P.o.V. Lea
Seit einigen Tagen schwirren mir unzählig viele Gedanken durch den Kopf. Ich weiß schon langsam nicht mehr, wo oben und unten ist. Zu viele Dinge möchten von mir zeitgleich durchdacht werden.Flash zum Beispiel. Seit dem Streit mit meinem Dad fühlt es sich nicht mehr wie früher an. Es ist nicht so, dass er mich schlechter behandelt, ganz im Gegenteil. Wenn der Junge könnte, würde er mir vielleicht die Welt zu Füßen legen.
Aber irgendwie will ich es nicht.
Mir braucht niemand die Welt zu Füßen legen und mich auf seinen Schultern tragen. Ich brauche jemanden, der mir mal mit der Hand vor den Kopf stößt und mir sagt, dass ich gerade nicht klar bin. Jemand, der mit mir verrückte Experimente ausprobiert und dann zusammen das Chaos wieder beseitigt. Ich möchte einen Jungen an meiner Seite haben, der nicht FÜR mich alles macht, sondern MIT mir alles macht, weil ich selber in der Lage bin für mich zu sorgen, es aber nicht mehr alleine machen muss. Darin liegt der Unterschied.
Und all das kann ich mit Flash nicht haben.
Dessen bin ich mir langsam bewusst, nur was ich machen soll steht noch in den Sternen.
Jedoch habe ich nicht mein Beziehungsproblem im Kopf rumfliegen. Da sind auch noch die braunen Augen und das betörrende Lächeln eines anderen vor meinem inneren Auge, die mich nicht mehr klar denken lassen. Ständig ist seine Stimme in meinem Ohr und erzählt unsere letzten Gespräche vom Neuen. Wie soll ich mich dabei auf meine anderen Probleme, die auch meine Aufmerksamkeit haben wollen, konzentrieren?
Wie man sieht, habe ich noch über viel nachzudenken. Deswegen trifft es sich sehr gut, dass es endlich Wochenende ist. Das heißt, ich kann mich ungestört stundenlang in der Werkstatt einsperren, an meinen Projekten arbeiten und dabei meinen Gedanken freien Lauf lassen. Vielleicht schaffe ich es in meinem Oberstübchen aufzuräumen und finde meine innere Ruhe wieder.
Doch daraus soll nichts werden.
Nicht lange nachdem ich meine Schultasche Zuhause fallen gelassen habe und den nächstbesten Schraubenzieher zur Hand genommen habe, betritt Natasha den Raum. Argwöhnisch blicke ich sie an, während ich eine weitere Schraube festziehe. Ach, könnte ich doch auch so einfach in meinem Kopf alles auseinanderbauen und Unwichtiges in den Papierkorb werfen.
"Womit kann ich dir dienen, meine liebste Witwe?" frage ich sie schließlich nach einigen Augenblicken der Stille. "Mit deiner Anwesenheit", antwortet Natasha simpel. Dabei legt sie eine Tüte auf den Tisch, auf dem momentan das Innenleben eines Computers liegt.
Neugierig lege ich den Schraubenzieher zur Seite und inspiziere den ominösen Inhalt.
"Wie lautet deine Mission, die meine Anwesenheit, Gesichtsmasken, schnulzige Liebesfilme, Nagellack und Süßigkeiten benötigt?" zähle ich auf.
Sie lacht, nimmt mir die Sachen wieder ab und erklärt: "Mädelsabend." Ok, eine Erklärung ist das nicht unbedingt.
"Musst du heute für jedes Wort, das du redest, bezahlen oder warum herrscht ein Mangel an ihnen deinerseits?" Langsam geht mir ihre wortkarge Redensart auf die Nerven. Das ganze hier passt nicht in meinen Wochenendplan.
"Du und ich werden heute einen Mädelsabend machen. Und bevor du irgendetwas versuchst: Du kommst da nicht raus. Ich habe das Wohnzimmer exklusiv für uns reserviert, wir werden also nicht gestört. Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich dich seit deinem Schulbeginn noch weniger zu Gesicht bekomme und ich vermisse nun mal unsere gemeinsame Zeit" rechtfertigt Natasha ihr Vorhaben und macht dabei einen Schmollmund.
Dem habe ich leider nichts mehr entgegenzusetzen. Irgendwie hat mich auch das Gefühl beschlichen, dass ich keine Zeit mehr für meine Familie habe. Das muss ich wieder gut machen und wo lässt es sich noch besser durchführen als bei einem Abend mit meiner liebsten Rothaarigen?
Also gebe ich mich mit einem Nicken geschlagen und werde sofort aus der Werkstatt gezogen. Mit den Worten "ziehe dir etwas Bequemes, aber Vernünftiges an" werde ich auf mein Zimmer geschickt. Dies entsetzt mich zunächst, jedoch ist ein Blick auf meinen mit Öl und Schmiere besudelter Overall dann doch Erklärung genug.
Wenig später sitze ich mit Natasha auf der Couch, sie mit einer schwarzen Maske im Gesicht, während sie mir eine rosafarbene mit Glitzer auf die Haut schmiert. Im Hintergrund läuft einer der Filme, die ich vorhin in der Tüte gesehen habe.
Wieder schleichen sich meine Gedanken zurück zu den braunen Augen. Sie können unschuldig und treu aussehen. Gleichzeitig sagen sie dir aber auch, wie er sich wirklich fühlt. Bei ihm sind seine Augen definitiv das Tor zur Seele.
Dazu seine Stimme. Ich könnte stunden - nein tagelang- ihr zuhören, das Thema kann dabei völlig irrelevant sein. Wenn er jedoch über etwas spricht, das ihn begeistert, dann beginnen seine Augen zu funkeln un-
"Warum bist du heute so ruhig?" unterbricht Natasha meine Schwärmerei. "Mh?" frage ich, da ich vollkommen aus meiner Welt gerissen wurde. Der Aufprall zurück in die Realität tut immer sehr weh.
"Warum bist du so ruhig? Normalerweise hättest du inzwischen schon so viel erzählt, dass der Umfang des Alten Testamentes ein Witz dagegen ist. Was belastet dich?" Ihr Gesicht nimmt einen besorgten Ausdruck an, soweit es mit einer trocknenden Maske möglich ist.
Ich überlege meine nächsten Worte gut. Ich möchte, dass Natasha sofort versteht, was ich meine.
"In meinem Kopf ist es momentan nicht ruhig. Es geht dort so viel ab, dass ich mich immer wieder in Gedanken verliere", gestehe ich ihr. Mit der Rothaarigen kann ich immer über Themen reden, die ich mich vor anderen niemals trauen werde anzusprechen.Nachdem sie die letzte der zähflüssigen Masse verteilt hat, lehnt sie sich zurück und ermutigt mich fortzufahren: "Und worum geht es in diesen Gedanken?"
Ich hole einmal tief Luft und beginne mir alles von der Seele zu quatschen: Meine Probleme mit Flash, dem anderen Jungen, aber auch meine Ängste, wie meinen Vater zu enttäuschen, vor allem wenn man meine Schwänz-Aktion noch im Hinterkopf hat.
In der Zwischenzeit sind schon unsere Masken getrocknet und der Film abgelaufen. Als ich endlich zum Ende komme, habe ich das Gefühl, dass mir ein großes Gewicht von den Schultern genommen wurde. Es fühlt sich großartig an.
"Weißt du, es gibt zu all den Dingen eine einfache Lösung: Mache Schluss mit Flash, gestehe dem anderen deine Liebe und rede mit deinem Vater über deine Ängste. Wieso müsst ihr Starks immer alles so unendlich kompliziert machen?!"
Erstaunt schaue ich sie an. Es ist, als ob Natasha mir gerade die Augen zum ersten Mal geöffnet hat. Mit offenem Mund nicke ich leicht.
"Weißt du, wir alle finden Peter definitiv besser als Flash", fügt sie zwinkernd hinzu.
Ist es wirklich so offensichtlich?
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Hallo meine Lieben :)
Lasst mich wissen, wie ihr dieses Kapitel fand und habt noch eine angenehme Zeit :3Bis dann
Eure Letara <3
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Founded Girl (Avengers FF)
FanfictionFortsetzung zu 'Lost Girl' Ein Mädchen. Gefunden in den Leuten um sich herum. Gefunden in ihren eigenen Träumen. Gefunden in den Vorstellungen ihres Vaters. Und gefunden in ihren Gedanken und Illusionen. Das ist Lea West. Einst ein ruhiger, unschein...