Die Tage zogen sich wie Kaugummi, umso länger die Woche ging, umso weniger ging die Zeit vorbei. Mirella hatte erst für Donnerstag einen Termin bekommen, was mir Zeit zum Nachdenken gab. Wobei ich selbst dafür nicht wirklich Zeit hatte. Auch wenn die Tage so langsam wie noch nie vergangen sind, hatte ich kaum eine Minute zum Nachdenken. Ständig wollte jemand etwas von mir. Deswegen freute ich mich erst recht auf mein langes Wochenende, was nun begann.
Da der Schlaf etwas zu kurz kam, schlief ich Donnerstag so richtig aus. Sodass ich sogar das Mittagessen verpasste. Es kam mir gerade recht, da ich einfach einen Tag für mich haben wollte. Zu viele Baustellen herrschten in meinem Leben, die ich erst Mal sortieren musste. Bei jeder Baustelle, die ich schliesse, gehen gefühlt zehn neue auf. Kaum hatten Lando und ich uns zusammen gerauft, musste Mirella mit ihrer Schwangerschaft kommen. Wieso konnte ich nicht einmal ein langweiliges Leben ohne Probleme haben? Ich will doch nur ein Leben mit Lando führen ohne dieses ständige Drama in meinem Leben. Denn diese Dramen zerrten ganz schön an meiner Energie und Nerven.
Um Energie zu sammeln, nahm ich mein Handy und Zimmerkarte, um hinaus ins Freie zu gehen. In Joggingkleidung rannte ich mit Kopfhörer einfach mal los, in der Hoffnung aus der Stadt oder wenigstens zu einem Park zu kommen. Dass ich schon lange selbst Sport gemacht hatte, dauerte es keine zwei Minuten bis ich ausser Atem war. Aufhören wollte ich noch nicht, weil ich das Brennen in meiner Lunge brauchte. Es liess mich lebendig fühlen und wenigstens für wenige Minuten mich den Rest vergessen lassen.
Vollkommen ausser Atem und komplett am Ende liess ich mich auf den Boden fallen und starrte in den Himmel mit Wolken. Mein Atem ging ganz schnell, noch schneller aber rannen meinen Gedanken in meinem Kopf umher. So schnell, dass ich nicht wirklich über etwas nachdenken konnte. Da ich mich so allein fühlte, fing ich einfach nur an zu schreien. Weit und breit waren keine Häuser mehr und ich lag an einem kleinen Bach allein in der Wiese. Niemand würde sich wohl an diesen Schreien stören oder gar sorgen machen.
Seit ich entschieden hatte auf eigenen Beinen zu stehen, versank mein Leben in Chaos. Am liebsten würde ich mich zurück in die schützenden Armen meiner Eltern ziehen, doch es gab kein zurück. Mit 20 sollte ich es auch schaffen, ohne direkten Einfluss meiner Eltern zu stehen. Doch im Moment merkte ich zum ersten Mal, was sie all die Jahre für mich getan hatten. So viele Dinge hatten sie immer von mir ferngehalten, die ich erst jetzt bemerkte. Erwachsen sein, war definitiv nicht so einfach, wie man es sich immer dachte.
Nachdem meine Stimme verstummt war, fühlte ich mich einfach nur noch müde. Es war keine körperliche Müdigkeit, sondern eine Geistige. Ich war es satt, mir ständig darüber nachzudenken, wie es mit Lando und mir weitergehen sollte. Eigentlich sollte und wollte ich mir keine Gedanken machen, da der Weg klar war. Doch mein Studium machte selbst das Einfachste auf der Welt so kompliziert.
Ich war es satt die Gerüchte über meine Familie zu hören und nachzudenken, was dran war an denen. Ich war es satt mir Gedanken über die Zukunft von meiner besten Freundin zu machen oder die von Williams. Überhaupt war ich es satt mir Gedanken über etwas zu machen, ich wollte einfach nur Leben und nicht in meinen Gedanken alles erst durchgehen zu müssen.
So in meinen Gedanken vertieft hätte ich fast nicht mein Handy klingeln wahrgenommen: "Ich bin Schwanger." Meine Augen schlossen sich für einen Moment, damit war der letzte Funke Hoffnung in mir erloschen.
"Was hast du jetzt vor?", wollte ich vorsichtig wissen. Mein Auge hielt ich geschlossen, da gerade ein Lichtstrahl mich ins Gesicht traf. Es fühlte sich an als würde er mich nicht nur äusserlich wärmen, sondern auch von innen und mir kraft gegeben für dieses Gespräch.
Lange blieb es auf der anderen Seite still: "Laura ich kann das nicht, ich kann und wollte nie Mutter sein." Ich blieb stumm. Mirella wollte schon immer keine Kinder, dies wusste ich natürlich zu gut. Als Kinder, wenn wir mit den Puppen gespielt haben, hatte sie nie Mutter sein wollen, nein sie war immer nur die coole Tante oder gar Patentante. Dass sie aber Abtreiben würde, damit hatte ich irgendwie nicht gerechnet. Sie wusste doch, dass auch ich ein ungewolltes Kind war. Ich konnte das Kind in ihr sein, wenn man es mal im übertragenen Sinne sah. So sehr es mich schmerzte, so würde ich ihren Entscheid hinnehmen und meine Hand ihr hinhalten.
"Egal für was du dich entscheidest, ich bin da. Ich will nur nicht, dass du es irgendeinmal bereust. Du sollst es nicht irgendwann bereuen abgetrieben zu haben, aber du solltest es auch nicht bereuen, wenn du es behältst. Diese Entscheidung kann ich dir nicht abnehmen, die musst du allein fällen, denn ich kann nicht in deinen Kopf sehen. Aber ich bin da, egal wofür du dich entscheidest. Ob Adoption, behalten oder abtreiben, ich bin da", versuchte ich ihr klar zu machen.
Da die Strahlen hinter Wolken wieder verschwunden waren, konnte ich die Augen wieder aufmachen: "Ich hab nächste Woche ein Termin zur Beratung bei einer Klinik." Allein ihrer Stimme ankonnte ich hören, wie sehr sie mich dabei haben wollte. Dies liess mein Herz noch schwer werden, denn ich konnte nicht einfach so weg. Aber als beste Freundin wollte ich sie auch nicht allein lassen. Innerlich zerriss es mich in dem Moment, da ich am liebsten mich in zwei geteilt hätte und an beiden Orten gewesen wäre, möglich war dies aber nicht. Zumindest nicht so, dass ich physisch an beiden Orten gleichzeitig sein konnte.
"Sag mir wann und ich werde über FaceTime dabei sein, wenn du es willst. Gerne würde ich zu dir kommen, doch das Geht wirklich nicht", dafür hatte Mirella Verständnis. Es war mehr ich selbst, der mich für diese Zwickmühle hasste. In Zukunft würde es wohl noch schlimmer werden, denn egal wo ich sein würde, jemand würde immer zu kurz kommen. Sei dies Lando, Mirella oder das Williams Team, geschweige den von meinen Eltern und Brüder.
Nachdem Mirella mir versprochen hatte, sie würde mir gleich noch den Terminzeitpunkt schicken, legte sie auf. Ich blieb einfach in der Wiese am Bach mit den Kopfhörern im Ohr liegen. Nun konnte ich zwar nicht mehr meine beste Freundin hören, dafür Ed Sheeran mit Perfect. Automatisch musste ich an die vielen Autofahrten mit Lando denken, in denen wir gemeinsam oder auch nur ich dieses Lied gesungen hatten. Mir war bewusst, dass kein Mensch perfekt war, doch der Brite war es für mich. Selbst seine manchmal kindliche Art liebte ich über alles oder auch sein Perfektionismus bei allem was er machte.
Als ich wieder zu mir kam war es schon am Dunkeln, ich war doch tatsächlich auf der Wiese eingeschlafen. Weswegen ich erst verwirrt war. Vorsichtig setzte ich mich auf und wartete erst eine Minute bis ich richtig wieder bei mir war. Immer noch leicht verschlafen sah ich auf mein Handy und stellte erschrocken fest, dass es schon nach fünf Uhr war und ich unzählige Nachrichten und Anrufe hatte. Lando hatte mich wohl versucht zu erreichen und ich war nicht ran gegangen, weswegen er George wohl angerufen hatte. Dieser hatte wohl so wie einige andere auch nach mir gesucht und mich einige Male angerufen.
Stöhnend liess ich mich wieder in die Wiese fallen, da ich nicht Lust hatte, mich erklären zu müssen, wo ich war. So blieb ich gleich noch etwas liegen, da es sowieso keinen Unterschied mehr machte, wollte ich noch einen Augenblick der Ruhe geniessen.
Auf dem Rückweg wählte ich die Nummer meines Freundes, vergass dabei, dass es bei ihm schon gegen Mitternacht war. Dies schien Lando aber nicht daran zu hindern, sofort den Anruf anzunehmen, als hätte er nur auf diesen Anruf gewartet. Wahrscheinlich hatte er dies wirklich, was mir leidtat, doch mein Körper hatte dies wohl dringend gebraucht.
"Wo bist du, geht es dir gut? Was ist passiert?", so schnell wie Lando in den Hörer sprach, konnte ich ihm gar nicht folgen. Die Schuldgefühle ihm gegenüber wurden stärker, da er sich wohl grosse Sorgen gemacht hatten.
Als meinem Freund die Fragen ausgegangen waren, war es endlich still auf der anderen Seite geworden: "Mir geht es gut, ich war Joggen und bin dann auf einer Wiese eingeschlafen. Ich brauchte einfach mal Zeit für mich. Es ist aber alles bestens." Dies schien aber mein Freund nicht ganz so zu sehen, denn ich konnte schon hören wie er nach Luft holte, um wieder für eine Predigt anzusetzen.
"Nichts ist bestens, weisst du welche Sorgen ich mir gemacht habe. Ich hatte schon gedacht, dass bald eine Lösegeldforderung kommt. Du hättest verletzt irgendwo liegen können und verbluten, niemand hätte gewusst, wo du bist. Jemand hätte dich auch erschiessen können, dir hätte so vieles passiert sein können", da hatte wohl jemand zu viele Krimis gesehen. Natürlich hatte er auch in gewisser Weise recht. Ich hätte verletzt sein können, doch ich war es nicht und ich war nun mal alt genug, um auch mal allein wegzugehen.
Immer noch laberte mich mein Freund mit möglichen Szenarien voll: "Komm mal runter, mir geht es gut Lando. Nur weil ich mich mal für zwei Stunden nicht melde, musst du nicht gleich die Polizei rufen. Manchmal braucht man einfach mal Zeit für sich und ruhe. Ständig sind so viele Menschen um mich, dass ich nicht einmal mehr weis, wann ich das letzte Mal wirklich allein war. Entweder warst du immer da oder das Team, aber ich will auch mal allein sein. Damit ich mich sortieren kann und wieder den Weg unter den ganzen Blättern sehe!" Ich war leicht genervt von meinem Freund, da er wohl mich nicht ganz verstehen konnte. Klar liebte ich ihn und hatte ihn gerne an meiner Seite, wenn er aber neben mir war, konnte ich nicht in Ruhe mein Leben wieder in den Griff bekommen und im Moment entglitt mir mein Leben immer mehr. In diesem Moment gab er mir wieder dieses enge Gefühl, welches ich über alles hasst und mir den Wunsch zu fliehen gab.
"Du hättest schreiben können, dass du gerade etwas Zeit für dich brauchst. Nicht nur ich habe mir Sorgen gemacht", wies mich Lando zurecht. Dies liess mich in den Schutzmodus gehen, denn ich fühlte mich in meiner Freiheit angegriffen.
So war ich stehen geblieben: "Soll ich dir jetzt immer eine Nachricht schicken, wenn ich mal für eine Minute nicht erreichbar bin? Dann kannst du mir gleich einen Peilesender in den Nacken pflanzen lassen!" Ich war stehen geblieben, da ich mich so in Rage geredet hatte. Während Lando voller Sorge gewesen war, fühlte ich mich nun bevormundet und als würde er mich ein Sperren wollen.
"Übertreib nicht Laura, ich hab mir halt Sorgen gemacht, wenn du drei Stunden dich nicht meldest bei keinem. Ich will dich nicht kontrollieren, doch ich hatte Angst. Wenn etwas dir passiert wäre, wäre ich über 13 Stunden Flugzeit von dir entfernt", versuchte er die Pompe zu entschärfen. Meine italienischen und spanischen Wurzeln liess mich meistens überreagieren und alles dramatisieren, was ich auch jetzt wohl gemacht hatte. Lando war zum Glück weniger Impulsiv und war derjenige von uns, der die Stimmung immer beruhigte. Natürlich würde er nicht einfach immer nachgeben, doch er hielt mir immer seine Hand hin, die ich auch jetzt ergriff.
"Tut mir leid, ich war wieder im Fluchtmodus", Lando verstand sofort was ich damit meinte. Wir beide nannten dies nun Fluchtmodus, wenn mich das Gefühl zu fliehen überkam, weil ich mich Psychisch eingeengt fühlte. Dann wusste mein Freund, dass er nun etwas vorsichtiger sein musste, wie er etwas sagte. Gemeinsam versuchten wir an diesem Problem zu arbeiten, was wohl aber eine ewige Baustelle sein würde.
Bis ich am Hotel angekommen war, wollte der Brite nicht auflegen. Doch sogleich ich durch die Tür getreten war, war ich schon in die Arme von Claire und danach von George gezogen worden. Die Fahrer und Teamchefs sowie einige Mechaniker standen vor mir und sahen mich besorgt an. Ohne mich richtig zu verabschieden hatte ich einfach aufgelegt, da ich mich wohl um die Gruppe vor mir kümmern musste.
Claire sah gestresst aus, als sie mich musterte: "Bist du verletzt? Wo warst du eigentlich?" Egal wen ich ansah, man konnte sehen, dass sie sich wirklich Sorgen gemacht hatten. Selbst bei Kimi konnte man erkennen, dass es ihn nicht kaltgelassen hatte. Was mich überraschte, da er, sein Teamkollege und die Haasfahrer mich kaum kannten. Klar man hatte sich in den letzten Tagen beim Abendessen unterhalten, doch mehr Kontakt hatte ich mit ihnen nicht gehabt.
"Alles Gut, ich war nur Joggen und war dann auf einer Wiese eingeschlafen", versuchte ich sie zu beruhigen. Claire war eigentlich meine Chefin, doch manchmal war sie fast schon wie eine Mutter, eine Helikoptermutter würden wohl viele sagen. Womit sie wohl bestimmt auch etwas recht hatten, aber ich sah es nicht als etwas Schlechtes. Sie kümmerte sich zwar manchmal etwas zu stark um meine Probleme, aber sie forderte von mir bei der Arbeit auch immer viel.
Nachdem ich mich Entschuldigt hatte, war ich in meinem Zimmer verschwunden, um mich fürs Essen fertig zu machen. Frisch geduscht und umgezogen sass ich zwischen meinem besten Freund und Kimi. Da wir alle genügend Drama hatten und mir nichts passiert war, liessen wir dies einfach sein und unterhielten uns lieber über schöne Sachen.
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Wo das Leben uns hinführt (Lando Norris FF)
FanfictionLaura Russo Lopez hatte es noch nie einfach in ihrem Leben. Zwischen drei Welten wurde sie gross und hatte dabei nie ein richtiges Zuhause. Ihr Zukunft war immer klar vorgegeben worden von ihren Eltern. Um diese Stolz zu machen, tat Laura alles. Bis...