#7 - Sie sieht aus wie du

1.8K 63 5
                                    

Kapitel 7
Sie sieht aus wie du

Doktor Smith hatte echt Recht. Es war gut gewesen, sich frühzeitig einweisen zu lassen. Denn als ich am nächsten Morgen nach der Einweisung im Krankenhaus aufgewacht war, sorgte meine Tochter für einige Aufregung. Anscheinend hatte sie wirklich heute ihren großen Tag.

Deshalb lag ich jetzt schon seit (gefühlten) Stunden in Kreissaal und zerdrückte bei jeder neuen Wehe die Hand meiner Mutter.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit wirklich vergangen war.

Alles, was ich wusste war, dass ich hier lag und vom Willen her bereit war, meine Tochter auf die Welt zu bringen, diese jedoch allem Anschein nach noch nicht so richtig wollte. Oder zumindest nicht schnell genug wollte.

Babys sollte einer verstehen. Erst sorgen dermaßen für Aufregung, dass alle um einen herum panisch wurden und dann dauerte es ewig, bis wirklich etwas passierte - oder besser passieren konnte.

„Mom, ich kann nicht mehr. Ich will sie jetzt im Arm halten!"

Meine Mutter küsste mich sanft auf die Stirn und drückte meine Hand. „Du schaffst das, ich glaub an dich.", sagte sie beruhigend. Als erneut eine Wehe kam, ließ sie sich die Hand zerdrücken und strich mir einige verschwitzte Haarsträhnen aus der Stirn.

Was eigentlich Aufgabe des Vaters gewesen wäre, musste meine Mom nun übernehmen. Wie gerne ich Harry jetzt bei mir hätte. Aber anscheinend konnte man (vor allem ich in diesem Fall) malwieder nicht alles haben.

Aber war das denn echt zu viel verlangt? Ich wollte nur den werdenden Vater meiner Tochter genau da stehen haben, wo im Moment meine Mutter stand.

Ach, Harry.

Mit leuchtenden Augen hatten wir im Sommer auf einer Wiese gelegen und die Wolken beim vorüberziehen beobachtet. Harrys Arm hatte unter meinem Kopf gelegen und er hatte mir mit seiner tiefen ruhigen Stimme seine Träume erzählt. Einer davon war auch gewesen, seiner Frau beizustehen, wie sie sein erstes Kind austrug.

Nun war ich weder seine Frau, noch war er hier.

Eine Träne kullerte mir über das verschwitze Gesicht. Meine Mutter wischte sie weg und strich über meinen Handrücken. Ich lächelte sie dankbar an. Sie lächelt ebenso zurück.
Als die Tür aufging schreckte ich hoch und bäumte mich wegen einer weiteren Wehe auf.
Eine Hebamme und mein Arzt kamen auf mich zu.

„Sind Sie bereit, Miss Johnson?", fragte die Hebamme mich.

Wieder eine Wehe. „Bleibt mir etwas anderes übrig?", schrie ich auf.

Was danach passierte, wusste ich nicht mehr genau. Alles was ich wusste war, dass ich Babygeschrei hörte.

Das Babygeschrei.

Das Babygeschrei meiner kleinen Tochter, die mir nun in Form von einem kleinen quäkenden Etwas auf meine Brust gelegt wurde.

Mit Tränen in den Augen sah ich auf meine Tochter hinunter und streichelte ihr über die zarte Wange.

Langsam beruhigte sie dich und rollte sich leicht zusammen. Ihre Hände waren zu kleinen Fäustchen geformt und die Augen fest zugekniffen.

Ich hoffte, sie hatte seine leuchtend grünen Augen, die langsam aber immer sicherer aus meiner Erinnerung verschwanden. Am Anfang hatte ich sie so lebendig im Traum vor mir gesehen, dass ich enttäuscht war, wenn Harry am nächsten Morgen dann nicht neben mir gelegen hatte. Doch nun verblasste das Bild von Harry an meiner Seite langsam. Und trotzdem wollte ich nichts mehr, als ihn an meiner Seite zu haben.

Als eine Krankenschwester mir meine Tochter wegnahm, wollte ich protestieren, doch sie erklärte mir gleich darauf: „Wir müssen sie nur kurz baden und wiegen, dann haben Sie Ihre Tochter wieder."

Ich nickte lächelnd und schloss erneut die Augen.

Meine Mom wischte mir mit einem Waschlappen den Schweiß von der Stirn und ich sah erschöpft zu ihr hoch.

„Danke, dass du da bist, Mom.", nuschelte ich.

Ich hörte sie lächeln. „Ich bin so stolz auf dich, Minnie."

Kurz darauf kam dir Schwester wieder.

„Herzlichen Glückwunsch, Miss Johnson. Ihre Kleine ist kerngesund."

Damit legte sie mir zum ersten Mal meine Tochter in die Arme.

Auf dem Kopf meiner Kleinen sah man schon leichte Flusen von Haaren, aber ihre Augen hatte sie bis jetzt noch nicht geöffnet.

„Hallo, Maus.", sagte ich leise und drückte sie ganz vorsichtig an mich. Sie regte sich leicht und reckte die Fäuste leicht in die Luft.

Dann öffnete sie die Augen.

Sie waren blau, so ozeanblau wie meine. Ich gab ihr einen Kuss auf den Kopf und sah ihr lächelnd dabei zu, wie sie die Äuglein wieder schloss und sich in meine Arme kuschelte.

Meine Mom sah zu uns runter. „Hast du einen Namen?", fragte sie.

Ich sah auf meine Maus hinunter und spielte vorsichtig mit ihrer Hand. Sofort schnappte sie nach meinem Daumen und hielt ihn fest.

„Amy.", sagte ich leise. „Amy Hope."

Meine Mom leitete den Namen an die Hebamme weiter, die ihn dann notierte und zu uns zurück kam.

All das bekam ich nur am Rande mit, da ich völlig darin versunken war, meine Tochter zu beobachten.

Sie hatte eindeutig Harrys Nase.

„Sie sieht aus wie du.", meinte meine Mutter.

Ich lächelte.

„Sie hat Harrys Nase.", sagte ich.

„Aber deine Augen und deine Lippen."

Won't Give Up On Us [Harry Styles]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt