34. Alles findet sein Ende

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„Hallo Darling", nahm Lukes Mum mich in den Arm, als wir durch die Eingangstür ins Haus traten, „schön, dass du uns mal wieder besuchen kommst."
„Ich freu mich auch, dich zu sehen, Mum", lachte Luke hinter mir sarkastisch.
„Ach, komm her", zog sie ihn in eine feste Umarmung, die er voller Liebe erwiderte.
„Ich hab schon das Bier für dich kalt gestellt", kam sein Dad grinsend auf mich zu.
„Später vielleicht", grinste ich zurück, „mir ist noch ein wenig schlecht vom Flug."
„Oh, hattet ihr Turbulenzen?", fragte Lukes Mum.
„Ähm ja. Ein wenig. Bei der Landung", sprang Luke mir zu meiner Rettung bei.

„Wir haben euch was aus LA mitgebracht", suchte Luke einige Zeit später bei Kaffee und Kuchen in seiner Tasche nach etwas. Auch für Lukes Eltern hatten wir einen Strampler bedrucken lassen, auf dem I love my Grandpa beziehungsweise Grandma stand.
„Ihr müsst es gleichzeitig aufmachen", wies ich die beiden an, damit der Überraschungsfaktor nicht verloren ging. Kaum hatte seine Mum die Worte gelesen, fiel sie ihrem Sohn mit Tränen in den Augen um den Hals, Lukes Dad nahm mich in den Arm und wollte mich am liebsten kaum mehr loslassen. Allerdings wollte natürlich auch seine Mum gratulieren und mich in den Arm nehmen, sodass wir einmal tauschten.
Das gleiche Spielchen hatten wir dann wenig später auch noch bei seinen Brüdern, die fürs Abendessen vorbeikamen.
Abends saßen wir gemeinsam mit Lukes Eltern auf dem Sofa, als ich ein Gespräch zwischen ihm und seiner Mum hörte, als ich gerade von der Toilette zurückkehrte.
„...damals auf diesem Festival angerufen hast und ich euch beiden gesehen habe, wusste ich es", hörte ich die Stimme seiner Mutter.
„Ich auch. Ich wünschte nur, ich hätte mir das früher eingestanden und ihr keinen Schmerz bereitet."
„Schatz, die Vergangenheit kannst du nicht mehr ändern."
„Ich weiß, trotzdem macht es mich manchmal fertig."
„Ich bin mir sicher, dass Dee weiß, wie sehr du sie liebst. Und du wirst ein wundervoller Papa."
Ich machte die Tür des Badezimmers noch einmal extra etwas lauter zu und ging dann zurück, damit Luke das Gesprächsthema noch rechtzeitig wechseln konnte.
„Na, wollen wir uns langsam auf den Weg ins Hotel machen?", blickte er mich mit seinen wunderschönen großen, blauen Augen an.
Ich nickte lächelnd.
„Aber morgen früh kommt ihr zum Frühstück, ja?", wollte seine Mum direkt wissen, was wir ihr gerne versprachen.

Die Tagen flogen nur so und eine Woche später waren wir wieder in den USA. Der Plan war, der Presse so lange wie möglich nicht zu sagen, dass ich schwanger war und es weitestgehend zu verstecken, weshalb ich mit der Zeit anfing, immer weitere Pullis zu tragen und zum Schluss kaum mehr vor die Tür zu gehen.
Mary brachte ihre Tochter Julie zwei Tage nach unserem Sohn zur Welt, beide waren wohlauf. Robert Andrew Hemmings, nach Luke und seinem Vater. Unsere Welt, unsere kleine Familie, war perfekt.

Wir haben eine Überraschung für euch. Morgen 13 Uhr bei folgender Adresse.
Schrieben wir unseren Freunden eines Abends. Natürlich fragten alle sofort worum es ginge, wir verrieten jedoch nicht mehr, sonst wäre es keine Überraschung mehr.
Die angegebene Adresse war eine wunderschöne Villa direkt an der Felsenküste mit einem riesigen Garten, von welchem man auf den Ozean blicken konnte.
Sobald unsere Freunde ankamen, nahmen wir sie zur Begrüßung in den Arm.
„Und, verratet ihr uns jetzt, was das hier soll?", wollte Ash neugierig wissen.
„Gleich", lächelten Luke und ich und nahmen sie mit rein ins Haus. Mary und Crystal folgten mir in das große Schlafzimmer des Hauses, wo bereits ein Team aus Stylisten auf uns wartete.
„Ich dachte, wir machen uns heute mal ein bisschen schick. Da drüben hängen Kleider für euch", zeigte ich auf zwei wunderschöne hellblaue bodenlange Kleider.
„Und du?", fragte Crystal ahnungslos.
„Ich werde das hier tragen", holte ich ein weißes Kleid aus dem Schrank.
„Oh. Mein. Gott.", fiel jetzt endlich der Groschen, „ist das ein Brautkleid?"
„Mein Brautkleid, ja."
„Ihr heiratet heute?"
Wieder bejahte ich, woraufhin wir alle in Kreischen und Quietschen ausbrachen.
„Wie konntest du uns das nicht sagen?"
„Es war irgendwie alles ziemlich spontan", erklärte ich, „Luke hat mit Rob gespielt und irgendwie hab ich die beiden so angeguckt und mein Herz ist fast zersprungen vor Liebe. Und dann meinte ich einfach sowas wie ‚Hey Babe, ich will nicht mehr länger warten und endlich deinen Nachnamen tragen, lass uns heiraten.'"
„Und dann hat er ja gesagt und ihr habt euch das hier überlegt", wollte Crystal grinsend die Geschichte zu Ende erzählen, ich schüttelte jedoch den Kopf.
„Nicht ganz. Er hat Nein gesagt, Rob ins Bettchen gelegt und ist einfach an mir vorbei aus dem Zimmer gegangen."
Mit offenem Mund starrten mich alle an, denn auch die Stylistinnen hörten bei der Geschichte zu.
„So ungefähr stand ich auch da", lachte ich, „naja, und dann kam er zurück, ging vor mir auf die Knie und meinte, dass er derjenige sein wollte mit dem Antrag und hat mir den Ring angesteckt."
Ich streckte meine Hand dabei nach vorne, sodass alle den wunderschönen Ring sehen konnten, der dort an meinem Finger steckte.
„Der Ring gehörte damals schon seiner Mum", erklärte ich weiter mit Tränen in den Augen.
„Oh, er ist wunderschön, Dee", nahm Mary mich in den Arm.
„Okay, und wann war das jetzt?", fragte Crystal mich neugierig.
„Letzte Woche. Wir wollen einfach nicht länger warten."
„Na dann mal los", klatschte Mary in die Hände und gab mir einen Klaps auf den Hintern, „alle in ihre Kleider."
Die Stunden, die wir mit unseren Haaren und unserem Make-Up beschäftigt waren, waren wundervoll.
„Hey Mary, kannst du mal kurz rauskommen?", hörten wir Lukes Stimme durch die Tür rufen.
Mary stand auf und verschwand für einige Minuten aus dem Zimmer, bevor sie wieder zu uns kam.
„Ich soll dir ein kleines Geschenk von Luke geben, Sweety", sagte sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Neugierig drehte ich mich in meinem Stuhl zu ihr um, um zu sehen, was Luke sich überlegt hatte. Dass meine kleine Schwester hinter Marys Rücken zu uns in den Raum trat, traf mich völlig unvorbereitet.
„Nika", fiel ich ihr in die Arme, „was machst du denn hier?"
„Luke hat mich letzte Woche angerufen und mich eingeladen."
„Oh mein Gott, wie schön, dass du da bist!"
Überwältigt fächelte ich mir Luft zu, damit ich nicht weinen und damit mein Make-Up gefährden würde.
„Aber", stellte ich entsetzt vor, „du hast gar kein Brautjungfernkleid!"
„Keine Sorge", beruhigte Nika mich, Luke hat mir vorsorglich eins gekauft."
Genau in diesem Moment war der Punkt, wo es nichts mehr brachte, mir Luft zuzufächeln, weil mir die Tränen über die Wangen rollten.
Dass Luke nicht nur meine Schwester für mich durch die halbe Welt eingeflogen hatte, sondern auch ein passendes Kleid für sie heimlich gekauft hatte, berührte mich. Es brauchte einige Minuten, bis ich mich völlig beruhigt hatte, sodass die Stylistinnen mein Make-Up ausbessern bzw. zu Ende bringen konnten.
Die Zeit, die wir gemeinsam in diesem Zimmer in der Vorbereitung verbrachten, war gefüllt von Lachen, Singen, Tanzen und ausgelassener Stimmung. Ich konnte mir nicht vorstellen, besser in diesen besonderen Tag zu starten.

Als es dann jedoch so weit war und ich alleine im Haus stand, überkam mich überraschenderweise eine tiefe Trauer. In diesem Moment hätte ich gerne meinen Dad an meiner Seite gehabt, der mich vor den Altar führen würde, statt alleine dort hin zu laufen.
Es klopfte an der Tür.
„Herein", rief ich und atmete noch einmal tief durch.
„Andrew?", sah ich Lukes Vater völlig überrascht an.
„Ich weiß, dass ich nicht dein Vater bin, Dee. Aber ich habe dich als Kind schon geliebt wie eine eigene Tochter und habe gedacht, du möchtest vielleicht Begleitung auf dem Weg zum Altar haben?"
Ein zweites Mal an diesem Tag liefen mir die Tränen über die Wangen, sodass ich mehr blind auf Lukes Vater zustolperte und mich in seine Arme warf.
„Hey, alles gut. Ich bin ja hier", streichelte er mir über den Rücken.
„Danke", flüsterte ich leise.
Nachdem ich anschließend meine Tränen abgetupft hatte, hakte ich mich bei Andrew unter und wir verließen gemeinsam das Haus in den Garten.

Wie immer sah er perfekt aus in seinem dunklen Anzug mit dem wuscheligen Locken und diesen unfassbar blauen Augen, die mich schon als kleines Mädchen fasziniert hatten. Um mich herum verschwamm alles, ich sah nur noch ihn, seine Reaktion, als er mich das erste Mal in meinem Kleid sah und danach ein I love you mit den Lippen formte.
Und dann sagten wir Ja. Ja zu einem gemeinsamen Leben, in dem wir durch Höhen und Tiefen miteinander gehen würden. In dem wir gemeinsam unsere Kinder großziehen würden. In dem unsere Liebe von Tag zu Tag wachsen würde. In dem es kein Ich und Du gab, sondern nur ein Wir. All das versprachen wir uns an diesem Tag. Und all das hielten wir unser gesamtes Leben lang.

Alte Liebe rostet nicht | 5SOSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt