Ast fest und sah runter, auf einen Enes der seine Arme ausbreitete. Sein sanfter Blick überzeugte mich »Bak söz verdin!« [Du hast es mir versprochen!] warnte ich ihn bevor ich meine Augen schloss und sprang. Es hatte sich als Fehler entpuppt mit geschlossenen Augen zu springen, wer hätte das gedacht? 

Ich spürte auf meiner rechten Hand einen stechenden Schmerz und als ich meine Augen öffnete lag ich über Enes. »Iyi misin?« [geht es dir gut?] fragte er mich mit einem schmerzverzerrten Gesicht. Ich richtete mich auf »Iyiyim.« [mir geht es gut.]. Wahrscheinlich hat Enes sein Gleichgewicht verloren als ich auf ihn sprang und beim Aufprall kam mir einer der großen Steine entgegen, die hier überall verteilt waren. Meine Hand blutete stark. »Irem iyi misin?« schockiert fragte Enes mich erneut, als er meine Verletzung bemerkte und richtete sich auch endlich auf. Ich wand mein Blick ab und sah zu ihn auf »Sen Beni yakaladın ya, o yüzden iyiyim.« [Du hast mich aufgefangen, deshalb geht es mir gut.] lächelte ich ihn an. Flashback Ende

Ich wurde am selben Tag noch genäht und Enes ist mir nicht einmal von meiner Seite gewichen. Einpaar Tränen kullerten und ich wendete meinen Blick von der Narbe ab. Damals hatte er mich gefangen. Heute wurde mir klar das meine Angst damals berechtigt war.

»Was war los? Möchtest du darüber reden?« abwechselnd sah er zwischen mir und der Straße hin und her. »Ist nur eine alte Geschichte.« winkte ich mit einer gebrochenen Stimme ab.

 »Wenn es eine alte Geschichte ist..« fing er vorsichtig an »..wieso sind das dann neue Tränen?«

Oh. Das hat gesessen. 

»Vielleicht gab es ja einen Teil in mir, der die Geschichte weiter führen wollte.« gestehe ich ihm und mir ein. »Aber dieser Teil ist heute in mir gestorben.« 

Denn ab heute höre ich auf die Tage zu zählen, bis ich über dich hinweg bin. Ab heute bin ich nämlich fertig mit dir. Ich bin endgültig fertig mit dir Enes Meral.


_______________________

Ok, ok es hat ein wenig lange gedauert, aber dafür fängt die Geschichte jetzt erst Richtig an. Das nächste Kapitel handelt aus der Perspektive des Protagonisten, also bleibt gespannt. :) 

ya Hero ya Mero - Mero428Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt