Magnus und eine schicksalshafte Begegnung

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Ein Projekt so zauberhaft wie die Weihnachtszeit. Wuselbaerchies haben Pakete verteilt. In jedem waren vier Wörter verpackt aus denen eine Geschichte entstehen sollte.

Nachtschwarz, Schnee, Spitze, stibitzen

Seht selbst ob ich es geschafft habe alle Wörter zu verschreiben. Und schaut bei den Wuselbaerchies vorbei. Dort gibt es jeden Tag ein neues Paket was sich öffnet.

Viel Spaß und eine schöne Vorweihnachtszeit.

☃️🎄🌟

Winterwunderland. Was für ein bescheuertes Thema. Schlimmer hätte es echt nicht kommen können. Da fotografiere ich doch lieber einen Apfel und dokumentiere die verschiedenen Phasen seines Verfalls. Aber mein Professor in Künstlerische Fotografie sieht das anders. Beim Vortragen des Themas erstrahlten seine dunkelbraunen Augen regelrecht und vertrieben die sonst so kühle Schwärze. In den schönsten Farben erzählte er von dem Wunder der Vorweihnachtszeit und dem Zauber des ersten Schneefall des Jahres. Eine heimelige Atmospäre erfüllte den Hörsaal und ich sah in den Gesichtern meiner Mitstudenten tiefe Zufriedenheit und Wärme. Ganz anders bei mir. Der Winter gehört nicht zu meiner liebsten Jahreszeit. Es ist zu dunkel und zu kalt. Der Schneematsch durchweicht Schuhe und sorgt für nasse Socken und kalte Füße. Auch die dickste mit wärmenden Daunen gefüllte Jacke verhindert nicht, dass mein Körper nach einem kalten Dezembertag auf den Straßen von New York und der Jagd nach dem perfekten Foto zittert wie Espenlaub, die Glieder steifgefroren und die Fingerkuppen von der eisigen Kälte schmerzend.

"Eigener Stil, eigene Handschrift, Wiedererkennungswert. Das sind die Geheimnisse eines jeden guten Fotografen. Ihre Aufgabe besteht darin, mir genau diese Elemente in einer Fotostrecke zu zeigen. Gehen Sie raus in die Welt, mit offenen Augen und Herzen. Zeigen Sie mir wer sie sind und wer sie sein möchten." Das waren die Abschlussworte meines Professors. Damit entließ er eine Horde Studenten in die kalten Dezembertage und mein Kopf fühlte sich an als würde er jeden Moment platzen. Es lag nicht nur am Thema welches mir Sorgen bereitete. Den ganzen Vormittag plagten mich bereits Kopfschmerzen und diese nahmen stetig zu. Auch die Einnahme einer sprudelnden nach Zitrone schmeckenden schmerzstillenden Substanz machte es nicht besser. Der beißend eisige Wind, der durch die Straßen von New York wehte, fühlte sich wie tausend winzige Nadelstiche auf meiner Haut an. Ich hasse den Winter und die Kälte. Aber die NewYork School of Photography war die einzige mit einem Stipendiat für einen mittelmäßig begabten indonesischen Jungen. Jedes Jahr haben Menschen verschiedenster Herkunft und Alters mit einer Liebe zur Vielfalt für tausende Blickwinkel, der Schönheit unvergleichlicher Erinnerungen und einem Auge für das Ungewöhnliche die Möglichkeit, einen der begehrten geförderten Plätze an einer der besten Fotografiecolleges des Landes zu bekommen.

Warum auch immer ihre Wahl auf mich fiel, kann ich mir bis heute nicht erklären. Aber meine Eltern weinten vor Glück und Freude, platzten fast vor Stolz und weinten noch mehr dicke Tränen am Tag unseres Abschieds. Zwei Jahre ist es her, dass ich meine warme sonnendurchflutete Heimat verließ. Ich vermisse das Land meiner Vorfahren und natürlich meine Eltern. Alles Geld was ich mir neben meinem Studium als Pizzabote verdiene landet auf einem Konto und wechselt regelmäßig seinen Besitzer. Meinen Eltern ist es unangenehm, aber ich bestehe darauf sie finanziell zu unterstützen. Sie haben mir immer wieder gesagt, dass man seine Träume leben sollte anstatt nur davon zu reden.

Und nun stehe ich hier im New York Central Park, der grünen Lunge einer stetig pulsierenden lauten Stadt. Nur ist die grüne Lunge um diese Jahreszeit weiß. Dicke weiße sternenförmige Flocken fallen aus den Wolken und verwandeln den Boden unter meinen Füßen zu einem einzigartigen schimmernden Teppich. Trotz der damit verbundenen Kälte und nassen Füße ist der Anblick der tanzenden Flocken ein kleines Wunder. Meinen ersten Schnee sah ich vor zwei Jahren. Eine einzelne Flocke landete auf meiner Nasenspitze und ich spürte eine prickelnde Kälte. Meine Augen versuchten den kleinen Wolkenstern zu erfassen, aber er war bereits geschmolzen. Auch wenn ich den Winter und die Kälte nicht mag, erinnere ich mich noch genau an diesen Moment. Es hatte etwas friedliches und reines. Ich blickte in den wolkenverhangenen New Yorker Himmel und sah weiße Sterne vor meinen Augen tanzen. Doch heute suchen meine Augen etwas anderes. Jemand anderen. Einen jungen Mann mit nachtschwarzen Haaren und einem wunderschönen Lächeln.

WinterWonderLand - A landscape of love ☃️🎄🌟Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt